Blockchain-Technologie: Hype oder Heilsbringer?

Blockchain-Technologie: Hype oder Heilsbringer?

14.01.2018, 10:48

Die Kryptowährung Bitcoin ist derzeit in aller Munde. Eine wichtige Basis für die digitale Währung ist die sogenannte Blockchain. Sie hat das Potenzial, nicht nur die Art zu bezahlen, sondern auch die politische Mitbestimmung in Zukunft stark zu verändern.

«Derzeit erleben wir einen Blockchain-Hype», sagt Roger Wattenhofer auf Nachfrage - er ist Professor für Verteilte Systeme an der ETH Zürich. Dabei sei die Grundlagentechnik für Blockchain schon relativ alt. Das Interesse in der Forschung sei in den 1970er und 80er Jahren womöglich grösser gewesen als heute, so Wattenhoffer.

Seit sich die Kryptowährung Bitcoin jedoch weltweit verbreitet habe, sei parallel dazu auch das Interesse an der technischen Basis gestiegen.

«Blockchain», zu deutsch «Kette von Blöcken» sei eine fehlertolerante verteilte Datenbank von Transaktionen, abgesichert mit kryptographischen Methoden, erklärt Wattenhofer.

Demokratische Teilhabe über Blockchain

In der Stadt Zug nutzt die Verwaltung bereits die Blockchain-Technologie in verschiedenen Bereichen: Im Frühling 2018 soll eine «e-Voting» Konsultativabstimmung durchgeführt werden, um beim technischen Ablauf Erfahrungen zu sammeln. Das Thema sei noch offen, heisst es von Seiten der Stadt.

Seit Ende 2017 bietet Zug ausserdem eine digitale Identität an, bei der Blockchains eine wichtige Rolle spielen. Bislang hätten sich 116 Einwohnerinnen und Einwohner eine digitale Identität zugelegt, sagte Dieter Müller von der Stadt Zug auf Anfrage. 67 von ihnen seien bereits bei der Einwohnerkontrolle zur Bestätigung vorbeigekommen.

Auch im Kanton Schaffhausen bietet man der Bevölkerung seit Dezember eine elektronische ID an - die Pilotphase soll voraussichtlich bis Frühling 2018 dauern.

Für die e-ID wird eine App genutzt, auf der die persönlichen Informationen mithilfe der Blockchain-Technologie gespeichert werden und mit einer Krypto-Adresse verknüpft sind. Die Personendaten werden dabei nicht auf zentralen Servern erfasst, sondern verschlüsselt auf dem eigenen Mobiltelefon, wie die Stadt Zug auf ihrer Homepage schreibt. Zu Beginn werde lediglich durch die Stadt die Identität der Person überprüft und bestätigt.

Noch einige Hürden für Blockchain

Bryan Ford, Professor an der EPFL in Lausanne, sieht noch Verbesserungsbedarf, damit eine flächendeckende Verwendung überhaupt möglich ist:

Heutige Blockchains böten teilweise nur wenig Privatsphäre für die Nutzer, sagte er auf Anfrage. Blockchains würden zwar die Vollständigkeit der Daten gewährleisten, da sie jedem Teilnehmer der Kette eine Kopie überliessen - gleichzeitig schaffe dies aber ein potenzielles Datenschutzproblem.

Ein weiterer Nachteil der Blockchain könne sein, dass sie auf gut verbundene Teilnehmergeräte angewiesen sei, die ständig online seien. Auch beim Thema Energieeffizienz gebe es Raum für Verbesserung.

Trotz dieser Vorbehalte sieht Ford die Blockchain-Technologie beim E-Voting in den Bereichen Registrierung, Stimmenzählung, Authentifizierung und Auswertung im Vorteil:

Sollte sich Blockchain, trotz aller potenziellen Schwächen - zum Beispiel bei der Anonymität-, im Bereich der Wahlen und Abstimmungen als Hilfstechnologie etablieren, könne auf dieser Grundlage die demokratische Teilhabe an sich erweitert werden, so Ford. Blockchain sei dabei aber nie «die alleinige Antwort», sondern funktioniere nur im Zusammenspiel mit anderen Technologien.

«Flüssige Demokratie» am Horizont

Ford sieht die Chance, dass die Transparenz und die öffentliche Akzeptanz von politischen Entscheidungen grundlegend erhöht wird.

Mehrere amerikanische Technologie-Portale berichteten in diesem Herbst über eine Anwendung namens «Sovereign», die auf Grundlage der Blockchain-Technologie die demokratische Mitbestimmung neu ausrichten will. Es soll mit ihr im Sinne der «Liquid Democracy» möglich werden, direkt im Netz zu einem bestimmten Thema abstimmen zu können, und wenn gewünscht, eine Stimme an jemanden weiter zu delegieren. Auf diese Weise könnte die Demokratie an sich verbessert werden, so die Hoffnung der Gründer.

Sie wollen damit Demokratieverdrossene und Jungwählerinnen und -wähler ansprechen. In ihrer Zukunftsvision soll es zum Beispiel möglich werden ein «Ja» oder «Nein» in der Abstimmung an Bedingungen zu knüpfen - schwarzweisse «In or out»-Voten wie bei der Brexit-Abstimmung oder einigen Volksabstimmungen in der Schweiz gehörten damit der Vergangenheit an. (sda)

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