Ein in Deutschland bereits verurteilter Krankenpfleger soll 84 weitere Menschen auf dem Gewissen haben. Das gaben die Ermittler am Montag im niedersächsischen Oldenburg bekannt.
Der heute 40 Jahre alte ehemalige Krankenpfleger musste sich vor Gericht bereits für sechs Taten auf der Delmenhorster Intensivstation verantworten und verbüsst derzeit eine lebenslange Haftstrafe.
Würde er auch für die 84 weiteren Taten für schuldig befunden, wäre es eine der grössten Mordserien in der deutschen Kriminalgeschichte.
Der Mann hatte Patienten im Spital Medikamente gespritzt, die Herzversagen oder einen Kreislaufkollaps auslösten. Dann belebte er die Schwerkranken wieder, um als heldenhafter Retter vor seinen Kollegen dazustehen. Das gelang nicht immer. Auch an seiner früheren Arbeitsstelle am Klinikum Oldenburg soll er Patienten getötet haben.
Mehr Taten gestanden
In sechs Fällen hatte sich der Ex-Pfleger bereits vor Gericht verantworten müssen. Die Richter hatten ihn unter anderem wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Prozess hatte er aber deutlich mehr Taten gestanden.
Wie viele Menschen er tatsächlich auf dem Gewissen hat, versuchte über drei Jahre eine Sonderkommission zu klären. Die Ermittler werteten Hunderte Patientenakten aus und liessen mehr als 100 Leichen ausgraben, um diese auf Rückstände von Medikamenten zu testen.
Die Zahl der Todesfälle, für die der Krankenpfleger verantwortlich ist, liege wahrscheinlich noch um ein Vielfaches höher, weil viele Patienten eingeäschert worden sind, sagte der Präsident der Polizeidirektion Oldenburg, Johann Kühme. Die Dimension der Verbrechen mache «fassungslos».
Weitere Ärzte angeklagt
Weil auffällig viele Patienten während der Schichten des Mannes. starben, gab es an beiden Kliniken Gerede. In Delmenhorst lagen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft aber auch konkrete Hinweise vor, dass er Patienten tötete.
Zwei frühere Oberärzte und der Stationsleiter werden deshalb wegen Totschlags durch Unterlassen vor Gericht stehen. Die Ermittlungen gegen Verantwortliche am Klinikum Oldenburg laufen noch.
«Die Morde hätten verhindert werden können», sagte Kühme. Die damals Verantwortlichen hätten aus Sicht der Ermittler schneller handeln und Unterstützung suchen sollen. «Im Klinikum Oldenburg wusste man um die Auffälligkeiten», sagte Kühme. (sda/dpa)