Der Frühling kommt in ziemlich genau zwei Monaten zurück und wird uns das bescheren, was wir alle so toll finden: wärmere Temperaturen, sonnigere Tage und damit bessere Voraussetzungen, um mit dem Velo oder Trottinett herumzuflitzen. In den Städten bringt die mildere Jahreszeit aber auch Nachteile: Die mietbaren E-Scooter werden überall zu sehen sein, auch dort, wo sie nicht hingehören.
Sie besetzen Veloparkplätze, liegen quer auf Trottoiren und werden missbraucht, um durch belebte Fussgängerzonen zu rasen. Die Stadt Zürich will nun dagegen vorgehen: Die Behörden haben ein «Pilotprojekt» mit dem offiziellen Ziel gestartet, «Erfahrungen im Management der E-Trottis zu sammeln». Worum es der Stadt aber wirklich geht: den E-Scooter-Wildwuchs in den Griff kriegen.
So werden die E-Scooter seit geraumer Zeit auf drei bis fünf Kilometer pro Stunde abgebremst – das ist ungefähres Schritttempo, sobald ein Trottinett einen definierten Perimeter betritt. Ein SRF-Bericht nennt das Zürcher Niederdorf oder das Altstadt-Quartier als Beispiel, wo die standortbasierte Temporeduktion erfolgt.
Hinzu kommen weitere Ideen wie etwa «bevorzugte Abstellflächen»: Wer einen E-Scooter ausleiht, soll ihn später am richtigen Ort abstellen. Sie sollen entweder wie Veloparkplätze visuell mit Strassenschildern markiert werden oder auf der App des E-Trotti-Anbieters sichtbar sein. «Auch hier ist das Ziel, Erfahrungen zu sammeln, wie die Ordnung im öffentlichen Raum erhöht werden kann», sagt Nadja Häberli, Kommunikationsbeauftragte der Stadt Zürich.
In ihren Ausführungen spricht die Stadtverwaltung stets von «Erfahrungen sammeln». Die Ideen erinnern aber ziemlich genau an die Regeln, die heute bereits in der Bundesstadt gelten: Anders als Zürich reagierte Bern vor zwei Jahren proaktiv auf die zu erwartende Scooter-Flut. «Die Erfahrungen aus ausländischen Städten zeigte uns, dass die Anbieter irgendwann auch in der Schweiz auftauchen werden», erinnert sich der Berner Verkehrsplaner Karl Vogel. Die Bundesstadt nutzte dabei ihr Recht, ohne jegliche Gesetzesänderung den Leihtrottinett-Markt zu regulieren: Wer die Geräte auf öffentlichen Plätzen anbieten wollte (der Fachterminus dafür: «gesteigerter Gemeingebrauch»), brauchte eine Bewilligung.
Bern beschränkte so die Anzahl der E-Scooter auf 250, wobei im Schnitt höchstens ein Fünftel in der Innenstadt präsent sein durfte. Hinzu kamen Parkverbote, etwa in Bahnhofsnähe, um die Veloparkplätze frei zu halten, und besondere Zonen, wo die Fahrt verboten oder verlangsamt wurde. Sprich: Bern kennt bereits die Regeln, die jetzt geprüft werden. «Die Regeln funktionieren gut», sagt der städtische Verkehrsplaner von Bern. Vogels Abteilung sei jedoch dazu bereit, die Erfahrungen von Bern jederzeit zu teilen.
Ein jüngerer Blick ins Ausland zeigt jedoch, dass nicht nur in Zürich, sondern auch in Bern die Schraube in Sachen E-Scooter angezogen werden könnte: Die Suva machte letzten Sonntag publik, dass es im letzten Jahr zu rund 2400 Unfällen mit E-Scootern gekommen war. Knapp die Hälfte der Unfälle passierten in der Dämmerung oder während den Nachtstunden. Die Daten beziehen sich nicht nur auf Leih-Trottinetts, sondern auch auf private E-Scooter, die seit geraumer Zeit zu erschwinglichen Preisen von Warenhäusern angeboten werden.
Im Ausland wird deswegen bereits über strengere Regulierungen für E-Scooter nachgedacht. Dänemark führte so zum Jahresbeginn eine Helmpflicht ein. Die Ausleihfirma Voi bedauerte diesen radikalen Entscheid und versuchte ihn mit Eigenverantwortung zu verhindern: So gab es von Voi Rabatte für jene Kundinnen und Kunden, die beim E-Scootern einen Helm trugen. Gebracht hat es aber nichts: Wer gefährlich – sprich: helmlos, betrunken oder zu zweit – unterwegs ist, zahlt in Dänemark umgerechnet zwischen 90 und 120 Franken Busse.
Nebenbei: das Problem der vollgestellten Veloparkplätze ist eigentlich kein Grund gegen E-Trottis sondern ein Grund für mehr Veloparkplätze.