Die EU-Kommission kommentiert den Gesprächs-Boykott der Schweizer Gewerkschaften nicht. Eine Sprecherin liess am Donnerstag aber durchblicken, dass der Eklat die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen nicht erleichtert.
Es handle sich um einen internen Prozess, der völlig in der Hand der Schweiz sei, sagte Kommissionssprecherin Mina Andreeva vor Journalisten in Brüssel. Die Kommission habe viel Zeit und Mühe in die Verhandlungen investiert und sei bereit, diese weiterzuführen. Ein Abschluss werde aber «nicht einfach» sein.
Zur Bedeutung der flankierenden Massnahmen in den Verhandlung äusserte sich Andreeva nicht. «Für die EU ist es jedoch sehr klar, dass sich jene, die Geschäfte im Binnenmarkt machen wollen, an die Regeln halten müssen», sagte sie.
Am Mittwoch hatte der Gewerkschaftsbund bekannt gegeben, nicht mit dem Bundesrat über allfällige Anpassungen der flankierenden Massnahmen zu sprechen. Der Dachverband Travail.Suisse hatte daraufhin nachgezogen. Die Gewerkschaften befürchten einen Abbau beim Lohnschutz und künftige Einflussnahme der EU in dem Bereich.
Zu den von Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann am Donnerstag anberaumten Gesprächen fanden sich nur die Arbeitgeberseite und die Kantone ein.
Auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA hielten der Arbeitgeber- und Gewerbeverband sowie die Konferenz der Kantonsregierungen fest, die Gespräche seien technischer Natur, die Medien würden nicht informiert. Gleiches verlautete aus dem Departement von Schneider-Ammann.
In den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen über institutionelle Fragen ist die EU der Schweiz in der Frage der Streitschlichtung entgegengekommen. Im Gegenzug erwartet sie unter anderem Zugeständnisse bei den flankierenden Massnahmen. Der Lohnschutz gehört jedoch zu den roten Linien des Bundesrats.
Vorläufig hält die Regierung daran fest. Vor den Sommerferien hatte sie Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann lediglich beauftragt, mit den Sozialpartnern den Spielraum auszuloten. Ohne die Unterstützung der Gewerkschaften stehen die Chancen für ein tragfähiges Verhandlungsergebnis mit der EU jedoch schlecht.
Die Schweiz ist unter Druck. So hat Brüssel zum Beispiel die Schweizer Börsenregulierung nur befristet bis Ende 2018 als gleichwertig anerkannt. Die Anerkennung ist für die Schweizer Börse vital. Ob sie 2019 verlängert wird, macht die EU von den Fortschritten in den Verhandlungen über das Rahmenabkommen abhängig.
Die Kommission beobachte den gesamten politischen Rahmen, insbesondere aber den Verlauf der Verhandlungen, sagte Andreeva. Diese seien schwierig. Im Lauf des nächsten Monats müsse es deutliche Fortschritte geben. (sda)