Der Pharmakonzern Bayer ist für seine Verhütungspille Yasmin nicht haftbar. Er muss einer an einer Lungenembolie erkrankten und heute schwer behinderten jungen Frau weder Schadenersatz noch Genugtuung bezahlen. Das hat das Bundesgericht entschieden.
Die damals 16-Jährige nahm die Verhütungspille Yasmin seit rund zwei Monaten ein, als sie 2008 eines Morgens zusammenbrach und notfallmässig hospitalisiert werden musste. Die beidseitig festgestellte Lungenembolie führte zu einem Sauerstoffmangel, der eine schwere Hirnschädigung zur Folge hatte. Die junge Frau ist heute spastisch gelähmt und schwer invalid.
Sowohl das Bezirksgericht, als auch das Kantonsgericht Zürich verneinten die Haftbarkeit der Bayer Schweiz AG als Herstellerin der Verhütungspille Yasmin. Das Bundesgericht kommt nun zum gleichen Schluss. Die Patienteninformation zu der Pille sei korrekt, befanden die Lausanner Richter.
Die Mutter der jungen Frau und zwei Versicherungen hatten gegen die erstinstanzlichen Urteile Beschwerde vor Bundesgericht erhoben. Die Mutter forderte für ihre Tochter einen Schadenersatz von 5,3 Millionen Franken und eine Genugtuung von 400'000 Franken. In der Beschwerde machte sie geltend, dass die Patienteninformation von Yasmin mangelhaft gewesen sei.
So ist in der Fachinformation für die Ärzte ausgeführt, dass bei Yasmin im Vergleich zu bisher bekannten Pillen von einem allenfalls doppelt so hohen Embolie-Risiko auszugehen ist. In der Patienteninformation fehle dieser Hinweis, kritisierten die Beschwerdeführerinnen.
Ein Produkt kann gemäss dem Gesetz über die Produktehaftpflicht aus verschiedenen Gründen fehlerhaft sein. Unter anderem dann, wenn ein Produkt nicht mit einer geeigneten Information für den Konsumenten zu den Risiken versehen ist.
Bei rezeptpflichtigen Medikamenten fehlt dem Patienten in der Regel das nötige Fachwissen, um Gefahren abschätzen zu können. Deshalb ist das Wissen des Arztes miteinzubeziehen.
Aus diesem Grund beanstandet das Bundesgericht das Fehlen der Information über das möglicherweise höhere Risiko einer Embolie in der Patienteninformation von Yasmin nicht. Gemäss der Verordnung über die Anforderungen für die Zulassung von Arzneimitteln besteht keine Pflicht, einen solchen Risikovergleich aufzunehmen.
In der Packungsbeilage ist der ausreichende Hinweis enthalten, dass grundsätzlich die Möglichkeit einer Gerinnselbildung besteht und dass eine solche schwere gesundheitliche Folgen haben kann.
Die CSS Versicherung, die als Nebenintervenientin eine Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht hatte, bedauert den Entscheid. Sie teile die Ansicht nicht, dass für Bayer keine Produktehaftpflicht bestehe.
Mit diesem Urteil werde die Pflicht des Pharmaherstellers, Patienten über die Risiken und Nebenwirkungen ausreichend aufzuklären, geschmälert. Das sei weder im Interesse der Versicherten noch der Krankenversicherungen, wird Philomena Colatrella, Generalsekretärin und Mitglied der CSS-Konzernleitung, in einer Mitteilung vom Mittwoch zitiert. (Urteil 4A-365/2014 und 4A_371/2014 vom 05.01.2015) (sda)