Es war keine rauschende Gala, vielmehr kam der BVB gegen den abgeschlagenen Letzten aus Fürth zu einem Arbeitssieg. Wieder einmal ragte beim 3:0-Erfolg Erling Haaland heraus: Der Norweger schoss zwei der drei Tore. In zehn Bundesliga-Einsätzen kommt der Goalgetter damit auf 13 Treffer.
Noch bis im Sommer 2024 steht Haaland in Dortmund unter Vertrag. Wegen einer Ausstiegsklausel, angeblich zwischen 75 und 90 Millionen Euro, ist allerdings weitherum klar, dass er die Borussia vor Ablauf des Kontrakts verlassen wird. Bislang wurde erwartet, dass es im nächsten Sommer zum Haaland-Transfer kommt. Doch nun kann eine Geste des 21-Jährigen so interpretiert werden, dass es unter Umständen bereits im Winter der Fall sein wird.
Denn Haaland begab sich gestern Abend, um 22.55 Uhr, wie «Sport1» notierte, ganz alleine auf eine Ehrenrunde durchs Stadion. Er begab sich vor die legendäre Südtribüne und lief dann vor den 15'000 Zuschauern im Uhrzeigersinn über den Rasen. Dieser Anblick habe nicht wenige Beobachter «irritiert, ja gar verstört.» Sogar bei einigen BVB-Mitspielern habe die «Ego-Ehrenrunde» für Kopfschütteln gesorgt. Beim anschliessenden gemeinsamen Feiern mit der Mannschaft vor den Fans glänzte Haaland dann durch Abwesenheit, stattdessen liess er sich auf der anderen Platzhälfte weiter allein feiern.
War es eine Gedankenlosigkeit des Norwegers oder steckt mehr dahinter? Der Blick auf den Spielplan zeigt: Es war das letzte Heimspiel von Borussia Dortmund in diesem Jahr. Und somit war es auch das letzte Heimspiel, bevor das Winter-Transferfenster öffnet, das in dieser Bundesliga-Saison vom 1. bis zum 31. Januar Wechsel ermöglicht.
Fakt ist: Verliert Trainer Marco Rose den Stürmer in den kommenden Wochen, verliert er damit seinen mit Abstand wichtigsten Spieler. 76 Tore schoss Erling Haaland in 74 Pflichtspielen für den BVB – eine sagenhafte Bilanz der Tormaschine. Eins zu eins wird Dortmund Haaland nicht ersetzen können. Immerhin: Mit Karim Adeyemi steht ein möglicher Nachfolger bereits vor der Tür.
Trainer Rose hatte gestern aber andere Probleme: Er knöpfte sich nach dem Sieg den früheren Nationalspieler und heutigen TV-Experten Didi Hamann vor. Dieser wählte bei Sky deutliche Wort zum mässigen BVB-Auftritt: «Das war schwere Kost – wie schon die gesamte Saison. Das hat mit Fussball nichts zu tun. Sie haben 12:9-Torschüsse gegen einen Abstiegskandidaten, das ist mir zu wenig», so Hamann.
Rose konnte mit der Kritik nicht viel anfangen. «Sich jede Woche hinzustellen und gegen uns zu schiessen, ist dann auch schwierig», sagte er bei Sky. «Es war von Beginn an so, dass Didi Hamann gegen uns nagelt.» Der BVB-Coach sprach angesichts grosser Personalprobleme von einer guten Ausbeute. «Wir haben 34 Punkte in der Bundesliga und haben schon ein paar ordentliche Spiele gemacht.»
Hamann blieb cool und untermauerte seine Kritik ebenfalls mit Zahlen. «In 16 Spielen haben sie vier Mal verloren, in der Champions League haben sie in sechs Spielen drei verloren. Das heisst: Sie haben in 22 Pflichtspielen sieben verloren, das ist ein Drittel der Spiele. Du musst irgendwann mal anfangen, besser Fussball zu spielen. Ich bin der Meinung, dass sie sehr viel besser Fussball spielen können.»
Der Zoff endete schiedlich-friedlich mit dem Angebot Roses, Hamann mal ins Stadion oder zu sich nach Hause einzuladen. Der Kritiker sagte, die Offerte nehme er gerne an: «Ich komme gerne ins Stadion, wenn es wieder geht. Oder auch zu ihm nach Hause, wenn er ein gutes Glas Wein hat.»
Vor der kurzen Weihnachtspause trägt der BVB noch eine Partie aus, am Samstag bei der Hertha. In Berlin darf Marco Rose auf Erling Haaland zählen. Er wird hoffen, dass er seinen Wunderstürmer auch nach der Winterpause noch zur Verfügung hat. (ram)