Seit mehr als zwei Jahren moderiert Jonas Projer nun bereits die «Arena». Der junge Journalist wurde dabei stets als eloquent, schlagfertig und humorvoll wahrgenommen. Und vor allem war er trotz der hitzigen Diskussionen immer neutral.
Doch genau bei diesem letzten Punkt stösst Projer nun an seine Grenzen. Der Grund: Donald Trump.
Ganz zum Schluss der gestrigen «Arena»-Sendung mit dem Thema «Ernstfall Trump» stellte Projer folgende Grundsatzfragen: «Soll die ‹Arena› neutral bleiben, wenn es um Folter geht? Soll die ‹Arena› neutral bleiben, wenn ernsthaft darüber diskutiert wird, ob Menschen weniger Rechte haben sollen, nur weil sie Juden oder Muslime sind?»
Grosse Fragen für eine Sendung, die sich Neutralität bis jetzt immer gross auf die Fahne schrieb. Doch Projer scheute nicht vor einer klaren Antwort zurück und sagte klar und deutlich:
«Die ‹Arena› darf da nicht neutral bleiben, und ich als Journalist kann da nicht neutral bleiben.»
Doch wie gesagt, diese Frage stellte Projer erst ganz am Ende der gestrigen Sendung, zuvor moderierte der SRF-Mann im gewohnten Stil. Neutral also.
Ganz fair hingegen war das Setting nicht. Denn mit James Foley, Sprecher der Republicans Overseas Switzerland, war nur einer der vier Gäste auf der Seite Trumps. Mit Micheline Calmy-Rey, Klaus Wellershof, dem ehemaligen Chefökonomen der UBS, und dem irakisch-schweizerischen Filmemacher Samir standen dem bemitleidenswerten US-Amerikaner gleich drei redegewandte Kontrahenten gegenüber.
Vielleicht liess sich ja einfach niemand mehr finden, der für Trump ins Wortgefecht stieg. AfD-Gauland war ja schon zu Gast, SVP-Hardliner Andreas Glarner hatten wir gerade und selbst Christoph Blocher distanzierte sich diese Woche in vielen Punkten von Donald Trump.
Angesichts der misslichen Lage, in der sich Foley befand, schaffte er es immerhin, nicht komplett unterzugehen. Kritisiert wurde von den anderen drei Gästen vor allem das Einreiseverbot, das Donald Trump eingeführt hatte. Zur Verteidigung fuhr Foley dabei eine ähnliche Linie wie die Presseverantwortlichen im Weissen Haus.
Das Einreiseverbot sei nicht diskriminierend, da es nicht Muslime betreffe, sondern Länder, so Foley. Und sowieso, die Liste stamme ja aus der Obama-Administration. Zudem versuchte er dem Fernsehpublikum klar zu machen, dass die Schweiz eigentlich auch nicht so anders als die USA sei. «Ich wohne in Genf und der Röschtigraben ist sehr, sehr tief.»
Doch mit dieser Aussage sollte Foley nicht zum einzigen Mal an diesem Abend seinen Meister finden. Und zwar in der Person von Klaus Wellershof. Dieser konterte auf den Röschtigraben-Vorwurf sofort: «Na und, willst du ihn jetzt noch tiefer machen?» Worauf sich das Argument des Republikaners sofort in Luft auflöste.
Als Foley von den guten alten Zeiten zu fabulieren begann, damals als Amerika noch «great» war, war es wiederum Wellershof, der den Nostalgiker auf den Boden der Realität holte:
«Schauen Sie sich doch mal die alten Filme aus den 50er- und 60er-Jahren aus Amerika an. So wie da die Schönen und Reichen gewohnt haben, wohnen heute die untersten 20 Prozent der Amerikaner.»
Eine Diskussion auf Augenhöhe lieferte sich Wellershof mit Micheline Calmy-Rey. Die alt Bundesrätin ermahnte den Ökonomen, dass die Globalisierung unbedingt stark begleitet werden müsse. Wenn keine Massnahmen für die Schwächsten ergriffen würden, bereite dies den Boden für Populismus vor.
