Unmoralische Angebote, kotzende Emojis und Lügen-Vorwürfe: In der «Arena» ging es am Freitagabend hoch her. Verhandelt wurde das Geldspielgesetz, das am 10. Juni zur Abstimmung kommt.
Das neue Gesetz erlaubt erstmals Glücksspiele wie Black Jack oder Poker im Internet. Anbieten darf solche Spiele jedoch nur, wer in der Schweiz ein echtes Casino betreibt. Alle anderen Angebote – etwa jene der Marktführer Pokerstars, Interwetten und Bwin – sollen mit Netzsperren blockiert werden.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) gab zu bedenken, dass der Schweiz heute rund 250 Millionen Franken pro Jahr entgehen, weil die ausländischen Wettanbieter in der Schweiz keine Abgaben bezahlen. Zudem sei das Suchtrisiko bei Online-Spielen extrem hoch. «Dass wir darum in einer ersten Phase mit den Schweizer Casinos zusammenarbeiten, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben, entspricht dem gesunden Menschenverstand.»
Die Gegner hingegen sehen im Gesetz einen Angriff auf die freiheitlichen Werte der Schweiz. «Zuerst sperrt man eine Seite, dann 100 und dann 10’000», warnte FDP-Nationalrat Marcel Dobler. Netzsperren seien überdies leicht zu umgehen und darum wirkungslos.
Aus Sicht der Gegner dient das Instrument primär dazu, die Pfründe der «inländischen Beton-Casinos» zu verteidigen. Mehr noch: Die Casino-Lobby habe das Gesetz selber geschrieben, so der Vorwurf, der auch im Zentrum der Nein-Kampagne steht. Mit einem «Chotzi-Emoji» (O-Ton Pascal Vuichard) bringt das Komitee seinen Abscheu zum Ausdruck.
Allerdings sah sich Vuichard, der Co-Präsident der Jungen GLP, im Laufe der Sendung plötzlich selber mit heftigen Lobbyismus-Vorwürfen konfrontiert. Grund: Während der Unterschriftensammlung für das Referendum zahlten ausländische Online-Casinos eine halbe Million Franken in die Kriegskasse des Komitees ein. Im Prüfstand nahm Projer den Jungpolitiker deswegen hart in die Mangel.
«Wenn Sie es kötzlig finden, dass auf der anderen Seite Schweizer Casinos lobbyiert haben, wie können Sie sich dann gleichzeitig von den ausländischen, nicht-regulierten Online-Casinos finanzieren lassen?», fragte der Moderator seinen Gast eindringlich.
Vuichard wehrte sich zwar tapfer und verwies darauf, dass das Komitee die Zahlung «ab Tag 1» offengelegt habe. So richtig wollte es ihm aber nicht gelingen, den moralischen Widerspruch aufzulösen. Kühl stellte Projer fest, dass die Abstimmung ohne die Einmischung von Pokerstars und Co. gar nicht zustande gekommen wäre. «Das ist ein Referendum, das von ausländischen Online-Casinos bezahlt ist.»
Die Arena-Redaktion wechselte derweil den Slogan zum Kotz-Emoji aus, wodurch dieses plötzlich die eigenen Schöpfer verspottete:
Es war der Junge Grüne Luzian Franzini, der dem gegnerischen Lager am Ende doch noch zu einem Sieg nach Punkten verhalf. Während sich viele der insgesamt acht (!) Diskussionsteilnehmer in Detailfragen verbissen, schaffte es der 22-Jährige bei seinem ersten Arena-Auftritt in der vorderen Reihe, seine Position prägnant auf den Punkt zu bringen und sie erst noch als gut schweizerischen Kompromiss zu verkaufen.
«Die Befürworter tun so, als gäbe es nur zwei Möglichkeiten: Wild West, also gar keine Regulierung, oder das hier vorliegende Geldspielgesetz», kritisierte Franzini. Dabei existierten durchaus intelligentere Lösungen. Ihm zufolge wäre es sinnvoll, die grossen ausländischen Anbieter unter der Bedingung zuzulassen, dass sie dieselben Abgaben an die AHV entrichten wie die Schweizer Casinos auch. «Dann generieren wir unter dem Strich sogar Mehreinnahmen.»
Selbstverständlich bekam auch die Elefanten-Kampagne, über die im Abstimmungskampf bereits viel geschrieben und gehöhnt wurde, ihr Fett weg. Die Sujets suggerieren, dass bei einer Ablehnung des Gesetzes Tierparks geschlossen und Konzerte abgesagt werden müssen. Tatsache ist jedoch, dass die Lotterien, die in die entsprechenden Fonds einzahlen, zuletzt sogar Rekordumsätze eingefahren haben.
Benedikt Würth (CVP), der Vertreter der Kantonsregierungen, versuchte sich mit der Aussage zu retten, dass die Zahlen ohne die ausländische Konkurrenz noch viel rosiger aussähen. Doch auch hier kannte Luzian Franzini kein Pardon: Die Aussage der Kampagne sei nicht, dass es den Elefanten bei einer Annahme des Gesetzes noch besser ginge, sondern dass sie bei einem Nein nichts mehr zu fressen erhielten. Und dies sei nachweislich falsch.
«Das ist nichts anderes als eine Lügenkampagne der Agentur Goal, die auch Werbung für die AfD in Deutschland macht», so Franzini.
Mit seinem souveränen Auftritt stellte er seinen Mitstreiter Marcel Dobler in den Schatten, der während seiner Voten immer wieder in seinen Notizen spicken musste. Dobler hatte im Abstimmungskampf mit der Aussage für Furore gesorgt, dass ihm ein Casino einen Verwaltungsrats-Posten angeboten habe – wohl um ihn zu «kaufen». In der Sendung doppelte der IT-Unternehmer nach: Auch Kollegen wie Lukas Reimann hätten entsprechende Angebote erhalten.
Darauf reagierte Bundesrätin Sommaruga ungerührt: «Herr Dobler ist erwachsen. Wenn er ein unmoralisches Angebot bekommt, kann er Nein sagen.»