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Spenden eingesammelt, aber für andere Flüchtlinge eingesetzt: Glückskette gerät in die Kritik

Sogar Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hängte sich am nationalen Solidaritätstag ans Spendentelefon der Glückskette (Mai 2015).
Sogar Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hängte sich am nationalen Solidaritätstag ans Spendentelefon der Glückskette (Mai 2015).
Bild: KEYSTONE

Spenden eingesammelt, aber für andere Flüchtlinge eingesetzt: Glückskette gerät in die Kritik

Die Glückskette hat eine Rekordsumme von 24 Millionen Franken für die Flüchtlingshilfe gesammelt. Und trotz anhaltender grosser Not sind bislang weniger als eine Million Franken in Hilfsprojekte entlang der Fluchtrouten geflossen. Warum?
18.10.2015, 06:0918.10.2015, 13:20
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Bis heute hat die Glückskette die Rekordsumme von 24 Millionen Franken für die Flüchtlinge gesammelt. Von diesen Spendengeldern sind trotz anhaltender grosser Not und dem bevorstehenden Winter bisher weniger als eine Million Franken in Hilfsprojekte entlang der Fluchtrouten auf dem Balkan geflossen, wie die Glückskette gegenüber der Zeitung «Schweiz am Sonntag» bestätigt.

Der Anteil der Hilfe auf der Balkanroute soll laut der Spendensammelorganisation «weniger als 10 Prozent» betragen. «Über 90 Prozent der gesammelten Spendengelder», so die Glückskette, sollen für bereits laufende Projekte in Syrien, dem Irak und umliegenden Ländern verwendet werden. Wegen dieses Grundsatzentscheids gerät die Glückskette jetzt in die Kritik, wie die «Schweiz am Sonntag» weiter schreibt.

Tony Burgener.
Tony Burgener.
Bild: KEYSTONE

Recherchen zeigen, dass Glückskette-Chef Tony Burgener den umstrittenen Entscheid im Alleingang gefällt hat. Um die neuen Spendenmittel vor allem für die laufenden Projekte zu sichern, begrenzte er Projektbeiträge für die Balkanroute auf so genannte Direktorenanträge in der Höhe von maximal 200‘000 Franken pro Projekt.

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Was auch der schnellen und unbürokratischen Hilfe dienen sollte, gefährdet jetzt bereits geplante Winter-Nothilfeprojekte von Schweizer Hilfswerken in Millionenhöhe.

«Wir können diesen Entscheid nicht nachvollziehen», sagt Caritas-Geschäftsleitungsmitglied Odilo Noti. Konfrontiert mit der Kritik räumt der Glückskette-Direktor Fehler ein – und verspricht Flexibilität: «Wir haben immer den Geldbedarf für die laufenden Projekte betont, die Kommunikation aber vielleicht zu stark auf die Situation auf dem Balkan ausgerichtet.» (dwi/az)

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sheimers
18.10.2015 08:24registriert April 2014
Die Glückskette handelt absolut richtig. Im Nahen Osten sind die Flüchtlingslager überfüllt, und es fehlt an allem. Der kleine Libanon hat vier Millionen Einwohner, keine besonders starke Wirtschaft, und schon mehr Flüchtlinge aufgenommen als in Deutschland erwartet werden. In Europa haben wir immer noch funktionierende Staaten. Es ist Aufgabe der Regierungen sich um die Flüchtlinge zu kümmern. Was passiert wohl, wenn die Glückskette und andere Hilfswerke die Hilfe vor Ort einstellen um in Europa zu helfen? Dann kommt der Rest der Flüchtlinge auch noch nach Westeuropa.
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Kronrod
18.10.2015 06:54registriert März 2015
Unicef hat in einem kürzlich vom Spiegel aufgedeckten Fall Spendengelder für teure Anwälte ausgegeben, um die Trauerfamilie eines verstorbenen Spenders zu verklagen, weil Unicef mehr vom Nachlass haben wollte. Unicef hat erstinstanzlich klar verloren. Masslose Gier kann einen guten Ruf innert Sekunden kaputtmachen.
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klugundweise
18.10.2015 10:14registriert Februar 2014
Sollen die Gelder entlang der Balkanroute eingesetzt werden oder nicht vielmehr am Ursprung der Flüchtlingsströme um zu verhindern, dass sich noch mehr Menschen auf den Weg machen?
Mit solch irreführenden Schlagzeilen spielen Sie denjenigen in die Hände, die die Hilfswerke als "organisierte Mitleidsmaschinerie" (Zitat T. Brunner) bezeichnen. Schade.
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