Es war der grosse Abend des Lucien Favre. Der Schweizer Coach von Borussia Mönchengladbach kehrte zurück zu seinem alten Verein FC Zürich. Zürich-Fans ist er nicht nur als Titelsammler, sondern auch als Taktiktüftler in Erinnerung geblieben. Manches hat sich bei ihm verändert, doch seine Liebe für das 4-4-2-System in allen Facetten lebt er auch in Deutschland aus.
Urs Meier vertraute auf das erprobte Spielsystem mit Dreierkette, musste aber auf den gesperrten Captain Yassine Chikhaoui verzichten. Zürichs Plan war es, das Zentrum mit einer engen Staffelung zu kontrollieren. Lange Bälle auf Stürmer Etoundi und die aufrückenden Aussenverteidiger sollten für Durchbrüche vor das Gladbacher Tor führen.
In der ersten halben Stunde fuhr Zürich mit dieser Taktik sehr gut. Die 1-2-Stellung im Sturm eignete sich sehr gut, die Kreise von Gladbachs Granit Xhaka einzudämmen. Das zentrale Mittelfeld der Gladbacher wurde vom Zürcher Angriffsdreieck isoliert.
Dieser potentiell clevere Schachzug wurde von Zürich jedoch nicht konsequent genutzt. Ein ganz hohes Pressing wagten sie nicht. So wäre ein Eins-gegen-Eins-Pressing gegen Gladbachs zwei Innenverteidiger und den zurückfallenden Sechser durchaus möglich gewesen. Zürich vertraute aber auf die Verteidigung in der eigenen Hälfte, wodurch die Wege für Konter jedoch wieder grösser wurden. Zu gross war offensichtlich der Respekt vor dem Gladbacher Vertikalspiel.
In der eigenen Hälfte gelang es Zürich, den Gegner aus dem Zentrum zu verdrängen. Die Mitte war dank Doppelsechs und Dreierkette fest verschlossen. Probleme hatte Zürich hingegen in manchen Situationen auf dem Flügel. Defensiv wurde die Dreier- zur Fünferkette. Grundsätzlich agierten sie in der Verteidigung mit einer pendelnden Kette: Der Aussenverteidiger rückte stets heraus, sobald der Ball auf dem Flügel war. Übrig blieb eine Viererkette.
Diese pendelnde Kette funktionierte jedoch nur, wenn die Aussenverteidiger tief standen. Gerade Schönbächler agierte in der Anfangsphase sehr hoch, aber auch Rikan bzw. der früh eingewechselte Rodriguez gingen auf der anderen Seite oft nach vorne. Dies hatte seine Vorteile, wie Schönbächlers Assist zum Führungstreffer bewies.
Der Nachteil war jedoch, dass Gladbach in Umschaltsituationen über die Flügel vors Tor kommen konnte. Ein Verteidiger der Dreierkette musste nun herausrücken, wodurch sich wiederum die Schnittstellen der Abwehrkette öffneten. Gladbachs Angreifer sprinteten in diese Schnittstellen und erarbeitete sich einige Chancen.
Der Ausgleichstreffer zeigte indes ein weiteres Problem der Zürcher: Unter Druck unterlaufen der Abwehr Fehler. Je früher Gladbach störte, umso schwächer wurde der Spielaufbau von Zürich. Gerade nach dem Gegentor konnten sie sich nur mit einem langen Ball befreien – oder aber sie spielten unsägliche Fehlpässe wie vor dem Ausgleich.
Nach der Pause liessen sich die Zürcher nicht mehr ungeordnet erwischen. Sie bauten ihre Verteidigung tiefer auf. Vor allem die Aussenverteidiger rückten nicht mehr so weit auf. Immer häufiger wurde die Dreier- zur Fünferkette, zumal sich das Team mit fortschreitender Spieldauer immer weiter in Richtung eigenes Tor zurückzog.
Dies änderte die Spieldynamik. Gladbach hatte jetzt sehr viel Ballbesitz und musste sich an einer engen Züricher Defensive vorbeikombinieren. Dies gelang ihnen jedoch nur selten. Das Zentrum um Granit Xhaka steuerte wenig Ideen bei, sodass es bei Flügelattacken blieb. Diese waren jedoch ineffizienter als noch vor der Pause, da Zürichs pendelnde Kette durch die tiefe Rolle der Aussenverteidiger nun fast durchgehend geordnet stand. Das enge Zürcher Zentrum wusste Gladbach noch immer nicht zu bespielen.
Die Gäste verbuchten nach der Pause zwar viele Abschlüsse, oft kamen diese aber aus schlechten Positionen oder in arger Bedrängnis zustande. 30 Schüsse gab Gladbach insgesamt ab, mehr als ein Drittel hiervon blockte Zürich – ein Zeichen für die enge Verteidigung an und um den Strafraum. Urs Meier konnte Lucien Favre im Duell der Taktiker zwar nicht bezwingen; immerhin konnte er ihn jedoch mit einer engen Verteidigung ärgern.