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Spielanalyse: ZCS Lions – SC Bern

ZSC Spieler reagiert nach der Niederlage (2-3), beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen den SC Bern und dem ZSC Lions, am Freitag, 19. Oktober 2018, in der Postfinance Arena in ...
Am Freitagabend kassierten die Lions eine 3:2-Niederlage gegen den SC Bern.Bild: KEYSTONE
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Die ZSC Lions – ein typischer «Herbst-Meister»

Der SC Bern erzwingt gegen den Meister den Sieg (3:2). Aber wir haben nicht die wahren ZSC Lions gesehen.
20.10.2018, 10:3920.10.2018, 17:35
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Ein Spiel? Ja, das auch. Es ist eine gute, zeitweise sogar eine grosse Partie. Aber eigentlich ist es mehr als nur ein Spiel: Es ist die faszinierende Konfrontation von System und Kreativität. Und nach dieser Partie können wir sagen: Die ZSC Lions können noch viel besser spielen. Die Berner hingegen nicht.

Es ist die grosse, die mächtige, die unerbittliche Hockeymaschine: Der grosse Meister Kari Jalonen hat die Mannschaft perfekt abgestimmt. Die Balance zwischen Offensive und Defensive stimmt. Der Gegner findet kaum Raum und Zeit, um das Spiel zu entfalten. Die Konter werden präzis, schnell und direkt gefahren.

Die grosse SCB-Hockeymaschine hat normalerweise eine Schwäche: Sie ist berechenbar. Aber diesmal ist es nicht so. Yanik Burren bricht zehn Minuten vor Schluss aus dem System aus, stürmt beim Konter in Unterzahl nach vorne. Tristan Scherwey spielt ihm die Scheibe präzis auf den Stock – 3:1. Am Ende wird es der Siegestreffer sein. Solche «Extras» braucht es im SCB-Schachspiel für einen Sieg gegen einen Grossen.

Aubin passt zu diesen ZSC Lions

Lions Trainer Serge Aubin im Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen den ZSC Lions und den SCL Tigers, am Dienstag, 25. September 2018, im Zuercher Hallenstadion in Zuerich. (KEYSTO ...
Serge Aubin: selbstsicher, aber nicht arrogant, mit klarer Linie, aber nicht stur.Bild: KEYSTONE

Aber eben: Es war zwar ein grosser Gegner, aber es waren nicht die wahren ZSC Lions. Wir haben einen typischen «Herbst-Meister» gesehen. Oder besser: So spielt ein Meister in der Regel im Herbst. Erst recht nach einem Trainerwechsel.

Serge Aubin hat die meisterlichen Zürcher ja erst im Sommer übernommen. Also können die ZSC Lions noch nicht mit der Präzision und Konstanz funktionieren wie der SCB, der bereits im dritten Jahr unter gleicher Leitung arbeitet und spielt.

Aber der dynamische Serge Aubin (43) ist ein «junger» Trainer: selbstsicher, aber nicht arrogant, mit klarer Linie, aber nicht stur und ein sehr guter Kommunikator. Er passt zu diesen ZSC Lions.

Eigentlich braucht es für eine grosse Mannschaft mit grossen Egos einen grossen Trainer. Dominant, autoritär und bisweilen arrogant. Einen taktischen «Ideologen», der seine Vorstellungen kompromisslos durchsetzt.

Dynamischer, frecher und schneller

So einen Trainer hatten die Zürcher mit Hans Wallson. Er war zu dominant, zu autoritär, zu arrogant und zu sehr taktischer «Ideologe». Die Nordamerikaner haben für das, was ihm letzte Saison passiert ist, eine wunderbare Redewendung: Er verlor die Kabine. Also den Zugang zu seinen Spielern. Erst seine Amtsenthebung ebnete unter seinem Nachfolger Hans Kossmann den Weg zum Titel.

