Menschen, die sich mit Covid infiziert haben, dies aber nicht durch einen positiven PCR-Test belegen können, sollen neu auch ein Zertifikat erhalten. Und zwar mittels eines serologischen Tests, auch Antikörpertest genannt.
Dies hat der Bundesrat letzte Woche verkündet und den Vorschlag zur Vernehmlassung an die Kantone geschickt. Endgültig entschieden wird nächste Woche am 3. November.
Genaue Zahlen zu nennen ist schwer, da sich das Angebot an ungeimpfte Personen richtet, deren Covid-Erkrankung bisher unentdeckt blieb oder die nach einem positiven Schnelltest zu Hause nicht noch einen PCR-Test zur Absicherung machten.
Genesene, welche dies auch mit einem PCR-Test nachweisen konnten, haben bereits zuvor ein Covid-Zertifikat erhalten. Dessen Gültigkeitsdauer ist im Übrigen verdoppelt worden, von 180 auf 365 Tage.
Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gibt es offiziell knapp 850'000 genesene Personen, welche dies auch nachweisen können. Der Epidemiologe Milo Puhan von der Universität Zürich geht jedoch davon aus, dass die Zahl der tatsächlich Infizierten etwa 2,5- bis 3-mal so gross ist. Also zwischen 2,1 und 2,5 Millionen Menschen.
Theoretisch hätten nun also bis zu 1,7 Millionen Menschen zusätzlich – auch ohne Impfung – Anspruch auf ein Zertifikat, wenn sie sich einem serologischen Test unterziehen. Praktisch dürften aber viele dieser Menschen doppelt geimpft sein und deswegen bereits ein Zertifikat haben.
Serologische Tests untersuchen mittels einer kleinen Blutprobe, meist aus der Fingerkuppe, das Blut auf Antikörper gegen Sars-CoV-2. Antikörper deuten darauf hin, dass entweder eine Infektion oder eine Impfung stattgefunden hat.
Hier gehen die Meinungen stark auseinander. Bislang hat das BAG Antikörpertests als Nachweis einer Infektion abgelehnt, bis heute steht auf der Website, dass serologische Tests «prinzipiell nicht empfohlen werden, da nur begrenzte Informationen über Grad und Dauer des Schutzes vor möglichen Reinfektionen möglich sind».
Die Änderung der Reglung seitens des Bundesrates dürfte ein Entgegenkommen für Ungeimpfte sein. Und mittlerweile dürfte es bei solchen Tests nur noch zu sehr wenigen falsch-positiven Resultaten kommen, da inzwischen genügend Menschen eine Corona-Erkrankung hinter sich haben.
Trotzdem sehen Fachleute das Umschwenken des Bundesrates kritisch. Zum einen, weil die Resultate schwierig zu interpretieren seien. Milde oder gar asymptomatische Covid-Infektionen – und das Gros der bislang nicht entdeckten Erkrankungen dürfte in diese Kategorie fallen – produzieren nur wenige Antikörper. Der Infektionsschutz könnte so unter Umständen sehr niedrig sein. «Ein so schlechter Schutz, wie er bei einer Impfung von niemandem akzeptiert würde», sagte der Immunologe Christian Münz gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Einen Schwellenwert, ab dem ein Antikörpertest akzeptiert wird, gibt es nicht. Der Bund überlässt den Herstellern freie Hand: «Es soll auf die Festlegung eines minimalen Antikörper-titers für die Ausstellung eines Covid-Zertifikates verzichtet werden, da dies aufwendige Verfahren bedingen würde», schreibt er in einem Begleitdokument zur Anhörung der Kantone.
Kommt hinzu, dass es eine Vielzahl an Antikörpertests gibt, die in der Qualität sehr unterschiedlich sind. Das BAG gab allerdings auf Anfrage bekannt, dass nur Tests zugelassen werden, die in von Swissmedic zugelassenen Labors durchgeführt werden.
Das ist noch nicht ganz klar, da der Bundesrat seinen finalen Entscheid erst am 3. November bekannt geben wird. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass man die Tests überall dort durchführen kann, wo man sie auch vorher schon machen konnte. Also hauptsächlich in Apotheken. Vorausgesetzt natürlich, die jeweiligen Labore der Anbieter sind von Swissmedic zugelassen. Was jetzt jedoch schon klar ist: Schnelltests, auch als Lateral-Flow-Tests bekannt, werden nicht anerkannt werden.
Der Bund rechnet mit rund 70 Franken pro Test. Den tatsächlichen Preis werden die Anbieter allerdings selbst festlegen. Momentan sind online Angebote für serologische Tests für 50 bis 100 Franken zu finden.
90 Tage. Wie genau der Bundesrat auf diesen relativ kurzen Zeitraum kommt, hat er bei der Präsentation der Idee nicht ausgeführt.
Ein Grund dafür dürfte sein, dass serologische Tests keine Angabe zum genauen Zeitpunkt einer allfälligen Infektion machen. Die Ansteckung könnte also auch 10 Monate her sein. Somit ergibt es Sinn, dass man sich alle drei Monate neu testen lassen muss, um zu kontrollieren, ob immer noch genügend Antikörper vorhanden sind. Für frisch Genesene wird das Zertifikat ebenfalls nur für einen Zeitraum von einem Jahr ausgestellt.
Das heisst also, dass man sich nach Ablauf der drei Monate erneut testen lassen und ein Zertifikat für weitere 90 Tage erhalten kann. Dies ist aber dementsprechend mit Kosten für einen weiteren Test verbunden.
Nein. In der EU wird das Antikörperzertifikat nicht akzeptiert. Es ist also nur für den Zugang zu Schweizer Restaurants, Konzerten und Co. zu gebrauchen. Wer damit auch reisen will, kann sich einmal impfen lassen. Genese erhalten mit lediglich einer Impfdosis ein EU-weit gültiges Covid-Zertifikat für ein Jahr.