Ein aus Berlin entführter vietnamesischer Geschäftsmann ist in seiner Heimat zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Richter habe den ehemaligen KP-Funktionär und Staatsmanager Trinh Xuan Thanh der Misswirtschaft und Unterschlagung für schuldig befunden.
Dies berichteten Staatsmedien am Montag. Der Entführungsfall belastet die Beziehungen zwischen Berlin und Hanoi ernsthaft.
Mit dem Strafmass blieb der Richter unter der Höchststrafe: Dem 52-Jährigen hatte in dem Verfahren ein Todesurteil gedroht.
Thanh, der in Deutschland Asyl beantragt hatte, war nach Angaben der deutschen Behörden Ende Juli vom vietnamesischen Geheimdienst aus dem Berliner Tiergarten verschleppt und nach Vietnam gebracht worden. Das Auswärtige Amt sprach von «Menschenraub» und «Entführung».
Die vietnamesische Regierung bestreitet die Vorwürfe. Sie betont, Thanh sei freiwillig zurückgekehrt, um sich dem Verfahren zu stellen.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts hatte die gewaltsame Entführung Thanhs anlässlich des Prozessauftakts vor zwei Wochen abermals als «völlig inakzeptablen Bruch des Völkerrechts» und als «Vertrauensbruch» kritisiert.
Nach Angaben politischer Experten war das Verfahren in erster Linie politisch motiviert: Zum einen wolle die Führung ihren Willen demonstrieren, gegen Korruption hart durchzugreifen, zum anderen nutze sie das Verfahren, um gegen politische Widersacher vorzugehen.
Konkret ging es in dem Gerichtsprozess um den Bau eines Kraftwerks im Norden Vietnams im Jahr 2011. Thanh wurde zur Last gelegt, als Chef des Baukonzerns PetroVietnam Construction (PVC) – einer Tochter des Energiekonzerns PetroVietnam – umgerechnet mehrere Millionen Franken zweckentfremdet zu haben. Mindestens vier Milliarden vietnamesische Dong, also etwa 170'000 Franken, soll er dabei in die eigene Tasche gesteckt haben.
Thanh selbst hatte um ein mildes Urteil gebeten, damit er bald wieder nach Deutschland zurückkehren kann. Ausländische Medien wurden zu dem Prozess nicht zugelassen.
Bereits an diesem Mittwoch soll in Hanoi ein weiterer Korruptionsprozess gegen Thanh beginnen. Dabei droht dem ehemaligen Chef des Baukonzerns und kommunistischen Funktionär abermals die Todesstrafe. Thanh soll bei einem Bauprojekt in Hanoi umgerechnet rund eine halbe Million Franken an Schmiergeld kassiert haben.
Vietnam gehört zu den wenigen Ländern auf der Welt, in denen auf Korruption in besonders schlimmen Fällen die Todesstrafe steht. Erst im vergangenen Herbst wurde ein früherer Konzernchef zum Tod durch die Giftspritze verurteilt.
Wegen der mutmasslichen Entführung hatte die deutsche Regierung im vergangenen Jahr zwei vietnamesische Diplomaten ausgewiesen. Zudem legte sie den sogenannten strategischen Dialog mit dem südostasiatischen Land auf Eis. Vietnam ist einer der wenigen kommunistischen Ein-Parteien-Staaten, die es heute noch gibt
(sda/afp/dpa)