Bei der Wahl des neuen Trainers haben die ZSC Lions nichts dem Zufall überlassen. Zum Jobinterview flogen Sportchef Sven Leuenberger, Manager Peter Zahner und Verwaltungsrat Peter Spuhler nach Wien. Sie prüften Serge Aubin (zu diesem Zeitpunkt noch Trainer in Wien) und befanden ihn für gut.

Die ZSC Lions sind unter ihrem neuen kanadischen Trainer dynamischer, frecher und schneller geworden. Und die jungen Spieler bekommen Verantwortung, die Tiefe des Kaders wird genutzt: 20 Spieler haben diese Saison pro Spiel mindestens 11 Minuten Eiszeit. Beim SCB sind es 15.

Warum reicht es trotzdem nicht zum Sieg?

Der Meister hat ganz klar die grössere spielerische Substanz und die grössere Kadertiefe als der SCB. Topskorer Jerôme Bachofner beginnt die Partie in der dritten Linie und rückt erst durch Umstellungen im Laufe der Partie nach vorne.

Die Zürcher begeistern in lichten Momenten mit variantenreichem Lauf- und Tempohockey. Sie sind nicht verspielt und in der gegnerischen Zone suchen sie den direkten Weg zum Tor.

Und warum reicht es trotzdem nicht zum Sieg? Weil Konstanz und Stilsicherheit fehlen. Minutenlang läuft das Spiel wie Örgelimusik vorwärts – aber dann folgen Phasen des Stillstandes. Zu viele Konzentrations-Durchhänger erlauben dem Gegner schnelle Gegenstösse. Die Zürcher verlieren Zweikämpfe, die sie in den Playoffs nicht mehr verlieren werden.

Dafür ist der Herbst da

Es sind die typischen Mängel eines Meisters im Herbst. Die Nachlässigkeiten sind mehr dem meisterlichen Selbstvertrauen als Disziplinmängeln geschuldet. Dem Wissen, dass es dann schon noch reichen wird. Meistens reicht es. Aber nicht gegen den SCB.

Trainer Serge Aubin ist daran, das Spiel zu justieren. Dafür ist der Herbst da. Wir haben noch nicht die wahren ZSC Lions gesehen. Aber diese ZSC Lions sind besser als im Herbst 2017 – und im folgenden Frühjahr 2018 sind sie Meister geworden.

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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PizzaPestoni
20.10.2018 10:59registriert Juni 2016
Jetzt aber, selten habe ich den Klaus den Z in solchen Tönen loben gehört.
Jay Bachofner ist ja mal brutal on fire, mit der Champions League inklusive zum sechsten mal nacheinander getroffen, mit jeweils weniger als 15 Minuten Eiszeit.

Schon cool, das beim Z die jungen so viel Verantwortung bekommen, Prassl zum Beispiel spielte die letzen drei Spiele immer im ersten PK Block.
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Optimus Klein
20.10.2018 14:23registriert Oktober 2018
Es ist Herrlich mit anzusehen wie die Jungen Zürcher wie Prassl, Miranda und vor allem J Bachofner der aufopfernd in jede Schulter rennt, das Spiel auch ind der dritten und vierten Linie gefährlich machen. Die Jungen werden den Z auch dieses Jahr wieder mit zum Titel führen wenn Sie so weiterspielen. Der Verband kann schon einmal ein Päckchen Asipirin in den Meisterpokal legen bevor er Bachofner ausgehändigt wird, der Junge wird einer der grossen mit dieser Arbeitsmoral.
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supi
20.10.2018 11:27registriert Dezember 2014
Es war eine tolle Partie der beiden Teams. Am meisten Spass machen mir die vielen jungen Spieler beim Z, nichts da von Meisterblues :-)

Schade haben die SR den heftigen Stockschlag gegen den Helm von Flüeler nicht sanktioniert haben ... dafür musste der "Rächer" Cervenka raus. Wenig später dann das 1:0 für Bern ... aber so was passiert halt immer mal wieder und gleicht sich im Laufe der Saison aus.

Eine nette Geschichte von Herrn Zaugg auch wenn wir alle wissen, das die richtige "Musik" erst im Frühling spielen wird.
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