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Sektenblog: Beten heisst nicht, dass Gott tatsächlich existiert

Betender Otter: Glaubt er an Gott?
Betender Otter: Glaubt er an Gott?
Bild: Flickr/Tambako
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Beten heisst nicht, dass Gott tatsächlich existiert

03.02.2016, 16:4604.02.2016, 09:53
Hugo Stamm
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Schreckensmomente bringen uns rasch an den Rand der Verzweiflung. Wenn es ganz arg kommt, flehen die meisten Menschen reflexartig Gott an, er möge die Katastrophe abwenden oder das Unglück ungeschehen machen. Gott schiesst selbst Menschen in den Kopf, die eigentlich nicht an ihn glauben.

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Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei. Neu befasst er sich mit dem Thema wöchentlich auf watson.

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Für Fromme ist dieser Reflex ein Zeichen für die Existenz Gottes, der angeblich unser Bewusstsein prägt. Dies entspricht aber eher einem Wunschdenken. Der Rückgriff auf Gott ist ein Archetyp unserer christlich geprägten Mentalität. In Notsituationen hoffen wir auf ein Wunder. Da wir nicht mehr an Märchenfiguren mit dem Zauberstab glauben, kommt uns halt Gott in den Sinn.

Kann Gott im Gebet erfahren werden?

Fromme Christen – vornehmlich aus Freikirchen – sind hingegen überzeugt, im Gebet in einen realen Dialog mit Gott treten zu können. Dies nährt ihre Überzeugung, ihn authentisch zu erfahren. Ihre subjektive Erfahrung werten sie als unumstösslichen Gottesbeweis.

Die Erfahrungen zeigen auch, dass wir Menschen Meister der Selbsttäuschung sind. Wir finden, was wir suchen.

Doch dieses Phänomen hat viel mit Angst und Sehnsucht zu tun. Und mit Einbildungskraft. Das menschliche Hirn ist sehr flexibel. Es produziert Eindrücke, Bilder, Ideen und Gedanken, die wir herbeisehnen. Wir halten sie für echt und wahr und realisieren häufig nicht, dass es Täuschungen sind. 

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Es gibt keinen Gottesbeweis

Gläubige vergessen gern, dass es eine unverrückbare Erkenntnis gibt, die sich durch die ganze Geistesgeschichte der Menschheit zieht: Es gibt keinen Gottesbeweis. Glauben heisst denn auch: Für wahr halten. Die Gefahr der Selbsttäuschung ist schon im Begriff angelegt.

Tatsächlich sind Gotteserfahrungen lediglich subjektive Phänomene. Doch diese blenden wir gern aus. Vielmehr sind für uns persönliche Erfahrungen meist als relevanter als psychologische oder philosophische Erkenntnisse.

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Gott kann unser Gebet nicht erhören

Die Erfahrungen zeigen auch, dass wir Menschen Meister der Selbsttäuschung sind. Wir finden, was wir suchen. Und wir blenden aus, was uns missfällt. Ja, wir unterdrücken gern unangenehme Aspekte, die schmerzen oder unser Selbstwertgefühl untergraben.

Dazu gehört eben auch die Möglichkeit, dass Gott unser Gebet nicht erhört. Nicht erhören kann, weil es ihn nicht gibt.

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lutz Pfannenstiel
04.02.2016 10:33registriert Februar 2015
"Nicht erhören kann, weil es ihn nicht gibt." Mit dieser Aussage disqualifiziert sich Hugo Stamm selbst, oder - um es in seinen schönen Worten zu sagen - er schiesst sich selber in den Kopf. Denn die Nicht-Existenz eines - wie auch immer gearteten - Gottes ist ebenso wenig empirisch beweisbar wie dessen Existenz. Die apodiktische Behauptung, Gott existiere nicht, ist im Grunde fundamentalistisch und in diesem Sinne stellt sich Stamm auf die selbe Stufe wie jene, die er kritisiert.
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Yelina
03.02.2016 17:01registriert Juli 2014
Beten und Gottglaube können auch genau wie ein Placebo funktionieren und z.B. Schmerzen lindern. Persönlich glaube ich an keinen Gott oder Überwesen, aber mich stört es nicht, wenn andere glauben. Aber wer mir den Wachturm andrehen will, hört ein "ich bin Satanistin, nein danke" 😉
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Pointer
04.02.2016 19:47registriert August 2015
«Und mit Einbildungskraft. Das menschliche Hirn ist sehr flexibel.»: Manch einer bildet sich sogar ein, dass Gott nicht existieren würde.
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Fuck you, Finn!
Valentina ist verliebt. Nicht in mich. In Finn. Der Loser der Situation: ich.

Valentina war endlich wieder Single. Also, sie war immer Single, aber eine Weile gab's ja neben mir noch einen anderen Typen, Marcel. Dass es Marcel gab, fand ich nicht gut, aber ich durfte es natürlich nicht «nicht gut» finden, weil, Valentina und ich haben ja keine monogame Beziehung, wir haben gar keine Beziehung, was wir beide gut finden, aber wir haben auch nicht nichts, was auch gut ist, aber wenn dann da noch so ein Horst, respektive Marcel, ist, dann ist, was wir haben, natürlich bisschen weniger gut. Aus verschiedenen Gründen. Sie war öfter, wenn ich sie treffen wollte, «busy». Was sie machte, sagte sie nie, musste sie auch nicht, wusste ich eh: Marcel. Sie war auch eher mal «zu müde». Warum, war mir ebenfalls klar. Ich fand die Situation, je länger sie gedauert hat, nicht besser, aber ich habe mich damit abgefunden.

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