Brian K. wurde unter dem Pseudonym «Carlos» als Jugendlicher bekannt, der nur mit einem teuren Sondersetting von weiteren Straftaten abgehalten werden konnte. Damals war er ein durchtrainierter Kickboxer. Auf Fotos dieser Zeit perlen Schweisstropfen auf seinem nackten Oberkörper. Heute ist er kaum mehr wiederzuerkennen. Fotos aus dem Gefängnis zeigen einen fülligen Mann mit traurigen Augen.
Doch Brian gilt noch immer als der gefährlichste Gefängnisinsasse der Schweiz. Wenn er in den Spazierhof geführt wird, werden acht Beamte aufgeboten. Sechs davon tragen Kampfmontur: Schild, Helm und Körperprotektoren. Und dies, obwohl Brian an Händen und Füssen gefesselt ist.
Um diese Sondereinsätze zu beenden, hat der Kanton Zürich ein neues Sondersetting installiert. Für 1,85 Millionen Franken hat die Justizvollzugsanstalt Pöschwies einen Spezialtrakt gebaut. Es handelt sich um zwei Zellen, die über Schleusen mit einem eigenen Spazierhof verbunden sind. Die Türen lassen sich ferngesteuert öffnen und schliessen. So soll Brian wie eine Raubkatze vom Innen- ins Aussengehege geführt werden. Die Anlage kostet so viel wie ein Einfamilienhaus, weil sie unzerstörbar sein soll.
Am 27. Oktober bezog Brian die neue Zelle. Kurz nach der Ankunft drehte er durch. Mit blossen Händen schlug er auf die Türen zum Spazierhof ein und beschädigte sie so schwer, dass sie seither nicht mehr benutzt werden können. Brian sitzt nun wieder im «Bunker». So heissen die Isolierzellen der Pöschwies.
Wie ist es möglich, dass die teuerste Gefängniszelle der Schweiz so schnell kaputt geht? Das Zürcher Amt für Justizvollzug geht auf Fragen wie diese nicht ein. Die Möglichkeit zur Stellungnahme nutzt das Amt einzig, um einen Werbespot zu platzieren: «Das Angebot des Spazierhofs für gewaltbereite Insassen ist das einzige dieser Art in der Schweiz. Es ist darum davon auszugehen, dass auch andere Kantone an diesem Angebot interessiert sind.»
Brians Anwalt Thomas Häusermann erklärt, wie es zur Eskalation gekommen ist: «Als Brian in die neue Spezialzelle kam, sah er dort eine Kamera, die alles in der Zelle aufnehmen konnte. Er fühlte sich einmal mehr veräppelt und hintergangen. Entsprechend wütend wurde er.» Dem Anwalt gegenüber hätten die Aufseher später gesagt, dass die Sicht mit einem Vorhang hätte verdeckt werden können. Brian wusste das nicht. Das Grundproblem besteht gemäss Häusermann darin, dass Brian immer noch in der Pöschwies sei. Hier werde er von Aufsehern betreut, die ihn nicht korrekt behandeln würden und die in verschiedene Strafverfahren mit ihm verwickelt seien. Das könne nicht gut gehen.
Sowohl gegen Brian als auch gegen Aufseher laufen Strafverfahren. Brian wurde 2019 erstinstanzlich verurteilt, weil er Personal verprügelt haben soll. Im Frühling 2021 kommt dieser Fall voraussichtlich vor das Obergericht. Ein weiteres ähnliches Verfahren gegen ihn ist hängig. Gleichzeitig hat Brian in zwei Fällen Aufseher angezeigt, die ihn mit Faustschlägen verletzt haben sollen. Im einen Fall hat das Obergericht der Staatsanwaltschaft inzwischen die Ermächtigung für ein Strafverfahren erteilt.
Häusermann sagt: «In dieser aufgeladenen Situation braucht es nicht viel, bis die Emotionen wieder hochgehen.» Sein Klient wolle nur eines: weg von dort, in ein anderes Gefängnis. Das sei die einzige Möglichkeit für einen Neuanfang. Nur so hätte er eine echte Chance.
Brian hat allerdings schon eine Tour durch viele Gefängnisse hinter sich. Mehrfach kam es zu Problemen. Das Interesse anderer Anstalten am Hochrisikohäftling dürfte gering sein. Häusermann sagt: «Wenn sich das Amt für Justizvollzug darum bemühen und ein Wille zur Verbesserung der Situation bestehen würde, könnte man eine Lösung finden. Da bin ich überzeugt.» Im Amt glaubt man allerdings, die Lösung mit dem Spezialtrakt bereits gefunden zu haben.
Brian schreibt für seinen Anwalt ein Tagebuch. Demnach musste er nach dem Duschen den nassen Boden mit seinen Kleidern putzen. Über Stunden habe er danach keine neuen erhalten. Oder sie würden ihm Schweinefleisch servieren, obwohl er dieses ablehne.
Regelmässig kommt nun wieder die Spezialeinheit zum Einsatz, die Brian in den Spazierhof begleitet. An Wochenenden und Feiertagen verzichtet die Pöschwies aber darauf und lässt Brian im «Bunker» sitzen. Dabei besteht ein Menschenrecht auf einen täglichen Spaziergang.
In diesem Fall sieht das Bundesgericht allerdings eine Ausnahme. Mit Urteil vom 17. November erwähnt es die Beschädigung der Spezialzelle und hält fest: «Man kann nicht das Recht auf täglichen Spaziergang fordern und gleichzeitig die behördlichen Vorkehren, die es gewährleisten, hintertreiben.»
Brians Vater sagt: «Wir werden dieses Urteil an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterziehen.»
Seine Opfer beziehen Invalidenrenten.
(Nur so, falls wiedermal jemand dem Stockholmsyndrom erliegen sollte.)
Seine echte Chance hat er schon längst verspielt, als er wahllos Menschen schwer verletzt hat. Es ist jetzt auch nicht so, dass das der erste Knast ist, indem er Probleme macht.
0 Mitleid
Haben wir nicht noch irgendwo einen alten Armeebunker, indem er leben könnte?