Wirklich beunruhigt wirkte Calmy-Rey, als es um das Einreiseverbot ging. «Morgen was? Juden-Bann? Katholiken-Bann?» Es gebe immer mehr autokratische Regierungen und diese Leute würden nichts mehr anderes sehen als ihre Macht, so Calmy-Rey. «Ich bin wirklich in Sorge.»
Der nachhallendste Beitrag zum Thema Einreiseverbot stammte dann jedoch von Dariyusch Pour Mohsen. Einem iranischen Studenten, der im Publikum sass. Auch sein Herkunftsland gehört zu den sieben betroffenen Ländern.
Innerhalb von nur 40 Sekunden brachte der BWL-Student die Absurdität des Dekrets auf den Punkt. «Wann war zum letzten Mal ein iranischer Terrorist in Europa oder in den USA?» Einen «Terror-Hotspot Iran» gebe es einfach nicht. Und wenn schon müsste man dann zum Beispiel Saudi-Arabien auch auf die Liste nehmen. Aber mit denen würden die USA halt Geschäfte machen, und mit dem Iran nicht.
Mit dem schweizerisch-irakischen Filmemacher Samir war noch ein weiterer «Direktbetroffener» im Studio. Mit grossem Eifer versuchte er den Gästen klar zu machen, dass der Erlass von Trump diskriminierend sei. «Hier haben wir einen rassistischen Hintergrund, deswegen sagen die Leute in der Welt, ‹das ist nicht okay›.»
Man merkte es Samir an: Er fühlt sich durch Trumps Dekret persönlich angegriffen. Gleichwohl lieferte er wortgewandt sachliche Argumente ab.
Als es aber kurz um die Einbürgerungs-Initiative ging, wurde er etwas zu persönlich und schweifte ab: «Bis ich eingebürgert wurde, gab es keinen Unterschied zu mir und meinen Schulkollegen. Ich kannte mich sogar noch besser aus in der Schule, was die Schweiz anbelangt. Schweizer Geschichte, Geografie, alles ...»
Dieser Exkurs in Samirs Kindheit war Projer dann doch etwas zu viel, welcher aus der Situation das Beste machte und charmant wieder die Kontrolle über die Diskussion übernahm. «Samir, wenn Sie auf einem Filmset sind, wer ist dann der Chef?», fragte Projer. Samir resignierte lächelnd: «Auf Ihrem Filmset natürlich Sie.»
Für Projer viel einfacher zu handeln war da Klaus Wellershof. Der Deutsche entwickelte sich während der Sendung mit seiner ruhigen Art gar zu einer Art Hilfsmoderator für Projer.
Schon zu Beginn der Sendung versuchte Wellershof, die Diskussion in eine konstruktive Richtung zu führen. «Es hilft doch nichts, darüber zu diskutieren, ob Trump rassistisch ist.» Die Meinungen seien da sowieso schon gemacht, meinte Wellershof. Er würde das Einreiseverbot gerne unter einem anderen Aspekt ansehen: «Nutzt es denn überhaupt dem Ziel, Amerika wieder gross zu machen?»
Auch in Sachen Charme stand der Ökonom dem Moderator in nichts nach. Als Calmy-Rey in Richtung Personenfreizügigkeit abschweifte, versuchte Wellershof, sie ganz sachte wieder zurück zum Thema zu holen. «Ich glaube, Sie führen uns auf ein schiefes Gleis, Frau Bundesrätin.»
Als Calmy-Rey aber dennoch weiter ausführen wollte, liess Wellershof sie gewähren. «Ich habe so viel Respekt vor Ihnen, ich getraue mich einfach nicht, Sie zu unterbrechen.» Dies wiederum beeindruckte Projer so sehr, dass er sagte: «Das haben Sie jetzt sehr charmant gemacht, Herr Wellershof!»
Sollte es dereinst wieder einmal eine «Arena»-Sendung zum Thema Trump geben und Projer würde auch mal gerne auf den Tisch hauen – wir hätten da einen Vorschlag: Wie wär's mit einem einmaligen Rollentausch, Herr Projer und Herr Wellershof?