Terror in spanischen Ferienorten: Was wir wissen - und was nicht

Terror in spanischen Ferienorten: Was wir wissen - und was nicht

18.08.2017, 13:48

Ein weisser Lieferwagen rast auf der Flaniermeile Las Ramblas mitten in Barcelona in Gruppen von Passanten. Es gibt Tote und Verletzte, der Täter lässt das Auto stehen und flüchtet zu Fuss.

In einem Badeort südlich der katalanischen Metropole vereitelt die Polizei eine weitere Attacke.

WAS WIR WISSEN

* Die Tat in Barcelona: Gegen 17.00 Uhr fährt am Donnerstagnachmittag ein weisser Lieferwagen laut Augenzeugenberichten mit hoher Geschwindigkeit auf die Flaniermeile Las Ramblas. In der Mitte dieser Strasse ist ein breiter Flanierbereich für Fussgänger, dort rast der Transporter den Berichten zufolge im Zickzack in die Menschengruppen hinein. Nach Angaben der Zeitung «El Periódico de Catalunya» legt der Fahrer auf den Las Ramblas gut 550 Meter zurück. Am Pla de l'Os bleibt der Van stehen, mitten auf einem bekannten Mosaik von Joan Miró. Der Fahrer flüchtet zu Fuss.

* Der Tatort: Die Flaniermeile Las Ramblas ist eine knapp 1.3 Kilometer lange Promenade im Zentrum der Stadt. Sie führt von der Plaça de Catalunya im Norden bis zum Alten Hafen am südlichen Ende. Mit seinen historischen Häusern, der alten Markthalle und dem Liceu-Opernhaus sowie den Blumenhändlern und Strassenkünstlern zählt der Boulevard zu den Hauptattraktionen für Touristen. Entlang der Ramblas und in den Seitengassen befinden sich zahlreiche Hotels, Restaurants und Hostels.

* Das Fahrzeug: Beim Tatfahrzeug handelt es sich um einen weissen Lieferwagen einer Leihwagenfirma. Ein zweiter Lieferwagen, mit dem die Attentäter womöglich hätten fliehen wollen, sei nahe Barcelona gefunden worden, schreiben die katalanischen Zeitungen «La Vanguardia» und «El Periódico de Catalunya» unter Berufung auf die Polizei.

* Die Zahl der Opfer: 13 Menschen wurden in Barcelona getötet, etwa 100 weitere wurden verletzt. Die Verletzten werden in rund 15 Spitälern behandelt.

* Festnahmen: Bis Freitagvormittag nahm die Polizei drei Verdächtige fest. Nach Angaben von Polizeichef Josep Lluís Trapero wurden kurz nach der Tat zwei Verdächtige festgenommen, die in Verbindung mit dem Angriff in Barcelona stehen sollen. Einer der beiden Männer sei ein Marokkaner, der andere komme aus der spanischen Exklave Melilla, teilte die Polizei mit. Der dritte Mann wurde am Freitag in Ripoll, etwa 100 Kilometer nördlich von Barcelona gefasst. Ein bei einer Polizeikontrolle erschossener Verdächtiger habe nach bisherigen Erkenntnissen keine Verbindungen zur Tat gehabt. Er hatte nach Medienberichten versucht, eine Polizeikontrolle zu durchbrechen.

* Schweizer Opfer: Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hatte am Freitagvormittag keine Kenntnisse über Tote oder Verletzte mit Schweizer Staatsbürgerschaft. Die Ermittlungen seien aber noch im Gange.

* Selbstbezichtigung: Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamiert laut ihrem Propagandamedium Amak den Anschlag für sich. Von den Behörden in Spanien gab es dazu zunächst keine Äusserungen.

* Die Polizei dementiert Medienberichte, wonach sich Menschen - darunter möglicherweise auch Täter - in einem Restaurant verschanzt hätten. Niemand habe sich verschanzt, heisst es.

