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Frühere Schweizer Taliban-Geisel: Schweiz bot 1,25 Millionen Dollar

Frühere Schweizer Taliban-Geisel: Schweiz bot 1,25 Millionen Dollar

19.09.2021, 07:32
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Die Schweiz hat im Fall einer früheren Geiselnahme in Pakistan den Taliban 1.25 Millionen Dollar Lösegeld angeboten. Dies sagte die ehemalige Schweizer Taliban-Geisel Daniela Widmer in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Zu einer Zahlung sei es nicht gekommen. Sie und ihr damaliger Partner hätten schliesslich den Entführern entkommen können.

Es werde bei Entführungen fast immer Lösegeld bezahlt, sagte Widmer zehn Jahre nach ihrer Geiselnahme und kurz bevor ihre Geschichte unter dem Titel «Und morgen seid ihr tot» als Geiseldrama Ende Oktober in die Deutschschweizer Kinos kommt. «Wenn Regierungen das Gegenteil behaupten, ist das ein Witz. Niemand kommt nur durch gute Verhandlungen und einen Händedruck frei.»

epa03145685 Swiss couple Olivier David Och (L) and Daniela Widmer (R) wave upon their arrival at the airport in Islamabad, Pakistan, following their escape from Taliban militants, on 15 March 2012. Th ...
Daniela Widmer mit ihrem Partner Olivier David Och.Bild: EPA

Im Fall von ihr und ihres Begleiters habe das letzte Angebot der Schweiz – eine Woche vor der Flucht – 1.25 Millionen Dollar betragen, die Taliban hätten aber 50 Millionen gewollt. «Da wussten wir, dass die Verhandlungen nie zu einem Ende kommen und uns nichts anderes bleibt, als zu fliehen.»

Das Berner Polizistenpaar war im Juli 2011 auf einer privaten Reise im Nordosten der pakistanischen Provinz Belutschistan entführt worden. Laut offizieller Darstellung gelang beiden nach gut acht Monaten die Flucht, als sie ihr Gefängnis in einem unbewachten Moment verlassen und sich zu einem Stützpunkt der pakistanischen Armee retten konnten.

Zwei Eier und braunes Dreckwasser

Laut dem Schweizer Aussendepartement floss kein Lösegeld. Dennoch entstanden für den Bund erhebliche Kosten. Während der 259 Tage Geiselhaft waren mehrere Beamte ständig mit dem Fall beschäftigt.

Widmer schilderte im Interview erneut ihre Strapazen. «Nachdem sie uns überfallen und zwei Wochen lang über die Berge verschleppt hatten, wir tagsüber in Ziegenställen schlafen und nachts auch durch Sümpfe waten mussten, gab es pro Tag zwei Eier und braunes Dreckwasser.» Sie habe ein halbes Jahr an Durchfall gelitten und ihr Partner habe zweimal Malaria gehabt. Er habe 22 Kilo abgenommen.

Die Ex-Geiseln wurden nach ihrer Rückkehr heftig kritisiert, weil sie sich trotz Warnung selber in Gefahr gebracht hätten. Widmer verteidigte sich, sie hätten sich gut vorbereitet. «Hätten wir von Entführungen gewusst, wären wir niemals da durchgefahren.» Letzten Endes seien immer die Entführer die Täter. (sda)

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73 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gasosio
19.09.2021 08:16registriert Oktober 2015
«Hätten wir von Entführungen gewusst, wären wir niemals da durchgefahren.» - Wie kann man das nicht wissen? Genau davor wurde gewarnt.
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virus.exe
19.09.2021 10:03registriert Januar 2021
«Hätten wir von Entführungen gewusst, wären wir niemals da durchgefahren.»

Klar. Und diese Worte von zwei Polizisten. Echt jetzt?
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Miss Anthrop
19.09.2021 10:01registriert Juni 2018
Ist doch logisch, dass der Bund nicht gross darüber reden will, dass er Lösegeld zahlt. Das wird nur zu mehr Entführungen führen. Dass die zwei jetzt so aus dem Nähkästchen plaudern finde ich ungeheuerlich. Natürlich sind sie nicht die Täter, aber trz ist die Entführung selbstverschuldet. Dass sie immer noch so grosse Töne spucken, zeugt von Dummheit.
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