Die Kloten Flyers besiegen Gottéron 4:1 und ziehen ins Finale ein. Welche Geschichte ist nun die bessere? Die vom letztjährigen Playout-Team, das nun im Finale steht? Oder die des von Hockeygöttern verwunschenen Gottéron, das zum immerwährenden Scheitern verurteilt ist? Der Sieger hat immer recht. Den Kloten Flyers gehört die Story.
Die Zürcher stehen erstmals seit 2011 wieder im Finale. Damals verloren sie gegen Davos. Von diesem Team standen gestern nach wie vor acht Spieler im Einsatz (Bieber, von Gunten, Santala, Liniger, Lemm, Bodenmann und Stancescu). Marcel Jenni fehlte 2011 wegen einer Verletzung.
Das solide Fundament des Final-Hauses, das der ehemalige Präsident Jürg Bircher baute, bevor ihm das Geld ausging, steht also immer noch. Die wichtigsten Umbauten betreffen die Goalieposition: Martin Gerber ersetzt Ronnie Rüeger.
Wir dürfen ohne jeden Hang zur Boshaftigkeit Jürg Bircher als einen der wichtigsten Architekten dieses aktuellen Finalteams bezeichnen. Er war es, der nach dem Niedergang der meisterlichen Dynastie mit den vier Titeln von 1993 bis 1996 den von Peter Bossert begonnenen Neuaufbau ab Dezember 2008 mit Elan, Risikobereitschaft und viel Geld fortsetzte.
2009 und 2011 scheiterten die von Jürg Bircher präsidierten Kloten Flyers erst im Final an Davos. Der glücklose Unternehmer fädelte ohne die entsprechende finanzielle Grundlage die Transfers mehrerer Spieler ein (Romano Lemm, Eric Blum, Matthias Bieber, Micki Dupont), die jetzt eine Schlüsselrolle spielen.
Es ist, wie es ist. Ohne Jürg Bircher gäbe es das sportliche Fundament für Klotens aktuelles Finalteam und Spitzenhockey in Flughafen-Stadt nicht mehr. Und, in letzter Konsequenz, auch nicht den neuen Besitzer Philippe Gaydoul. Der Chronist wertet nicht. Er erklärt nur die Zusammenhänge.
Kloten verdankt das 4:1 gegen Gottéron und die neunte Finalqualifikation seit Einführung der Playoffs (1986) der Rückkehr zur Normalität. Das sechste Halbfinalspiel lief nämlich in den geordneten taktischen Bahnen, in denen dieses Team fast unbesiegbar ist. Der Boxkampf zwischen Eric Blum und Jéremie Kamerzin (52.) war nur eine Episode und nicht typisch für diese Hockey-Schachpartie.
Klotens Defensivkonzept ist das älteste der Liga. In den Grundzügen wird es seit den 1990er Jahren eingeübt. Wenn Kloten wankt, dann kann es sich auf diese eingeübten Mechanismen verlassen. Das macht diese Mannschaft zwar berechenbar. Aber eben auch stilsicher und stabil. Deshalb sind alle Rückschläge in diesem Halbfinal – das 1:7 im dritten und das 1:2 im fünften Spiel – so gut verkraftet worden.
Dieser neunte Final nach 1987, 1988 (Niederlagen gegen Lugano), 1993, 1994, 1995, 1996 (viermal Meister), 2009 und 2011 (Niederlagen gegen Davos) ist auch ein Triumph für Felix Hollenstein. Der 49-jährige Headcoach hat seine Rolle bei allen Finals: erst als Spieler (6x), dann als Assistent von Trainer Anders Eldebrink (2x) und jetzt wird er erstmals als Cheftrainer um den Titel spielen.
Felix Hollenstein war ein charismatischer Leitwolf – er wurde nicht umsonst «Schluefweg-Messier» genannt – und er ist jetzt ein ebenso charismatischer Trainer. Kein Nonkonformist wie Arno Del Curto. Aber auch Felix Hollensteins Selbstvertrauen ist so gross, dass man es für Selbstlosigkeit halten könnte. Und auch er ist, ähnlich wie der HCD-Zampano, Energiequelle und Persönlichkeit zugleich.
Die Leidenschaft, die aufopferungsvolle Spielweise haben sehr viel mit dem Wesen und Wirken des Trainers zu tun. Der neue Besitzer Philippe Gaydoul hatte Felix Hollenstein im Sommer 2012 gefeuert und letzte Saison erst zu spät zurückgeholt. Die Playouts waren nicht mehr vermeidbar.
Ist dieses Kloten gar ein Meisterkandidat? Warum nicht? Titel werden in der Defensive erarbeitet und nicht in der Offensive ertanzt. Torhüter Martin Gerber hat in dieser Halbfinal-Serie in fünf von sechs Partien sein bestes Hockey gespielt. Nichts spricht dagegen, dass er dies auch im Final tun wird und am Ende der Saison auch noch als Nummer 1 zur WM fährt.
Gottéron können wir in einem Satz abhandeln: Wer alles richtig macht, wer leidenschaftlich kämpft, aber einen Torhüter wie Benjamin Conz hat, der ist auf diesem Niveau zum Scheitern verurteilt. Trainer Hans Kossmann ist ein kluger Diplomat. Er sagte: «Kloten hat mit Martin Gerber den besten Torhüter der Liga.»