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Man stelle sich vor: Liechtenstein schafft es nicht nur sensationell an eine Fussball-WM, sondern kann dort Brasilien ernsthaft fordern. Das ist ein Szenario, das es so nie geben wird.
Im Rugby ist die Situation anders. Da spielen Zwergstaaten wie Fidschi, Tonga und Samoa am World Cup mit und zwar nicht bloss, um das Teilnehmerfeld aufzufüllen. Sie sind ernsthafte Anwärter aufs Weiterkommen in die K.o.-Phase.
In den World Cup 2015 ist das ozeanische Trio unterschiedlich gestartet. Fidschi forderte im Eröffnungsspiel Gastgeber England lange, verlor letztlich aber deutlich mit 11:35. Tonga unterlag dem etwa gleich stark eingeschätzten Georgien mit 10:17 und Samoa schlug die USA 25:16. Dabei können die Vereinigten Staaten ihre Spieler aus einer Bevölkerung rekrutieren, die 1700 Mal grösser ist als jene Samoas.
Was an Auswahl fehlt, machen die Insulaner mit viel Herzblut wett. «Es erinnert an die Geschichte von David gegen Goliath», sagt der Rugby-Journalist Chris Foy in der Dokumentation «Pacific Warriors», «bloss dass hier der David wie ein Goliath aussieht.» Die kräftig gebauten Spieler setzen gerne auf das Laufspiel. Furchtlos greifen sie an, im Wissen darum, dass ein hartes Tackling sie stoppen kann. Andere Nationen entscheiden sich stattdessen eher dafür, mit vielen Pässen in die Endzone zu kommen.
Nicht nur die offensive Ausrichtung und die Rolle als Publikumslieblinge erinnert an afrikanische Teams an Fussball-Weltmeisterschaften. Fidschi, Tonga und Samoa haben auch mit Geldmangel zu kämpfen. Selbst wenn bei Heimspielen das Stadion voll ist, bleibt nicht viel Geld in der Verbandskasse. «Die Einkommen auf Fidschi sind tief, wir können für ein Ticket nicht viel verlangen», sagte der Headcoach der Nationalmannschaft, der Neuseeländer John McKee, im Guardian.
Einnahmen aus TV-Rechten gäbe es überhaupt nicht und die Sponsoring-Einnahmen bezeichnet McKee vom globalen Standpunkt aus gesehen als überschaubar. Wenn England ein Heimspiel austrage, rechnet die Zeitung vor, verdiene der Verband mehr Geld mit dem Verkauf von Programmheften, als Fidschi mit dem ganzen Spiel einnehme.
Die drei Verbände haben zudem das gleiche Problem wie die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft. Die wirklich grossen Nationen – Neuseeland, Australien, Südafrika, England – bleiben für Testspiele zumeist unter sich. Und wenn sich die Aussenseiter aus dem Pazifik doch einmal mit ihnen messen können, dann fast immer auswärts, wo Ticketeinnahmen ausbleiben. Auf die weite Anreise auf eine kleine Insel verzichten die Grossen der Branche lieber.
Der Weltverband «World Rugby» hat das Problem erkannt und unterstützt Fidschi, Tonga und Samoa finanziell, damit sie eher zur absoluten Spitze vorstossen können. Auch der Weltverband sähe gerne noch mehr Konkurrenz an seinem alle vier Jahre ausgetragenen Turnier. Dennoch sei die Lücke auch 20 Jahre nach der Professionalisierung des Sportes noch so gross wie damals, monieren Fachleute.
An den Spielern liegt es nicht – im Gegenteil. Wie im Fussball Spieler mit Wurzeln im Balkan über ganz Europa verteilt sind und für ihre neue Heimat spielen, so sind talentierte Ozeanier in vielen anderen Nationalmannschaften zu finden. Neuseeland, Australien, Wales, Japan, Frankreich, Italien, die USA und Rumänien haben alle einen oder mehrere Spieler im Kader, der auf Tonga oder Fidschi geboren wurde. Die Regeln für einen Nationenwechsel sind weich: Wer seit drei Jahren in einem Land lebt, kann für dieses auflaufen.
Die schlechte wirtschaftliche Lage und das vorhandene sportliche Potenzial machen die drei Rugby-Underdogs zu beliebten Rekrutierungsländern für die grossen Ligen. Das stösst auf teils grosse Kritik. «Wir erlauben Haifischen, Kinder zu fressen», schimpfte Rob Nichol, der Geschäftsführer der internationalen Spielergewerkschaft im Daily Telegraph. Es brauche eine weltweite Verordnung für Spieleragenten.
Zudem haben die Klubs grossen Einfluss auf die Spieler, die bei ihnen unter Vertrag stehen. Oft wird die Freigabe für Länderspiele verweigert, weil die Verletzungsgefahr gross und die Reise strapaziös ist.
Aufgrund der Strukturen im Weltverband ist es für die Kleinen jedoch schwierig, die Probleme zu ihren Gunsten zu ändern. Während die acht grössten Nationen im «Parlament» jeweils zwei Vertreter haben, haben Fidschi, Tonga und Samoa gerade einmal eine einzige gemeinsame Stimme.
Der Rest der Rugby-Welt sollte indes gut daran tun, die Anliegen des Trios nicht zu ignorieren. Schliesslich sind Fidschi, Tonga und Samoa als Lieblinge der Fans das Salz in der Rugby-Suppe.