All diejenigen, die heute Nacht um 2 Uhr aufgestanden sind, rieben sich wohl nicht nur aus Müdigkeit die Augen, sondern auch aus Überraschung. Da liegt nach dem ersten Lauf im Riesenslalom keine Worley, Shiffrin oder Rebensburg auf Platz 1, sondern Manuela Mölgg, die niemand so wirklich auf der Rechnung hatte.
Die Italienerin gehört auch mit ihren 34 Jahren zweifelsohne noch zu den besten Riesenslalom-Fahrerinnen der Gegenwart, startet deshalb auch in der Topgruppe. Und dennoch traut man Mölgg den Sieg nicht zu – weil sie immer wieder an sich selbst scheitert.
So auch diesmal. Die 34-jährige verbremst ihren zweiten Lauf komplett, verliert 1,18 Sekunden auf Mikaela Shiffrin und wird nur Achte. Statt der Goldmedaille reicht es gerade noch für ein olympisches Diplom. Es ist ironischerweise dennoch ihr bestes Olympia-Resultat.
Seit 2000 gehört Manuela Mölgg zur italienischen Skinationalmannschaft, seit 2002 ist sie im A-Kader. Einen Sieg oder eine Medaille holte sie noch nie, obwohl sie praktisch immer zur Weltspitze gehörte und oft ganz nah am Triumph war.
14 Mal fuhr Manuela Mölgg aufs Weltcup-Podest. Etliche Male führte sie zudem nach dem ersten Lauf, konnte es aber nie ins Ziel bringen. Zuletzt führte sie in diesem Winter zum Saisonauftakt in Sölden, am Ende wurde sie immerhin noch Dritte.
Oftmals war es bei Mölgg aber nicht das eigene Unvermögen, sondern die Hundertstel, die gegen sie entschieden. In Bormio 2008 fehlten ihr 0,07 Sekunden zum Sieg, in La Molina ebenfalls 2008 waren es 0,02 Sekunden und ein Jahr später in Lienz entschieden 0,05 Sekunden zu ihren Ungunsten.
Spätestens seither hat Mölgg das Image der Fahrerin, die einfach nicht gewinnen kann oder soll. Für sie selbst war es irgendwann mental wohl gar nicht mehr möglich, sich den Sieg überhaupt vorstellen zu können. Zu verkrampft trat sie nach guten ersten Läufen jeweils auf.
Während es im Weltcup immerhin regelmässig aufs Podest reichte, blieb ihr dieser Erfolg an Grossanlässen verwehrt. Nahe dran war sie an den Weltmeisterschaften 2009 in Val-d-Isère, als sie nach dem ersten Lauf des Slaloms führte, im zweiten Lauf aber kurz vor dem Ziel ausschied.
Nachdem Mölgg zwischen 2011 und 2016 eine fast sechsjährige Durststrecke ohne Podest überstand, erlebt sie nun ihren zweiten Frühling und ist mit drei Podestplätzen in diesem Winter wieder in der Weltspitze angekommen. Nur eines bleibt gleich wie früher: Manuela Mölgg ist nicht dazu bestimmt, grosse Erfolge zu feiern. (zap)