Es muss etwas auf sich haben mit dieser Auslandschweiz. Das zeigt sich allein schon daran, dass sie zu einem stehenden Begriff geworden ist. Als fixe Wortkomposition, ohne Bindestrich oder Anführungszeichen.
Ist von der Auslandschweiz die Rede, dann sind damit die über 750 000 Schweizer mit Wohnsitz fernab ihres Heimatlandes gemeint. Wäre die Auslandschweiz ein Kanton, würde sie einwohnermässig gleich nach Zürich, Bern und Waadt folgen. Bald dürfte die Auslandschweiz sogar zur Nummer drei aufsteigen, denn die Schweizer Diaspora wächst gemäss offiziellen Statistiken ungebrochen.
Die Schweiz hat eine lange Auswandertradition. Bis ins 20. Jahrhundert hinein zählte das Land, geprägt von der Landwirtschaft und gezeichnet von wirtschaftlichem Mangel, überdurchschnittlich viele Emigranten. Ökonomische Faktoren dürften als Auswanderungsgrund an Bedeutung verloren haben. Heute sind es vor allem «bestimmte Formen der Selbstverwirklichung, die Menschen dazu bewegen, die Schweiz zu verlassen», wie die «NZZ» einmal treffend analysierte.
Nun will dem Bund der Auslandschweiz offiziell die Ehre erweisen – in einem Dokument, das symbolträchtiger kaum sein könnte: Im Schweizer Pass soll der Auslandschweiz künftig eine eigene Seite gewidmet sein. Das geht aus dem soeben publizierten Jahresbericht des Bundesamts für Polizei (Fedpol) hervor. Damit wolle man «für mehr Weitblick» sorgen. Denn: «Die Schweiz ist keine Insel», schreibt die Behörde, und das tönt ganz und gar nicht nach dem ansonsten eher trockenen Amtsjargon. Fedpol-Sprecher Niklaus Sarbach spricht auf Anfrage von einer «Würdigung für all jene Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben».
Der Schweizer Pass soll um das Jahr 2020 herum neu aufgelegt werden. Laut Fedpol wird dabei auch das Design überarbeitet. Erneuert werden die Pässe aber vor allem, um sie vor potenziellen Fälschern zu schützen. Schon heute ist der Ausweis mit Dutzenden Sicherheitselementen ausgestattet und gilt als einer der fälschungssichersten der Welt. Am bewährten Konzept ändert sich grundsätzlich nichts. Es war der Genfer Grafiker Roger Pfund, der im 2003 erschienenen Schweizer Pass erstmals die Idee umgesetzt hat, jeden der 26 Kantone auf einer eigenen Seite zu präsentieren. Die entsprechenden Seiten stehen für Visa und Stempel zur Verfügung.
Die Stände werden jeweils von einem stilisierten Wappen und einem, so nennen es die Behörden, «architektonischen Element» repräsentiert. Jeder Kanton durfte selbst bestimmen, welches Bauwerk gezeigt werden soll. Viele setzen auf klassische Wahrzeichen: Bern etwa auf den Zytglogge-Turm, Luzern auf die Kapellbrücke und der Aargau auf Schloss Lenzburg. Andere entschieden sich für eher Unerwartetes. So wird Solothurn mit der in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannten Spiraltreppe im Rathaus symbolisiert, während für Graubünden die Kirche St. Peter Mistail in Alvaschein abgebildet ist.
Ob an den bestehenden Sujets der Kantone festgehalten wird oder ob es zu Änderungen kommt, ist noch nicht bekannt, wie Fedpol-Sprecher Sarbach erklärt. «Aber schon bald werden wir mehr Details zum Design veröffentlichen können.» Dann dürfte auch klar sein, in welcher Form die Auslandschweiz visuell dargestellt wird; über ein eigentliches Wahrzeichen oder gar ein Wappen verfügt sie ja nicht.
Darüber hinaus verteilen sich die Auslandschweizer auf alle Staaten dieser Erde. Selbst im pazifischen Inselstaat Palau, im Jemen und in Nordkorea sind Menschen mit dem roten Pass gemeldet. Da eine visuelle Klammer zu finden, dürfte für Grafiker eine durch und durch spannende Herausforderung darstellen.
Immerhin mangelt es wohl kaum an Pathos, um die Auslandschweiz zu symbolisieren. Schliesslich ist der Pass ein Dokument, das nicht nur Türen in andere Ländern öffnet, sondern auch in der Fremde identitätsstiftenden Charakter hat. In dem kleinen Büchlein manifestieren sich Heimat und Fernweh zugleich.