Wissen
Astronomie

Raumsonde «Rosetta» erreicht heute ihren Zielkometen

Illustration einer kosmischen Begegnung: «Rosetta» nähert sich dem Kometen «Chury». 
Illustration einer kosmischen Begegnung: «Rosetta» nähert sich dem Kometen «Chury». Bild: EPA/ESA
Nach zehn Jahren und sechs Milliarden Kilometern

Raumsonde «Rosetta» erreicht heute ihren Zielkometen

06.08.2014, 11:4506.08.2014, 14:24
Mehr «Wissen»

Die Raumsonde «Rosetta» hat nach rund sechs Milliarden Kilometern die Umlaufbahn des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko (kurz «Chury») erreicht. Heute nähert sie sich ihrem Ziel auf 100 Kilometer. Nach zehn Jahren Reise wird sie bald mit dem von der Universität Bern entwickelten Instrument «Rosina» die ersten Moleküle aus dem Gasschweif des Kometen «riechen» können, wie die Hochschule am Mittwoch mitteilte

«Wir haben die Umlaufbahn des Kometen Chury um die Sonne erreicht.»
Kathrin Altwegg, CSH

«Wir haben die Umlaufbahn des Kometen Chury um die Sonne erreicht», zitiert die Mitteilung Kathrin Altwegg vom Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern, das «Rosina» entwickelt hat. Das Instrument besteht aus zwei Massenspektrometern und einem Drucksensor. Es soll unter anderem die Frage beantworten, ob Kometen Wasser und organische Moleküle – die Grundbausteine des Lebens – auf die Erde gebracht haben. 

Kometen sind Überbleibsel aus der Urzeit des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren. Sie bestehen aus dem gleichen Material, aus dem vermutlich auch Sonne und Erde «gewachsen» sind. 

«Mit grosser Wahrscheinlichkeit können wir spätestens Mitte August die ersten kometären Moleküle messen.»
Annette Jäckel, CSH
Die Annäherung der Raumsonde an den Kometen.Video: Youtube/VideoFromSpace

Landeplatz ohne Krater

«Rosina» (der Rosetta Orbiter Spektrometer für Ionen- und Neutralgas-Analyse) hat bereits auf der Reise zum Kometen Messungen vorgenommen und funktioniert laut seinen Betreuern gut. «Mit grosser Wahrscheinlichkeit können wir spätestens Mitte August die ersten kometären Moleküle messen», erklärt Annette Jäckel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am «Rosina»-Projekt. 

Auf der Umlaufbahn des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko wird «Rosetta» abgebremst. In Relation zum Kometen sei sie dann nur noch im langsamen Schritttempo unterwegs, erklärte Jäckel. Erst nähert sich «Rosetta» dem Kometen auf 100 Kilometer, dann bis auf 30 Kilometer. Als erstes muss «Rosetta» einen Landeplatz für das Landemodul «Philae» finden, das im November auf dem Kometen aufsetzen wird – ein Manöver, das erstmals überhaupt versucht wird. 

Damit die Landeeinheit stehen bleibt, sollen zwei Harpunen in den Boden des Kometen geschossen werden. Der Landeplatz soll auf der Sonnenseite liegen und nicht zu viele Löcher oder Steine und keine Krater haben. «Auch nicht zu viel Gas, damit das Landemodul nicht weggeblasen wird», erklärte Jäckel. Das zu prüfen sei wiederum eine Aufgabe für «Rosina». 

Schnabellose Gummiente

Das Instrument hat die Zürcher Firma RUAG Space gebaut. Sie hat auch einen speziellen «Schlafsack» der «Rosetta», den Zentralcomputer für den Weckruf sowie eine Hochleistungsantenne für «Rosetta» beigesteuert, wie das Unternehmen mitteilte. Für Aufregung sorgten bereits die ersten Bilder der – ebenfalls mit Berner Beteiligung entwickelten – Kamera «Osiris», die aus 12'000 Kilometern Abstand gemacht wurden. Der Komet ähnelt nicht wie erwartet einer Kartoffel, sondern eher einer schnabellosen Gummiente. 

Der Komet, der aussieht wie eine Gummiente: 67P/Tschurjumow-Gerassimenko aus einer Distanz von 1000 km, von OSIRIS fotografiert. 
Der Komet, der aussieht wie eine Gummiente: 67P/Tschurjumow-Gerassimenko aus einer Distanz von 1000 km, von OSIRIS fotografiert. Bild: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team 

In den nächsten Wochen und Monaten muss das Berner Team die Messungen von «Rosina» vorbereiten und die bereits erhaltenen Daten auswerten. «Rosina» misst die molekulare Zusammensetzung der Gasschicht um den Kometenkern sowie die Temperatur und Geschwindigkeit des Gases. 

Rosetta Live
Auf der Rosetta-Website der ESA gibt es einen Livestream mit Nachrichten und Hintergrundberichten zum Rendezvous der Raumsonde mit 67P/Tschurjumow-Gerassimenko. 

Mehr zum Thema

Premieren und Superlative

Das gut eine Milliarde Euro teure «Rosetta»-Projekt steckt voller Premieren und Superlative: Nie zuvor erhielt eine Raumsonde in so grosser Sonnenentfernung Energie von Solarzellen. Nie zuvor schwenkte eine Sonde auf eine Umlaufbahn um einen Kometen ein. Und noch nie wurde ein Forschungsmodul auf einem Kometen abgesetzt.  

Gestartet war «Rosetta» am 2. März 2004. Sie wurde für 957 Tage in Tiefschlaf versetzt, um Energie zu sparen. Nach dem Weckruf am 20. Januar 2014 fuhr das System hoch – zur Freude der Forscher ohne grössere Probleme. Im November wird die Sonde etwa 480 Millionen Kilometer von der Erde entfernt sein. Sie wird dann insgesamt mehr als 6,4 Milliarden Kilometer zurückgelegt haben. Auf dem Rücken des Kometen soll «Philae» begleitet von «Rosetta» Richtung Sonne fliegen. Bis August 2015 wird sich das Dreiergespann dem Feuerball auf 195 Millionen Kilometer nähern – mit Teleskopen ist der Komet dann auch von der Erde aus zu sehen. (dhr/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!

Liebe Huberquizzer

Zur Story