Diese Woche hat der Bundesrat die Maskenpflicht nochmals verschärft. Getragen werden müssen sie nun auch draussen – sofern ein Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann. Diese Neuerungen dürften auf wenig Gegenwehr stossen. Eine aktuelle Untersuchung der Forschungsstelle sotomo auf Auftrag der SRG zeigt: Bei der Bevölkerung stossen Masken auf eine immer breitere Akzeptanz. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse der Studie.
Nachdem die Skepsis gegen Hygienemasken in der Schweiz zunächst gross war, zeigt sich heute eine breite Zustimmung zu einer starken Ausweitung der Maskenpflicht. 64 Prozent sprechen sich eher oder klar für eine Tragpflicht im Büro beziehungsweise am Arbeitsplatz aus. Ebenfalls eine deutliche Mehrheit findet es richtig, dass die Maskenpflicht zumindest punktuell auch im Freien gilt.
59 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer wollen, dass überall dort, wo der Mindestabstand von 1,5 Metern im Aussenraum nicht eingehalten werden kann, eine Pflicht zum Tragen einer Hygienemaske gelten soll. Die vom Bundesrat beschlossene Ausweitung der Maskenpflicht wird von der Bevölkerung klar unterstützt.
Die vom Bundesrat am 28. Oktober beschlossenen Slow-Down-Massnahmenwerden von der Bevölkerung mitgetragen. Die Befragung fand im Vorfeld der entscheidenden Bundesratssitzung statt, was bedeutet, dass die Bevölkerung mit diesen Haltungen nicht einfach dem Bundesrat folgt, sondern sich bereits vor der Regierung dafür ausgesprochen hat.
Zwei Drittel der Befragten sprechen sich für die Sperrstunde von Gaststätten ab 23 Uhr aus. Eine zusätzliche abgefragte Variante mit Sperrstunde 22 Uhr findet dabei praktisch dieselbe Zustimmung. Ebenfalls bei 66 Prozent liegt die Zustimmung zur Beschränkung von privaten und öffentlichen Veranstaltungen auf maximal 10 Personen. Der Bundesrat hat diese Beschränkung schliesslich nur für private Veranstaltungen verhängt. Dies zeigt, dass die Bevölkerung hier tendenziell zu weitergehenden Massnahmen bereit ist.
Die Begrenzung der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Veranstaltungen wird von allen Altersgruppen mitgetragen. Am grössten ist die Skepsis bei den 25-bis 44-Jährigen. Auffällig ist, dass die ganz jungen Erwachsenen zwischen 15 und 24 Jahren sich weniger skeptisch zeigen. Dies gilt übrigens auch für die Sperrstunde um 23 Uhr.
In der öffentlichen Debatte sind die Meinungen über die Beschlüsse des Bundesrats vom 28. Oktober 2020 geteilt. Vielfach wird kritisiert, dass die getroffenen Massnahmen nicht nur spät, sondern auch zu wenig umfassend sind. Eine weitergehende Massnahme wäre ein Kurz-Lockdown, ähnlich wie er in Frankreich oder Deutschland beschlossen wurde. In der Schweizer Bevölkerung sind die Meinungen dazu geteilt.
49 Prozent sprechen sich dafür aus, 47 Prozent dagegen. Dies zeigt, dass nur wenig für eine Mehrheit fehlt. Fast die Hälfte der Bevölkerung spricht sich für eine temporäre Schliessung des öffentlichen, wirtschaftlichen Lebens aus, um die rasante Zunahme der Fallzahlen zu stoppen. Zugleich zeigt sich hier ein deutlicher Unterschied zu den Massnahmen, die vom Bundesrat dann tatsächlich beschlossen wurden. Während diese von einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden, teilt die Möglichkeit eines Kurz-Lockdowns die Bevölkerung in zwei fast gleich grosse Gruppen.
Die Haltung zum Kurz-Lockdown hängt relativ stark von der politischen Ausrichtung der Befragten ab. Es zeigt sich ein klarer Links-rechts-Gegensatz. Auffällig ist allerdings, dass die Zustimmung unter der Anhängerschaft der SP grösser ist, als bei der Basis der Grünen.
Bereits in früheren Studien wurde die Bevölkerung zu drei Themenbereichen befragt: Ob sie mit den aktuell gültigen Massnahmen einverstanden seien, ob sie weitergehende Massnahmen befürworten würden oder der Ansicht seien, die behördlichen Massnahmen gingen zu weit.
Nach der Entspannungsphase im Frühsommer nimmt der Druck auf die Behörden für strengere Massnahmen wieder zu. Auffällig ist allerdings, dass der Anteil, welcher der Ansicht ist, die Massnahmen gingen zu weit, nicht abgenommen hat. Im Gegenteil: Der Anteil der Skeptiker nimmt stetig zu. Dies hat zur Folge, dass statt rund 60 Prozent nur noch rund 30 Prozent hinter der offiziellen Politik der Behörden stehen.
Wie gezeigt, ist der Konsens im Umgang mit der Pandemie, der im Frühjahr noch bestanden hatte, weitgehend erodiert. Heute lassen sich in der Schweiz drei Lager unterscheiden. Knapp die Hälfte der Bevölkerung (48 Prozent) steht hinter einer Unterdrückungsstrategie, bei der das Verhindern jeglicher Ansteckungen das Ziel ist und alles zur Verhinderung von Ansteckungen unternommen werden soll. 30 Prozent stehen für eine Tolerierungsstrategie. Gemäss diesem Ansatz soll eine Verbreitung des Virus zugelassen werden, zumindest bis die Kapazitätsgrenzender Spitäler erreicht werden. Weitere 22 Prozent setzen auf eine Eindämmungsstrategie, bei der die Ausbreitung des Virus zwar gebremst werden soll, aber nicht um jeden Preis.
Die Unterdrückungsstrategie ist bei der Anhängerschaft der SP am grössten (63 Prozent). Die Tolerierungsstrategie dagegen bei der Basis der SVP (49 Prozent). Ansonsten hängt die Haltung zu den drei Strategien nur noch wenig von der politischen Orientierung ab.
Kurz nach Beginn der ausserordentlichen Lage – in der ersten Befragungswelle im März dieses Jahres – sprach die Schweizer Bevölkerung dem Bundesrat mehrheitlich ihr grosses bis sehr grosses Vertrauen aus. Trotz zunehmender kontroverser Debatten über die Politik und das Verhalten des Bundesrats blieb dieses bis über das Ende der ausserordentlichen Lage hinaus stabil.
In der aktuellen Befragung von Ende Oktober zeigt sich jedoch ein markanter Stimmungsumschwung. Nun halten sich skeptische und vertrauensvolle Stimmen beinahe die Waage, mit leichter Gunst zu ersteren. In den Tagen vor der schweizweiten Verschärfung der Massnahmen am 29. Oktober 2020 gaben nur noch 37 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer an, sie hätten grosses oder sehr grosses Vertrauen in den Bundesrat in Bezug auf die Bewältigung der Corona-Krise. Am tiefsten ist der Anteil der Vertrauensvollen in der italienischsprachigen Schweiz (30 Prozent), am grössten in der Romandie (42 Prozent), obwohl hier die Fallzahlen insgesamt am grössten sind.
(sar)
Wie genau kann man denn dem BR einen Strick daraus drehen?
Für mich völlig unverständlich und eine unverschämte Frechheit der meisten Kantonsregierungen.