Mit einer Serie massiver Luftangriffe haben die syrischen und russischen Streitkräfte in Aleppo schwerste Zerstörungen angerichtet. Die Luftwaffen beider Länder bombardierten nach Angaben von Aktivisten am fünften Tag in Folge die Rebellen-Gebiete im Osten der Stadt und töteten weiter Dutzende von Menschen.
Ein im Internet aufgetauchtes Video zeigt Mitarbeiter der Hilfsorganisation White Helmets, wie sie am Samstag Kinder unter den Trümmern hervorziehen. «Bedecke sein Gesicht, damit nichts darauf fällt», sagt ein Retter. Dann ziehen sie das Kind mit dem staubigen Gesicht unter einem massiven Betontrümmerteil hervor. «Er ist sicher.» Der Mann übergibt das Kind mit dem hilflosen Blick einem anderen. «Geh, bring es in den Rettungswagen.» Dann ziehen sie ein zweites Kind mit blutigen Händen aus Staub und Trümmern. Das Gesicht eines dritten, leblosen Kinderkörpers decken sie mit einem Tuch ab. Und auch ein viertes Kind scheint nicht überlebt zu haben.
Der Bombenkrieg sorgt für Streit im UN-Sicherheitsrat. Etliche Länder kritisieren Russland für die Angriffe vom Wochenende:
Die USA äusserten bei einer Dringlichkeitssitzung scharfe Kritik an Russland. Russland betreibe in Aleppo «keinen Anti-Terror-Kampf, sondern Barbarei», sagte die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power, am Sonntag. «Anstatt Frieden zu wollen, führen Russland und Assad Krieg. Anstatt das Leben von Zivilisten zu retten, bombardieren Russland und Assad Konvois mit Hilfsgütern, Krankenhäuser und Rettungskräfte, die verzweifelt versuchen, Menschen am Leben zu erhalten.»
Der britische Aussenminister Boris Johnson warf Russland vor, den Krieg in die Länge zu ziehen und möglicherweise Schuld an Kriegsverbrechen zu haben. Der britische UN-Botschafter Matthew Rycroft sprach von «eklatanten Verstößen gegen das internationale Recht» angesichts von Brandbomben und bunkerbrechenden Bomben in Wohnvierteln. «Russland steht an der Seite des syrischen Regimes, um Kriegsverbrechen zu begehen.»
Und was sagt der russische UN-Botschafter zu all dem? Vitali Tschurkin wies die Vorwürfe zurück. Angesichts der Zahl an verschiedenen Rebellengruppen sei ein Ende des Bürgerkrieges derzeit «eine fast unmögliche Aufgabe».
Unterstützt von der eigenen Luftwaffe und russischen Kampfjets eroberten syrische Bodentruppen zunächst die Palästinenser-Siedlung Handarat im Norden der Stadt. In der Nacht zum Sonntag vertrieben die Rebellen die Soldaten jedoch wieder aus dem strategisch wichtigen Ort.
Dieser und der von den Aufständischen gehaltene Osten Aleppos wurden auch am Sonntag massiv von Kampfflugzeugen bombardiert. Helfer und oppositionsnahe Gruppen sprachen von über 100 Toten in den vergangenen Tagen.
Der syrische Bürgerkrieg tobt inzwischen fünfeinhalb Jahre. Hunderttausende Menschen wurden getötet, elf Millionen sind auf der Flucht. (rwy/sda/reu)