Fall Malters: Sohn der verstorbenen Frau zieht Urteil weiter

Fall Malters: Sohn der verstorbenen Frau zieht Urteil weiter

09.10.2017, 18:20

Der Sohn der Rentnerin, die sich während eines Polizeieinsatzes in Malters im März 2016 selbst erschossen hatte, zieht das Urteil des Bezirksgerichts Kriens ans Kantonsgericht weiter. Dies teilte sein Anwalt am Montag auf Anfrage mit.

Die Begründung des Gerichts, das Handeln der Polizei habe unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken des Polizeieinsatzes im Rahmen des ihr zustehenden Handlungsspielraums gehandelt, sei nicht nachvollziehbar, schreibt der Anwalt Oskar Gysler.

Es sei den Beschuldigten bekannt gewesen, dass der Polizeieinsatz mit erheblichen Risiken für das Leben der Verstorbenen verbunden gewesen war, hält Gysler weiter fest.

Der Anwalt ist der Ansicht, dass mehrere, «nicht aussichtslose Handlungsalternativen» bestanden hätten. Beispielsweise das Weiterverhandeln durch die Polizei, die Weiterverhandlung unter Beizug einer Vertrauensperson oder das Gewähren der geforderten Bedenkfrist. Auch in zeitlicher Hinsicht bestand laut dem Anwalt «keine Dringlichkeit». Aus diesen Gründen bezeichnet er den Polizeieinsatz als «nicht verhältnismässig».

«Der im Juni 2017 nach 29 Stunden friedlich beendete Polizeieinsatz in Uster zeigte, dass ein weiteres Zuwarten sehr wohl eine erfolgversprechende Handlungsalternative darstellt», betont der Anwalt.

Ausserordentlicher Staatsanwalt lässt Fall ruhen

Am Freitag hatte der ausserordentliche Staatsanwalt Christoph Rüedi, der den Polizeieinsatz von Malters untersucht und Anklage erhoben hatte, verkündet, dass er den Fall nicht weiterziehe. Zu diesem Schluss kam er nach eingehender Analyse des begründeten Urteils. Die Erwägungen des Gerichts erschienen Rüedi plausibel.

Im März 2016 hatte sich eine 65-jährige Frau während eines Polizeieinsatzes 17 Stunden in der Wohnung ihres Sohnes verschanzt und sich mit Waffengewalt gegen die Aushebung einer Hanfanlage ihres Sohnes gewehrt. Schliesslich stürmte die Polizei die Wohnung. Sie fand die Frau leblos im Badezimmer vor. Sie hatte sich selbst erschossen.

Der Sohn der Verstorbenen, der sich damals in Untersuchungshaft befand, reichte Anzeige gegen die Polizeispitze wegen Amtsmissbrauchs und fahrlässiger Tötung ein. Er warf ihr vor, beim dem Vorfall unverhältnismässig vorgegangen zu sein.

Im Juni dieses Jahres sprach Bezirksgericht Kriens die Luzerner Polizeichefs von Schuld und Strafe frei. Kommandant Adi Achermann und Daniel Bussmann, Chef der Kriminalpolizei, hätten innerhalb des Handlungsspielraumes gehandelt, über den die Polizei verfügen müsse. Sie seien keine unkalkulierbaren Risiken eingegangen, als sie das Haus mit einer Hanf-Anlage stürmten, dies obwohl sich dabei die Rentnerin erschossen hatte, hiess es im Urteil. (sda)

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