Flüchtlinge: Erste Festnahmen am Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien

Flüchtlinge: Erste Festnahmen am Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien

15.09.2015, 12:16

An der nun geschlossenen ungarisch-serbischen Grenze haben sich am Dienstagmorgen zahlreiche Flüchtlinge versammelt, die nach Ungarn wollten. Mehrere Flüchtlinge, die den Grenzzaun durchschnitten und die Grenze überquert hatten, wurden festgenommen.

Am Dienstag trat in Ungarn ein Gesetz in Kraft, wonach illegaler Grenzübertritt als Straftat gilt, die mit Haft oder Abschiebung geahndet werden kann. Kommt Sachbeschädigung hinzu, etwa das Durchschneiden des Grenzzauns, erhöht sich das mögliche Strafmass auf fünf Jahre.

Erste Verhaftungen vermeldete das ungarische Staatsfernsehen. 16 Flüchtlinge hätten in der Nacht den nun geschlossenen Zaun an der Grenze zu Serbien in der Nähe von Röszke durchschnitten und die Grenze überquert, hiess es. Eine Polizei-Patrouille habe sie festgenommen.

Versammelte Flüchtlinge

Nach Mitternacht hatten zunächst nur noch wenige Flüchtlinge an Grenzübergängen von Serbien her nach Ungarn einreisen wollen. Am Morgen beobachteten Reporter der Nachrichtenagentur dpa bei Röszke dann aber viele versammelte Flüchtlinge. Nach inoffiziellen Informationen handle es sich um etwa 2000 Menschen.

Es habe Proteststimmung geherrscht. Ungarns Polizei war mit einem grossen Aufgebot präsent. Ungarn rief für zwei südliche Verwaltungsbezirke den Krisenfall aus. Ein Regierungssprecher begründet den Schritt mit dem anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen.

Bis Montag um Mitternacht waren in Ungarn insgesamt 9380 neue Flüchtlinge aus Serbien angekommen, wie die ungarische Polizei mitteilte. Die Zahl ist ein Rekord, sie ist etwa viermal höher als der Tagesdurchschnitt der vergangenen Wochen.

Tausende gelangen nach Österreich

Laut UNO-Flüchtlingshilfswerk reisten am Dienstag 5500 Flüchtlinge von Ungarn aus nach Österreich. «Wir erwarten wieder hohe Zahlen von Flüchtlingen, die am heutigen Tag nach Österreich kommen», sagte eine UNHCR-Sprecherin in Genf. Am Vortag hatte die Organisation einen Rekord-Zustrom von 20'000 Menschen nach Österreich verzeichnet.

Die tschechische Ausländerpolizei griff nach eigenen Angaben nach der am Sonntagabend erfolgten Wiederaufnahme der Grenzkontrollen Deutschlands zu Österreich 81 Flüchtlinge auf. Dies war nur ein leichter Anstieg gegenüber den Tagen zuvor. Tschechien hatte eine grössere Ausweichbewegung der Flüchtlinge erwartet.

De Maizière: «Über Druckmittel reden»

Die EU-Innenminister einigten sich am Montag in Brüssel nicht auf eine Verteilung von 120'000 Flüchtlingen aus Italien, Griechenland und Ungarn auf andere EU-Staaten. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière forderte finanzielle Sanktionen für EU-Staaten, die eine Aufnahme von Flüchtlingen und eine entsprechende Quote ablehnen.

«Wir müssen, glaube ich, über Druckmittel reden», sagte de Maizière am Dienstag im «Morgenmagazin» des ZDF. Er unterstütze den Vorstoss von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, diesen Ländern Mittel aus den Fonds zu kürzen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wies am Dienstag die Aussage allerdings zurück, er habe eine Kürzung von Strukturfonds für osteuropäische Staaten ins Gespräch gebracht. «Der Präsident hat das nie gesagt», erklärte eine Kommissionssprecherin. Dazu gebe es rechtlich auch gar keine Möglichkeit.

UNO warnt vor Versagen

Die UNO warnte die EU am Dienstag vor einem Versagen in der Flüchtlingskrise. Die «chaotische Situation» in Europa erzeuge «enormes Leiden» und «ein schreckliches Bild Europas in der Welt», sagte der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, im EU-Parlament.

Guterres zeigte sich «sehr enttäuscht» über den Ausgang des EU-Innenministertreffens vom Montag. Er forderte auch schnelle Hilfe für Serbien, das nach der Schliessung der Grenze seitens von Ungarn zu einem neuen Brennpunkt in der Flüchtlingskrise werde.

Bootsflüchtlinge ertrunken

Vor der türkischen Küste sind am Dienstag mindestens 22 Bootsflüchtlinge ertrunken, darunter vier Kinder und elf Frauen. Nach Angaben der privaten türkischen Nachrichtenagentur Dogan konnte die türkische Küstenwache 211 Flüchtlinge retten. Das Schiff hatte demnach im türkischen Ferienort Datca abgelegt und war auf dem Weg zur griechischen Insel Kos. (sda/dpa/apa/reu/afp)

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