Flüchtlinge: Etwa 300 Migranten fliehen aus Erstaufnahmelager in Ungarn

Flüchtlinge: Etwa 300 Migranten fliehen aus Erstaufnahmelager in Ungarn

04.09.2015, 14:32

Aus einem Erstaufnahmelager im südungarischen Röszke sind am Freitag etwa 300 Flüchtlinge geflohen. Derweil harrten etwa 500 weitere Flüchtlinge weiter in einem Zug in Ungarn aus. Die Polizei hat sie auf dem Weg nach Westen vorerst gestoppt.

Die Menschen hätten den Zaun des Lagers im südungarischen Röszke an der Grenze zu Serbien gegen 11.30 Uhr überwunden, erklärte die Polizei. Es habe «zwei Wellen» gegeben, die Flüchtlinge seien dann in Richtung einer nahen Autobahn gerannt, teilte die Polizei weiter mit. Der Grenzübergang Röszke sei vorsorglich vorübergehend für den Einreiseverkehr geschlossen worden, «um Unfälle zu vermeiden». Nach den Flüchtlingen werde gesucht.

Die Flüchtlinge sind unzufrieden mit den langen Wartezeiten in der eingezäunten Einrichtung. Sie hätten den ungarischen Behörden laut Medienberichten ein Ultimatum von zwei Stunden zur Erfüllung ihrer Forderungen gestellt. Andernfalls wollten sie weitere Flüchtlinge zum Verlassen des Lagers auffordern.

Zu Fuss auf den Weg gemacht

Am Budapester Fernbahnhof Keleti warteten derweil weiterhin tausende Flüchtlinge auf ihre Weiterreise Richtung Deutschland. «Die Menschen werden immer nervöser, die Lage wird täglich verfahrener», sagte der syrische Flüchtling Abdel Asis der Nachrichtenagentur AFP. Der Bahnhof ist seit Dienstag für Einwanderer gesperrt, obwohl viele von ihnen Zugtickets haben.

Schätzungen vor Ort zu folge waren es am Freitag rund 3000 Menschen, die vor dem Bahnhof der ungarischen Hauptstadt kampierten, unter schwierigsten Bedingungen. Mehrere hundert Flüchtlinge machten sich am Freitag zu Fuss in Richtung Grenze auf.

Zuvor hatte eine Gruppe junger Männer die vor dem Bahnhof campierenden Asylbewerber aufgefordert, sich diesem Fussmarsch nach Österreich anzuschliessen. Müttern mit kleinen Kindern boten die jungen Männer an, sie beim Tragen der Kleinen zu unterstützen.

«Wenn wir in kleinen Gruppen unterwegs sind, dann schnappt uns die Polizei, aber gemeinsam sind wir stark», sagte ein junger Mann aus dem syrischen Aleppo. Die Polizei, die rund um den Bahnhof keine starke Präsenz zeigte, liess die Gruppe zunächst gewähren.

Züge gestoppt und umgeleitet

Ungarn durchsucht Züge Richtung Westgrenze, um Flüchtlinge an der Weiterreise zu hindern. In der Stadt Bicske - knapp 40 Kilometer westlich von Budapest - verbrachten etwa 500 protestierende Flüchtlinge die Nacht zum Freitag in einem Zug.

Sie wehren sich seit Donnerstagmittag gegen ihren geplanten Transport in ein Flüchtlingslager. Die Einwanderer werfen der ungarischen Regierung vor, sie in eine Falle gelockt zu haben.

Die Mehrheit von ihnen verweigerte am Freitag, Wasser und Essen von den Polizisten anzunehmen, wie Journalisten vor Ort beobachteten. Die Polizei sprach von «passivem Widerstand» seitens der Flüchtlinge.

Ein zweiter Zug mit Flüchtlingen wurde am Donnerstag im Dorf Nagyszentjanos gestoppt. Alle 120 Reisenden wurden in Flüchtlingslager gebracht. Augenzeugen berichteten auch von weiteren Durchsuchungen von Zügen.

Bürger in Österreich wollen helfen

In Österreich sagten bis zum Freitag rund 2000 Menschen im Internet ihre Mitarbeit bei einer Bürgerinitiative zu, um die feststeckenden Flüchtlinge aus Ungarn mit einem Konvoi aus Privatautos abzuholen. Alle Aufrufe an die EU und die politisch Verantwortlichen seien verhallt, «jetzt müssen wir handeln», heisst es in dem Facebook-Aufruf «Konvoi Budapest Wien - Schienenersatzverkehr für Flüchtlinge».

Am Sonntag um 8.30 Uhr sollen die Wagen in Wien starten, Flüchtlinge in Budapest einsammeln und «falls möglich» nach Deutschland weiterbringen.

Das österreichische Innenministerium warnte, dass Hilfe bei illegalen Grenzübertritten mit bis zu 5000 Euro bestraft werden könne. Die Organisatoren der Initiative haben ihrerseits juristischen Beistand zugesagt, sollten die Fahrer von der österreichischen Justiz belangt werden. (sda/dpa)

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