Knochenarbeit in Bonn für Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens

Knochenarbeit in Bonn für Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens

06.11.2017, 08:56

An der heute beginnenden Bonner Klimakonferenz wartet auf die Staatengemeinschaft zwei Wochen Knochenarbeit, damit 2018 ein Regelwerk des Pariser Klima-Abkommens vorliegt.

Vor Paris waren die USA eine der treibenden Kräfte. Dieses Mal müssen die Delegationen ohne US-Motor vorankommen.

Die Bonner Klimakonferenz ist die erste Vertragsstaatenkonferenz (COP) nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, das Pariser Abkommen zu verlassen. Die USA sind aus vertraglichen Gründen aber noch drei Jahre dabei.

Der Chef der Schweizer Verhandlungsdelegation, Botschafter Franz Perrez, hat in den Vorarbeiten für Bonn kein blockierendes Verhalten der USA erkennen können. Sie hätten aber nicht mehr die selbe Rolle inne wie noch vor Paris, als die USA auch China zum Mitmachen bewegen konnten.

Und ein neuer, vergleichbarer «Motor» sei derzeit nicht in Sicht. Weder die EU noch China kämen dafür in Frage, sagt Perrez im Mediengespräch vor der Bonner Konferenz. Damit seien die etwas kleineren Motoren wie die von der Schweiz geleitete Umweltintegritätsgruppe oder die Gruppe der kleinen Inselstaaten gefordert.

Messen und berichten

Die COP23 steht unter der Präsidentschaft der pazifischen Fidschi-Inseln, wird aber aus Kosten- und Platzgründen in Bonn abgehalten, Sitz des Sekretariats des UNO-Klimarats. Hauptziel der Konferenz ist die Arbeit am Regelwerk, mit welchem das Pariser Ziel - eine Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad und wenn möglich auf 1.5 Grad Celsius - umgesetzt werden soll.

Dass die Zeit drängt, zeigen diese Woche veröffentlichte UNO-Zahlen. Die bisherigen Klimaschutzziele (NDC) führten in die Klimakatastrophe, warnte das UNO-Umweltprogramm (UNEP).

Gemäss Verhandlungsfahrplan soll bis nächstes Jahr festgelegt sein, wie die nationalen Klimaschutzziele allgemein gültig gemessen, angerechnet und mitgeteilt werden. Aber schon da gibt es etliche Problemfelder: Nicht alle Länder haben heute das nötige Wissen dazu, nicht alle sind bereit, externen Experten uneingeschränkten Zugang zu ihren Daten anzubieten. Und nicht alle wollen eine internationale Kontrolle.

Die Klimaschutzziele sollten aber gemäss Pariser Vorgaben im Testlauf von 2018 bis 2023 bereits gemessen und kontrolliert werden können. 2023 käme es dann zur ersten globalen Bestandesaufnahme. Zwei Jahre später sollten die Länder ihre Klimaschutzziele erstmals nachbessern.

Talanoa-Dialog

Die globale Überprüfung sollte ab 2023 alle fünf Jahre erfolgen. Dies der im Pariser Abkommen vorgesehene Mechanismus, der von neuen Berichten des Weltklimarats (IPCC) über den Stand des Klimawandels begleitet werden soll.

Für kommendes Jahr soll das Instrumentarium bereit sein, um die Bestandesaufnahme der weltweiten Bemühungen in der Senkung von Treibhausgasen vornehmen zu können. Die Fidschi-Präsidentschaft will dies in Bonn über einen Vertrauen fördernden Ideen-Tausch erreichen.

Dieser nennt sich «Talanoa»-Dialog, ein Fidschi-Brauch zur Konsensfindung. Auf der Pazifikinsel greifen die Teilnehmenden noch zu Kava, einem berauschenden Getränk aus einem Pfeffergewächs. In Bonn müssen sie es aber ohne Kava schaffen.

Entschädigungsfragen

Die Präsidentschaft der vom Klimawandel bereits jetzt direkt betroffenen Fidschi-Inseln nährt bei den Nichtregierungsorganisationen (NGO) Hoffnungen, dass die Diskussion über Entschädigungszahlungen für Schäden und Verluste wegen des Klimawandels neue Impulse erhält.

Ausser direkt betroffenen Entwicklungsländern ist der Widerstand aber gross, einen neuen Fonds zu äufnen, auch von Seiten der Schweiz. Welcher Schaden geht zurück auf den Klimawandel und welcher Schaden auf Menschenhand, etwa Rodung von Schutzwäldern?, umreisst Schweizer Delegationschef Perrez eine der Schwierigkeiten.

Dabei enthält schon der beschlossene Green Climate Fund zur Finanzierung von CO2-Senkungen und Anpassungen an den Klimawandel genug Stoff für Debatten. Ab 2020 soll er jährlich 100 Milliarden Dollar enthalten. Das Ziel sei grundsätzlich erreichbar, glaubt Perrez.

Bis 2018 werde nicht die gesamte Umsetzung des Pariser Abkommens schon ausgehandelt sein, sagt Manuel Graf vom WWF Schweiz im Vorfeld der Konferenz. Bisher sei es um Konzepte gegangen, jetzt kämen konkrete Inhalte dazu. Das Mitglied der Schweizer Delegation ist aber zuversichtlich, dass ein substanzielles Beschlusspaket in einem Jahr an der COP24 im polnischen Katowice vorliegen werde. (sda)

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