* Polizeieinsatz in Cambrils: Im Badeort rund 100 Kilometer südwestlich von Barcelona erschossen die Einsatzkräfte in der Nacht zu Freitag fünf mutmassliche Terroristen. Nach Medienangaben waren die Männer in einem Wagen von der Polizei kontrolliert worden. Sie seien davongerast und hätten auf der Flucht noch Passanten angefahren. Sieben Menschen wurden verletzt, berichtete der katalanische Zivilschutz auf Twitter. Eine Frau erlag später ihren Verletzungen. Bei Sprengstoffgürteln der Verdächtigen handelte es sich der Polizei zufolge um Attrappen. Nach Angaben der Behörden besteht wahrscheinlich ein Zusammenhang zwischen den Taten in Barcelona und Cambrils sowie einer Explosion in der Ortschaft Alcanar.

* Der Vorfall in Alcanar: In der Ortschaft in der Provinz Tarragona kam am Mittwoch bei der Explosion in einem Wohnhaus ein Mensch ums Leben, sieben weitere wurden verletzt. Dies erklärte der katalanische Polizeichef Josep Lluís Trapero. Es gebe «klare» Verbindungen zu dem Anschlag in Barcelona. Nach Informationen der Zeitung «El País» sollen dort etwa 20 Gasflaschen gelagert worden sein. Im Wohnhaus in der Ortschaft mit knapp 10'000 Einwohnern sei der Anschlag von Barcelona vermutlich vorbereitet worden, berichtete das Blatt unter Berufung auf die katalanische Polizei.

* Nach wem fahndet die Polizei: Die Polizei fahndete am Freitagmorgen laut «El Mundo» nach dem 17-jährigen Moussa Oukabir, dem jüngeren Bruder des bereits am Donnerstag inhaftierten Driss Oukabir. Der Verdächtige soll nach der Todesfahrt zu Fuss geflüchtet sein. Der Minderjährige Moussa hat dem Bericht zufolge seinem Bruder seinen Pass gestohlen und unter dessen Namen den Transporter angemietet. Dies habe auch Driss Oukabir gegenüber der Polizei bestätigt.

WAS WIR NICHT WISSEN

* Gab es womöglich mehrere Täter? Es war am Abend unklar, wie viele Menschen in dem Lieferwagen gesessen haben. Der Fahrer soll ein Mann von etwa 1.70 Meter Grösse sein und ein weisses Hemd mit blauen Streifen getragen haben, wie die Zeitung «El Periódico de Catalunya» berichtete. Schwer bewaffnete Einsatzkräfte suchten nach dem Flüchtigen in der Umgebung. «El País» zufolge war der Fahrer am Freitag noch immer auf der Flucht. Ob der oder die Täter bewaffnet waren, blieb am Abend ebenfalls unklar.

* Wer hatte das Tatfahrzeug angemietet? Die Zeitung «El País» schrieb unter Berufung auf die Polizei, bei dem Anmieter des Tatfahrzeugs handle es sich um einen namentlich genannten Marokkaner, der sich legal in Spanien aufhalte. Die Polizei fahndet deshalb nach dem 17-jährigen Moussa Oubakir, berichtete «El Mundo».

* Das Motiv: Die spanische Polizei spricht von einem Terroranschlag. Die auf dschihadistische Propaganda spezialisierte Site Intelligence Group berichtete, dass Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in sozialen Netzwerken den Anschlag in Barcelona ähnlich feierten wie seinerzeit die Attacke in Manchester.

* Die Hintergründe des Einsatzes in Cambrils: Die Ermittler prüfen, ob die Täter die Attacke in Barcelona nachahmen wollten. Das mögliche Anschlagziel, die Strandpromenade Paseo Marítimo, ist voller Bars und Discos.

* War das Zentrum der Zelle in Alcanar? Dies berichtete die Zeitung «El País». Die Polizei vermute, dass in dem durch eine Explosion zerstörten Gebäude im äussersten Süden der Region Katalonien ein Sprengsatz gebaut wurde, so das Blatt. Die Polizei sprach bislang nur von «klaren» Verbindungen.

* Gab es eine Terrorzelle? Die Attentäter von Barcelona und Cambrils gehörten möglicherweise einer einzigen Terrorzelle an, berichtete «El País» am Freitag unter Berufung auf Anti-Terror-Experten. Den Angaben zufolge soll sich die Zelle aus zwölf Personen zusammengesetzt haben. (sda/afp)

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