Am Montag war in New York Prozessauftakt gegen den ehemaligen Hollywood-Filmproduzenten Harvey Weinstein. Dem 67-Jährigen werden sexuelle Übergriffe auf zwei Frauen vorgeworfen. Der Fall Weinstein war Auslöser für die Erstarkung der #MeToo-Bewegung, die Frauen dazu ermutigt, ihre Erfahrungen sexueller Übergriffe unter dem Hashtag zu teilen.
Über die Machenschaften von Harvey Weinstein wusste eigentlich viele Personen in Hollywood bescheid, doch der Filmmogul war dermassen mächtig und die Schauspieler, Regisseure und Agenten so abhängig von ihm, dass sich niemand traute, die Wahrheit auszusprechen. Mit den öffentlichen Anschuldigungen gegen Weinstein und dem Aufwind der #MeToo-Bewegung änderte sich in diesem Bezug einiges in der US-Traumfabrik Hollywood.
Wie die deutsche Schauspielerin Karola Raimond gegenüber «SRF» sagt, gibt es «ein neues Bewusstsein in der Filmindustrie». So sei es mittlerweile möglich, sexuelle Belästigung anzusprechen – vor wenigen Jahren war dies noch undenkbar. Nachdem der Weinstein-Skandal 2017 von der «New York Times» öffentlich gemacht wurde, begannen Jahre der Aufarbeitung krasses Missstände. Scheinbar mit Erfolg, wie Raimond bemerkt: «Als Schauspielerin hast du das Gefühl, dass du mehr Schutz hast.»
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— Karola Raimond (@KarolaRaimond) October 20, 2018
Bei Verdacht auf sexuelle Übergriffe fackeln manche Studios nicht lange. Unlängst entschieden sich die Macher des quasi schon fertig produzierten Films «All the Money in the World» dazu, alle Szenen mit dem Schauspieler Kevin Spacey mit einem anderen Schauspieler nochmals neu zu drehen. Spacey wurde im Vorfeld von mehreren Männern sexuelle Belästigung vorgeworfen.
Auch Woody Allens neuester Streich, «A Rainy Day in New York», wird seit Monaten nicht veröffentlicht, weil dem Regisseur von der eigenen Adoptivtochter sexueller Missbrauch vorgeworfen wird. Allen weist jegliche Anschuldigungen von sich.
Die Hollywood-Studios nehmen die Sache sehr ernst, wie auch das Aufkommen von sogenannten «Intimacy Directors» zeigt. Diese werden am Set bei intimen Szenen mit Körperkontakt gebraucht: Sie stellen sicher, dass für alle Beteiligten keine Grenzen überschritten werden. Früher wurden solche Szenen gedreht, ohne im voraus die Schauspieler abzuholen, wie Intimacy Director Marcus Watson gegenüber «SRF» bestätigt:
Die Angst vor Anschuldigungen ist bei männlichen Produzenten und Regisseuren spürbar, meint Raimond. Viele trauen sich nicht mehr, sich alleine mit Nachwuchs-Schauspielerinnen zu treffen. Der Verdacht alleine reicht nämlich oftmals aus, um den Ruf zu zerstören. Gemäss Raimond gibt es jedoch auch kritische Stimmen:
Auch rechtlich ist die Lage für die Schauspielerinnen verbessert worden. Sogenannte Verschwiegenheitsklauseln werden in gewissen Bundesstaaten bei Vorwürfen sexueller Belästigung eingeschränkt. Früher waren solche Verträge das Frei-Ticket für Täter wie Weinstein, da sexuelle Übergriffe dadurch geheimgehalten wurden. Brenda Guttierez, eine der Pioniere der #MeToo-Bewegung zeigt sich erfreut über die Entwicklung in Hollywood: «Vieles ist definitiv besser geworden. Übergriffe werden nicht mehr verschwiegen. Natürlich kann vieles noch besser werden. Aber es braucht Zeit, jahrzehntealte Missstände auszumerzen.»
(mim)
👏🏽👏🏽👏🏽 Well done, well done.