Ein Erfolgsgeheimnis unserer Hockeykultur ist die Einheit von Verband und Klubs, von Profis und Amateuren. Seit der Verbandsgründung (1908) hat es viele Auseinandersetzungen und Richtungskämpfe gegeben. Aber immer ist es gelungen einen Kompromiss, eine gute gemeinsame Lösung zu finden und die Einheit zu wahren. Damit ist es jetzt vorbei. Unter dem «Apparatschik» Michael Rindlisbacher, dem führungsschwächsten Verbands-Obmann seit 1908, zerfällt unser Hockey wie einst die Sowjetunion unter Michail Gorbatschow in die Einzelteile. Michael Rindlisbacher wird als Michail Gorbatschow unseres Hockeys in die Geschichte eingehen.
Die National League hat sich durch die Gründung einer AG bereits juristisch selbständig gemacht. Nun hat die Swiss League mit dem ehemaligen TV-General Jean Brogle auch einen Präsidenten gefunden und steht vor der Gründung einer eigenständigen AG. Unser Hockey besteht künftig aus den drei Teilen Verband (mit Nationalmannschaften und Junioren-Hockey), National League (die höchste Liga) und Swiss League (die zweithöchste Liga). Nicht einmal mehr das Profihockey mit den nächsten beiden Ligen bildet also eine Einheit. Die neue Ordnung gilt ab der Saison 2022/23.
Unser Hockey wird also künftig drei Präsidenten – Michael Rindlisbacher (Verband), Matthias Berner (National League), Jean Brogle (Swiss League) – drei Verwaltungsräte, drei Geschäftsführer und drei Büros haben. Statt eine Konzentration der Kräfte eine «Veradministratisierung». Grössere Kosten. Weniger Klarheit.
Der Auslöser der ganzen Entwicklung ist die Ausschreibung der TV- und Vermarktungsrechte, die unserem Hockey aktuell pro Jahr rund 35 Millionen Franken einbringen. Bisher hat der Verband diese Rechte verkauft und dann das Geld an die einzelnen Abteilungen verteilt. Nun wollen die Klubs der National League dieses Geld im neuen Vertrag (ab Saison 2022/23) in ihren Kassen haben. Weil eigentlich nur die TV- und Vermarktungs-Rechte der National League einen Wert haben.
Die Rechte des Verbandes (für Länderspiele, aber nicht für die WM) und der Swiss League haben vergleichsweise nur einen geringen, höchstens tiefen einstelligen Millionenwert. Der Mittelzufluss des Verbandes von heute 66 Millionen im Jahr wird ab der Saison 2022/23 auf weniger als 30 Millionen zusammenschrumpfen. Es wird ab diesem Zeitpunkt am Verbandshauptsitz im «Versailles unseres Hockeys» nicht mehr möglich sein, weiterhin pro Jahr sage und schreibe 14 Millionen für die Bediensteten auszugeben.
Mit der Zusage von Jean Brogle, das Präsidium der Swiss League zu übernehmen, ist nun die Spaltung des Profi-Hockeys da. Sven Leuenberger, der charismatische Sportchef der ZSC Lions und auch mit dem Farmteam GCK Lions in der Swiss League mit den Strukturen bestens vertraut, bringt den Weg in die Selbständigkeit der Swiss League auf den Punkt: «Es ist eine furchtbare Dummheit.» Er meint damit die durch die Trennung der beiden höchsten Ligen provozierten wirtschaftlichen und sportlichen Schwierigkeiten in unserem Profi-Hockey.
Die National League wird ihre TV-Rechte gut verkaufen können. Unsere Hockey-Meisterschaft ist ein gutes Produkt der Unterhaltungs-Industrie. Der Verband wird hingegen in arge Finanznot geraten und die Swiss League wird die vier Millionen, die sie jetzt aus dem Gesamttopf der TV- und Vermarktungsrechte bekommt, als eigenständige Liga auf dem TV- und Werbemarkt nicht hereinholen können.
Auch Jean Brogle wird bei der Vermarktung der Swiss League an seine Grenzen stossen. Der Rechtsanwalt (Rechtskonsulent Sports, Media & Business-Affairs) hat zwar reiche Erfahrung im TV-Geschäft. Er war bei unserem staatstragenden Fernsehen an der Seite von Sportchef Urs Leutert der Mann, der bei den Rechte-Verhandlungen die juristischen Fäden zog. Er galt als möglicher Thronfolger, aber Roland Mägerle ist Nachfolger von Urs Leutert geworden. Aber auch Brogle kann die Swiss League nicht als Konkurrenz zur National League im Markt positionieren.
Die Swiss League hat zwar gute Ideen, die sie in einem umfangreichen Strategiepapier festgehalten hat. Die National League plant ab der Saison 2022/23 eine Revolution bei der Ausländerregelung: ab diesem Zeitpunkt gilt: 12 der 22 Mann auf dem Matchblatt müssen Schweizer sein. Es werden also 10 Ausländer zugelassen. Im Gegenzug wird der Status des Lizenz-Schweizers (Ausländer mit Schweizer Lizenz) abgeschafft.
Die Swiss League sieht sich ab 2022/23 als eidgenössische Alternative zur ausländerdominierten National League und getreu ihrem Namen als Liga der Schweizer. Weiterhin nur mit zwei Ausländern, aber mit Lizenz-Schweizern. Und mit der Möglichkeit, Teams wie Basel oder Arosa oder sogar ausländische Teams in die Liga aufzunehmen. Aber drei Probleme sind nicht gelöst:
Vernünftige Kreise mahnen, die National League und die Swiss League sollten alle Dienstleistungen (Schiedsrichter, Rechtswesen, Spielplangestaltung, Junioren-Meisterschaft) durch einen Zusammenarbeitsvertrag regeln.
In eine zentrale Position rückt nun Nationaltrainer Patrick Fischer. Er hat auf Verbandsebene als einziger das Charisma, um wenigstens die Interessen der Nationalmannschaft gegenüber den Klubs zu wahren. Auch auf die Nationalmannschaft kommen harte Zeiten zu: ein neuer Hauptsponsor ist noch nicht gefunden, es fehlt mehr als eine Million Franken. Und die Klubs der National League wollen die Nationalmannschaftspausen im November, Dezember und Februar ab 2022/23 streichen.
Krisen bieten immer auch Chancen für tiefgreifende Veränderungen. Das Schweizer Eishockey nützt die Krise zu Veränderungen. Aber es sind Veränderungen, die unser Hockey um Jahre zurückwerfen können.
Diese Dreiteilung Verband/National League/Swiss League wird nicht funktionieren. Es ist so, wie es Sven Leuenberger sagt: eine furchtbare Dummheit. Im nächsten Frühjahr gibt René Fasel das Präsidium des Hockey-Weltverbandes IIHF nach 27 Jahren auf. Genau im richtigen Moment, um als «Elder Statesman» heimzukommen, unsere Hockey-Generäle wieder zur Vernunft zu bringen und unser Hockey wieder zu einigen. Sozusagen als Krönung seiner unvergleichlichen, grandiosen Karriere.
Was geschieht mit der MySportsLeague?
Das mit NLA und NLB hat ja lange gut funktioniert. Wieso will man unbedingt das amerikanische Modell kopieren?