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Einen Tag nach den Berichten von watson über seine geschäftlichen Verbindungen mit einem ZSC-Star hat Hockey-Einzelrichter Victor Stancescu das Handtuch geworfen. Er legt sein Amt per sofort nieder.
Victor Stancescu präsidiert den Verwaltungsrat einer Zürcher Gastro-Firma. ZSC-Star Roman Wick sitzt ebenfalls im Verwaltungsrat. Nach dem Freispruch von ZSC-Verteidiger Severin Blindenbacher (wegen eines Zusammenstosses mit einem Linienrichter) und dem Rekurs der Lions gegen das Urteil im «Fall Lapierre» hat der HC Lugano heute Vormittag den Rücktritt gefordert.
Victor Stancescu verdient grossen Respekt für seine Entscheidung. Und er entlarvt so die besorgniserregende Führungsschwäche von Swiss Ice Hockey.
Die Verbands-Rechtfertigung, die Klubs hätten doch Victor Stancescu im vergangenen Sommer im Wissen um seine Verbundenheit mit den Spielern einstimmig gewählt, ist nichts anderes als eine faule Ausrede.
Dass Victor Stancescu die Nähe zu den Spielern hat, ist allen klar. Verschwörungstheorien gibt es immer. Sie gehören zur Kultur unseres Hockeys und zum Sport überhaupt. Gegenüber den politischen und wirtschaftlichen Titanen (SC Bern, ZSC Lions, Davos) gibt es ein latentes Misstrauen in der lateinischen Schweiz.
Gerade deshalb ist es wichtig, diese Verschwörungstheorien nicht auch noch mit Fakten zu befeuern. Wenn ein Rechtsanwalt wie Victor Stancescu glaubt, er könne sein sensibles Amt mit dem Verwaltungsratspräsidium einer Firma verbinden, in der auch ein ZSC-Star sitzt, dann können wir ihm fehlende Sensibilität vorwerfen. Wenn aber seine Vorgesetzten (in diesem Falle Florian Kohler, der Geschäftsführer von Swiss Ice Hockey) bei der Anstellung des Einzelrichters nicht auf die Unbefangenheit achten, dann ist es ein grobes Pflichtversäumnis. Es wäre ja für Victor Stancescu kein Problem gewesen, das hockeytechnisch anstössige Verwaltungsratsmandat niederzulegen.
Aber Victor Stancescu ist nicht nur die im Handelsregister einsehbare Geschäftsverbindung mit Roman Wick zum Verhängnis geworden. Durch krasse Fehlurteile – nur eine Spielsperre gegen Stockschläger Daniel Vukovic, Freispruch von Severin Blindenbacher – haben die Einzelrichter Oliver Krüger und Victor Stancescu in den letzten Tagen alle Glaubwürdigkeit verspielt. Bereits wegen dieser Fehlurteile hätte ihre Ablösung thematisiert werden müssen.
Unsere Hockeyjustiz braucht einen Neuanfang. Es braucht keine Änderung des Systems, der Strukturen. Unsere Hockeyjustiz ist vorbildlich organisiert. Sie ist, richtig bemannt, die beste Europas. Aber andere Männer braucht unsere Hockeyjustiz.
Victor Stancescu hatte die Grösse, sein Amt niederzulegen. Wenn Oliver Krüger und Chefankläger Stéphane Auger diese Grösse nicht haben und ihre Ämter per Saisonende nicht zur Verfügung stellen, dann obliegt es der Führung von Swiss Ice Hockey, beide von ihren Posten zu entpflichten.
Die Suche nach neuen Leuten ist nicht einfach. Für die Position des Einzelrichters braucht es Hockeykompetenz, politisches Gespür und von Vorteil ist praktische Erfahrung im Strafrecht, wie sie der ehemalige Einzelrichter Reto Steinmann hatte. Der Zuger Rechtsanwalt und ehemalige Strafrichter war 13 Jahre lang Einzelrichter. Inzwischen dürfte den Hockeygenerälen dämmern, wie gut Steinmann seinen Job gemacht hat.
Mindestens so wichtig wie die kluge Neubesetzung der Hockeyjustiz ist die Wiederherstellung des Respektes vor der Hockeyjustiz und den Schiedsrichtern. Der Wiederherstellung von Recht und Ordnung. Dazu gehört die konsequente Bestrafung von Spielern, Trainern, Sportchefs und Präsidenten, die sich in der Öffentlichkeit abschätzig über Schiedsrichter äussern. Die Hockeygesetze sind dafür da. Sie müssen nur ohne Angst vor Namen und Positionen durchgesetzt werden. Dies ist umso wichtiger, weil einzelne Medien im Zuge des Sittenverfalls mit einer «Hetzjagd» auf die Unparteiischen billige Polemik machen.
Nach dem Freispruch von Severin Blindenbacher ist es die Pflicht der Schiedsrichterchefs Beat Kaufmann und Brent Reiber, sich vor ihre Männer zu stellen und Rekurs zu machen. Um ein Zeichen für die Schiedsrichter zu setzen, die nach diesem Freispruch «Freiwild» sind. Wird dieser Rekurs unterlassen, ist es auch Zeit für die schlauen Opportunisten Beat Kaufmann und Brent Reiber, ihre Ämter zurückzugeben. Beide geniessen bei den Schiedsrichtern wegen ihres Opportunismus und ihres fehlenden Mutes, für die Sache einzustehen, kaum mehr Rückhalt.
Wir haben eine der besten Ligen der Welt und eine starke Hockeykultur. Das hat dazu geführt, dass die Verbandsführung unter Präsident Marc Furrer in den letzten Jahren nicht mehr geführt, sondern nur noch verwaltet und den Klubgenerälen viel zu viel Macht überlassen hat. Die Verbandsführung hat nur noch reagiert und jede Ausnahmesituation hat zu einem heillosen Theater geführt. Noch in bester Erinnerung ist uns ja die Seifenoper um die Besetzung des Nationaltrainers-Postens.
Die Rivalität zwischen den Klubs, zwischen den Regionen ist ein Erfolgsgeheimnis unseres Hockeys. Sie dynamisiert unser Hockey. Aber sie ist so stark, dass sich der Verband nicht auf eine «Nachtwächter-Rolle» zurückziehen kann. Eine starke Führung mit strategischem Weitblick ist wichtig. «Gouverner c’est prévoir» («Regieren bedeutet Vorausschauen») lehrte uns der französische Chronist Emile de Girardin schon im vorletzten Jahrhundert.
Swiss Ice Hockey braucht auch einen neuen Präsidenten. Und ob all dem grandiosen Theater geht fast vergessen, dass wir ja erst im Viertelfinale der Play-offs stehen. Was werden uns das Halbfinale und das Finale bescheren?