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Art Basel: Kunst ist teuer – ausser sie ist von Frauen

Art Basel 2018

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Art Basel 2018
Installation der Schweizer Künstlerin Nastasia Meyrat.
quelle: epa/keystone / georgios kefalas
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Art Basel: Kunst ist teuer – ausser sie ist von Frauen

Die Geschäfte an der Art Basel sind in diesem Jahr gut angelaufen. Einige Millionenwerke waren schon weg, bevor unsere Autorin an der VIP-Preview zuschlagen konnte. Macht nichts, war eh meist überteuerte Männerkunst.
14.06.2018, 05:3114.06.2018, 08:36
Sabine Altorfer / bz Basel
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Vor der Messe checkt man noch schnell die Ratings. Welche Künstler sind hip, welche gelten als wichtig, und wo liegt aktuell ihr Preisranking. Dabei fällt auf: Am wichtigsten ist nicht gleich am teuersten.

epa04532597 (FILE) The file picture dated 19 June 2012 shows the sculpture 'Fait d'Hiver' by US artist Jeff Koons displayed at the Liebieghaus in Frankfurt am Main, Germany during the & ...
«Fait d'Hiver» von Jeff Koons.Archivbild 2012: EPA/DPA FILE

Um es mit meinen «Lieblingskünstlern» zu illustrieren: Der amerikanische Kitschier Jeff Koons ist der teuerste. Bis 80 Millionen Dollar kosten seine buchstäblich aufgeblasenen Werke. Da muten 30 Millionen für den begnadeten Maler Gerhard Richter geradezu bescheiden an. Vor allem weil er viel malt und es auch kleinere Werke an der Messe gibt – gar unter der Millionengrenze.

Wer ein bisschen günstiger einkaufen will: der setzt auf Kunst von Frauen. Die Japanerin Yayoi Kusama ist das weibliche Pendant zu Jeff Koons: Ihre Bilder, Räume und Skulpturen sind ebenso knallig und bunt, aber fantasievoller, verspielter und ein bisschen weniger banal.

epa06227393 Japanese artist Yayoi Kusama attends a media preview of the Yayoi Kusama Museum and her latest works in Tokyo, Japan, 26 September 2017. The museum's key mission is to be welcoming, e ...
Yayoi Kusama eröffnet 2017 in Tokio ihr eigenes Museum.Bild: EPA/EPA
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Ihr berühmtestes Werk – den gelben Kürbis – gibt es in vielen Grössen und mit unterschiedlichen Tüpfchenmustern. Ein gelbes Unikat, ungefähr einen Meter hoch, hat die Galerie Victoria Miro aktuell im Angebot – neben einem riesigen Keramik-Blumengebilde und fröhlichen Gemälden. «Der Kürbis ist schon weg, sorry», sagt man mir. Gekostet habe er zirka eine Million. Also viel, viel weniger als Werke von Macho Koons.

Soll ich jetzt noch anfügen, dass das Verhältnis von Frauen und Männern auch in der Galerien-Szene der (noch) üblichen Macht-Verteilung entspricht? Die Mehrheit der Galerien wird von Frauen geführt – die grossen, multinationalen Kunstläden wie Zwirner, Gagosian oder Hauser&Wirth aber von Männern.

Statt mich weiter darüber aufzuregen, gehe ich jetzt lieber auf die Jagd nach Kunst von Frauen. Nach guter und teurer, und solcher, die die Themen Frau, Gender und Feminismus beleuchtet. Und Freude macht.

Ich starte im Untergeschoss bei den teureren, etablierten Geschäften – und weiss, hier wirds schwierig: Bei Michael Haas hängen als Aushängeschilder wunderhübsche Frauenporträts: Eines malte Ferdinand Hodler, das andere Emil Nolde. Die Frau ist in den 1910er-Jahren Model, Geliebte, Muse. Und sie bleibt es. Die Liste der Künstler in den nächsten Galerien liest sich wie eine Auflistung der männlichen Kunstgeschichte: Picasso, Miro, Magritte, Dubuffet, Warhol.

Man redet von Marktwert

Dann, endlich, das erste prominent ausgestellte Werk einer Künstlerin: Louise Bourgeois, die grosse Französin, die in den USA und dann weltweit erst im reifen Alter Beachtung gefunden hatte. Von ihr steht ein etwa zwei Meter hohes Türmchen aus Stoffkissen bei Aquavella, New York.

epa05363866 A Tate Modern gallery employee poses for photographs next to works by French-American artist Louise Bourgeois in one of the new artist rooms in the new Switch House building extension to t ...
Werke von Louise Bourgeois in der Tate Modern in London.Archivbild 2016: EPA/EPA

Die rauen Kissen verkörperten das männliche, die glatten das weibliche Prinzip, erklärt die Angestellte und betont, es sei eines der späten, hochgeschätzten Werke. Der Preis von vier Millionen Dollar scheint exorbitant – bis man realisiert, dass der Picasso und der Bacon daneben ein Mehrfaches kosten.

Erklären kann das niemand richtig. Man redet vom Marktwert. In der Kunst ist das nicht primär das Spiel von Nachfrage und Angebot, sondern ein nicht explizit abgesprochener, von Verkäufen und Auktionsergebnissen gestützter Erfahrungswert.

