Unter Aussenminister Ignazio Cassis und seinem Generalsekretär Markus Seiler (beide FDP) wurde ein Willkür-Regime installiert, sagen Insider aus dem Aussendepartement EDA. Gemeint ist notabene die Vergabe der Botschafterposten. Starke und unbequeme Diplomatinnen und Diplomaten, mitunter die fähigsten, würden kaltgestellt oder in die Provinz abgeschoben, sagen Kritiker. Sie sprechen von «Stalinismus» an der EDA-Spitze.
Alarmiert ist auch die Aussenpolitische Kommission (APK) des Nationalrats. In ihrer Sitzung von Mitte Januar muss sich Aussenminister Cassis erklären. APK-Präsidentin Tiana Moser (GLP, ZH) sagt: «Ich habe das Thema Rochaden bereits im Dezember auf die Traktandenliste gesetzt.» Sie begründet: «Die Personalpolitik im Einzelfall ist Sache des EDA. Als zuständige Kommission darf die APK erwarten, dass die Entscheide nach transparenten Kriterien erfolgen und plausibel sind. Die letzten Rochaden haben jedoch Fragen ausgelöst, die nun in der Kommission geklärt werden sollen, und damit die Plausibilität hergestellt werden kann.»
Die höchste Aussenpolitikerin macht deutlich, dass sie sich um die Schweizer Diplomatie sorgt: «Für ein offenes und vernetztes Land wie die Schweiz ist ein optimaler Ressourcenvertretung im Ausland entscheidend», hält sie fest. «Das EDA und die Bundesverwaltung müssen auch für das diplomatische Spitzenpersonal als Arbeitgeber interessant und berechenbar bleiben. Nur so werden wir auch in Zukunft unsere Interessen im Ausland und den internationalen Organisationen vertreten wissen.»
Aufgeschreckt hat die Parlamentarier eine Reihe von unverständlichen Versetzungen. So wird einer der besten Schweizer Diplomaten, Botschafter Alexandre Fasel, in die Provinz nach Kairo versetzt statt an die Schweizer Mission bei der EU. Cassis soll im Bundesrat gesagt haben, Fasel selbst wolle nach Kairo und nicht nach Brüssel, was aber offensichtlich nicht der Wahrheit entsprach.
«Cassis wird überzeugende Antworten liefern müssen», sagt SVP-Aussenpolitiker Roland Büchel (SG) im Hinblick auf die APK-Sitzung vom 19. Januar.
Was Büchel ins Auge stiess, ist die Art, wie das EDA die Rochaden begründete. «Es ist bezeichnend, dass das EDA sagt, ausschlaggebend seien die dienstlichen Bedürfnisse». Er sehe es anders: «Entscheidend ist die ideale Interessenvertretung der Schweiz. Und da braucht es nicht Leute, die auf ihre Pension warten, sondern möglichst viele engagierte Querköpfe. So einer ist etwa Yves Rossier, der macht es richtig gut.» In Moskau liefere er «bemerkenswert gute Arbeit» ab.
Aber der ehemalige Staatssekretär soll nicht etwa auf eine andere wichtige Botschaft versetzt werden. Letzte Station Rossiers vor der Pensionierung soll Riga sein, was als Demütigung gilt. Dafür habe er «kein Verständnis», sagt Büchel.
Zu reden gibt namentlich der ehemalige und höchst umstrittene Geheimdienstchef Seiler, der die Rochaden im EDA laut Insidern entscheidend prägt.
Büchel sagt: «Als Generalsekretär ist er für das Organisatorische zuständig. Das Politische ist Chefsache.» Auch der Antrag an den Bundesrat für die Besetzung der Botschafterstellen gehöre in die Hand des Aussenministers und in diejenige der Staatssekretärin. «Mehr Trennschärfe» um die Rolle des Generalsekretärs verlangt etwa auch Nik Gugger, Aussenpolitiker der EVP aus Zürich.
Wie lange schaut man wohl dieses Mal zu?