An untitled wallpaper (2010) by American artist Cindy Sherman and portraits by French artist Francis Picabia are on display at the international art show Art Basel, in Basel, Switzerland, on Tuesday,  ...
Vor die Tapete von Cindy Sherman werden Werke von Francis Picabia gehängt.Bild: KEYSTONE

Bei der Pariser Galerie 1900-2000 ist eine Wandtapete von Cindy Sherman mit einem Doppelselbstbildnis der Künstlerin der Blickfang. Sherman zeigt sich zwar geschminkt, aber irgendwie ungeschminkt ehrlich. Also als Gegenteil von Muse und Model. 350'000 Euro für die Sechser-Edition klingt ok, eher ungewöhnlich scheint mir, dass die Galerie auf Shermans Wandbild gerahmte Zeichnungen von Francis Picabia platziert. Das sei keine Missachtung der Künstlerin, sondern mit ihrer ausdrücklicher Genehmigung und zu ihrer Freude passiert, wird mir versichert. Cindy Sherman schätze Picabia sehr.

Tapeten als Geschäftsmodell

Geschäftstüchtig und praktisch ist das. Sammler, die zu wenig Wände haben, können mit Künstlerinnentapeten, auf die sie in einer zweiten Schicht Bilder hängen, ihre Kapazität verdoppeln. Man findet an der Art Basel eine gute Auswahl an Tapeten, bei Sadie Coles eine hübsche von Sarah Lucas (460 Franken pro Rolle).

The artwork "Titty Bunny" (1962) by British artist Sarah Lucas is on display at the international art show Art Basel, in Basel, Switzerland, on Tuesday, June 12, 2018. (KEYSTONE/Georgios Kef ...
Titty Bunny von Sarah LucaBild: KEYSTONE

Weniger hübsch ist die Skulptur «Titty Bunny» von Lucas. Der mit einem Stuhl verschmolzene Frauenkörper aus Strumpfmaterial wirkt hässlich, ausgeliefert und doch auch wie eine ironische Antwort auf die Männerkunst. Sozusagen ein Sennentuntschi, das es in die Kunstwelt verschlagen hat.

Frauen gehen eben nicht gerade zimperlich mit Frauenbildnissen um, schon gar nicht mit ihren eigenen. Wie Sherman in ihren Selbstbildnissen scheuen auch Marina Abramovic und Jana Sterbak in ihren Performances seit Jahrzehnten keine Grenzerfahrungen. Abramovics hinterleuchtete Bilder (Krinziger, Wien) sind eine Gratwanderung zwischen Schönheit und Schmerz. Sterbaks Dokumentationen und Utensilien (Barbara Gross, München) gehören zu meinen Lieblingen dieser Messe. Etwa der Rucksack aus einem Felsbrocken oder die Objekte aus gerollten Meterbändern (21'000 Euro).

epa04978506 Museum director Stefanie Dathe poses behind a beef-covered armchair by Czech-Canadian artist Jana Sterbak at Villa Rot museum in Burgrieden, Germany, 15 October 2015. The exhibition ' ...
Ein Werk von Jana Sterbak in der Villa Rot in Burgrieden, Deutschland.Archivbild 2015: EPA/DPA

Es soll nicht so krass und doch weiblich sein, nicht schon Geschichte, sondern lieber Gegenwart? Karma International (Zürich, Los Angeles) vertreten mit Pamela Rosenkranz und Vivian Suter tolle Künstlerinnen, die junge Katja Seib (bei Sadie Coles) malt feministische Statements, Pedro Cero (Lissabon) hat poetische Aquarien mit Bergen von Mariele Neidecker (46'000 Franken). Bei Stampa (Basel) empfehle ich, Sabine Hertig anzuschauen und bei Peter Kilchmann (Zürich) Shirana Shabazis neue Siebdrucke und die Neonschrift-Arbeit von Maja Bajevic. Die bosnisch-französische Künstlerin schreibt: «Liberté pour les Libres / Égalité pour les Égaux / Fraternité pour les Frères». Sie bringt damit auf den Punkt, wie das so geht mit der Gleichheit – gerade im Kunstmarkt. (aargauerzeitung.ch)

Augenblicke – Bilder aus aller Welt

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Augenblicke – Bilder aus aller Welt
Zoo Berlin: Panda Weibchen Meng-Meng mit einem ihrer gerade geborenen Babies am 2. September 2019.
quelle: epa / zoo berlin handout
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Wunderschöne Kunstwerke aus leeren Dosen

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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WayneTheBrain
14.06.2018 06:13registriert Dezember 2016
Der Marktwert eines Kunstwerks erschliesst sich in erster Linie aus dem erwarteten zukünftigen Wert. Und dieser ist bei pseudoschockierender Feministenkunst einfach nicht all zu hoch. Selbstverständlich ist aber auch dies eine Verschwörung böser Männer gegen die ach so kreative Frauenkunst.
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Zeit_Genosse
14.06.2018 08:29registriert Februar 2014
Auf der Suche nach dem #metoo in der Kunstszene kann man sich verlaufen, wenn man eigentlich einen Skandal sucht, den man persönlich bewirtschaften möchte und dahinter ein Drang sich in Bedeutung zu bringen steht. Ich geniesse die Kunst, nicht die KünstlerInnen, höre die Musik, nicht die MusikerInnen und damit setzt sich bei mir durch was mir gefällt, egal ob da ein PiPi oder MuMu dran ist.
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4berratio1ctus
14.06.2018 10:47registriert Oktober 2015
und was schliessen wir daraus? Frauen können halt nicht so schön malen wie Männer - ganz einfach. Wie sie halt auch nicht so gut arbeiten können....
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24 Maskottchen aus der Hölle

Eigentlich sollten diese Maskottchen und verkleideten Personen ja dazu dienen, die Leute zu animieren, ihnen ein gutes Gefühl zu geben und Freude zu verbreiten.

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