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Public Enemy sind zurück mit klarer Botschaft: «Vote this joke out!»

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Auftritt am 1. März 2020 von «Public Enemy Radio», ohne Flavor Flav. Nun ist er wieder an Bord.Bild: EPA
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Public Enemy sind zurück mit einer klaren Botschaft: «Wählt diesen Witz ab!»

Diese Woche kommt das neue Album von Public Enemy heraus. Darauf zu hören sind die (verbleibenden) Beastie Boys, Nas, Run-DMC und Cypress Hill.
23.09.2020, 16:4224.09.2020, 06:28
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Public Enemy verankerten Ende der 1980er-Jahre optisch und inhaltlich politische Militanz im Hip-Hop. Auch auf ihrem neuen Album sind die Reime und Beats der schwarzen US-Amerikaner vor allem eines: kompromisslos.

Auf Konfrontation

Public Enemy, das ist die Rap-Truppe, die als erste Formation ohne Rücksicht auf Verluste auf Konfrontationskurs mit dem weissen Amerika ging – und mit ihrer Attitüde viele weisse Teenager, die eher dem Rock oder Metal anhingen, begeisterte.

Rapper Chuck D und Flavor Flav spielten zu Zeiten der konservativen US-Präsidenten Ronald Reagan und George Bush senior gezielt mit weissen Ängsten: Bodyguards in Militäruniformen sorgten für militante Bühnenauftritte, die an die radikale Black-Panther-Bewegung erinnerten. Eines ihrer frühen Alben hiess «Fear of a Black Planet».

An diesen Konfrontationskurs knüpfen Public Enemy mit ihrem 15. Album «What You Gonna Do When The Grid Goes Down» an. Sie stellen die grundsätzliche Frage, was denn ihre Landsleute tun würden, wenn sie in einem post-apokalyptischen Szenario auf Elektrizität und alle damit verbundenen Annehmlichkeiten verzichten müssten.

Lautstärke aufdrehen!
«Fight The Power» (2020 Remix)

Auf dem Track «GRID» mit minimalistischem Beat rappt Chuck D:

«Wir sind alle abhängige Männer, Frauen und Kinder /
Kein Internet, keine Textnachricht, keine Tweets /
Wird wie die 80er aussehen, mit Feinden auf der Strasse.»

Und in Anspielung auf aktuelle Ereignisse wie zuletzt den Tod des Afroamerikaners George Floyd:

«Mehr Polizeigewalt, aber keine Posts von Leuten, die es filmten.»

An die Adresse rassistisch-gewalttätiger US-Polizisten haben die Rapper denn auch eine klare Botschaft:

«Stay Away from me»

Public Enemy lassen auf dem Track «State of the Union (STFU)» keinen Zweifel daran, wer für sie der Hauptfeind ist. Sie gehen hart mit US-Präsident Donald Trump ins Gericht: Wahlweise wird er als «white house killer» und «nazi gestapo» tituliert. Sie fordern ihre Hörer auf: «Vote this joke out» – sie sollen diesen schlechten Scherz eines Präsidenten abwählen.

Fight the Power

Einer der prominentesten Tracks, den Public Enemy ursprünglich 1989 im Auftrag des Regisseurs Spike Lee als Soundtrack zu dessen Film «Do the Right Thing» schrieben, entwickelte sich zu ihrem Schlachtruf: «Fight the Power».

Für das neue Album haben sie ihn neu aufgenommen und vorab als Single «Fight the Power 2020» ausgekoppelt – mit einer illustren Runde von Gastrappern, darunter Nas und Black Thought von den Roots.

Das Original von 1989

Eine Retrospektive ist auch der Titel «Public Enemy Number Won», der die beiden verbliebenen Beastie Boys, Mike D und Ad Rock, beteiligt. Es ist eine Art Remix des fast gleichnamigen Titels «Public Enemy No. 1» von Public Enemys Debütalbum von 1987, dem Jahr, in dem sie als Vorband der Beastie Boys auf Tour gingen.

Aktueller denn je

Mit «The Grid Goes Down» bleiben Public Enemy sich auch nach über 30 Jahren im Rap-Geschäft treu. Musikalisch ist es ein Album für all jene, die gerne auf weichere R'n'B-Einflüsse im Hip-Hop verzichten. Für die alte Garde der Fans lassen sie die Zeiten wiederaufleben, als der Rap erstmals mit aller Wucht zum militanten Sprachrohr des Klassenkampfes wurde.

Traurig ist dabei, dass sich in den vergangenen 30 Jahren, seit sie das schwarze Amerika und alle, die es hören wollten, dazu aufforderten, sich den Mächtigen in den Weg zu stellen, um für Gleichberechtigung zu kämpfen, nicht viel geändert hat. Doch das heisst auch, dass Public Enemys Botschaft angesichts der heiklen politischen Lage in den USA nach wie vor relevant ist.

Flavor und Chuck hatten die Hip-Hop-Formation 1982 gemeinsam mit Terminator X, Professor Griff und The S1W gegründet. Alle anderen Mitglieder traten früher oder später aus der Band aus. Nur Chuck D. und Flavor Flav blieben.

FILE - This Nov. 20, 2014 file photo shows rapper Flavor Flav, whose real name is William Jonathan Drayton Jr., at the 15th annual Latin Grammy Awards in Las Vegas. Police in Las Vegas say Ugandi Howa ...
William Jonathan Drayton Jr., Künstlername: Flavor Flav. Markenzeichen: Küchenuhr um den Hals.archivBild: ap

Bis es im März 2020 angeblich zum Zerwürfnis kam wegen eines Auftritts im US-Wahlkampf: Flavor Flav wollte nicht, dass Bernie Sanders für seine politische Kundgebung in Los Angeles mit der Teilnahme von Public Enemy werben dürfe und übergab die Angelegenheit einem Anwalt. Chuck D habe sich daraufhin von seinem Bandkollegen getrennt.

Allerdings erklärte Chuck D nur einen Monat später den Rausschmiss von Flavor Flav bei Public Enemy zum grossangelegten Aprilscherz. Der öffentliche Streit samt Verbannung aus der Gruppe sei laut Chuck D Teil einer Marketing-Kampagne für das Album «Loud Is Not Enough» gewesen.

Korrektur: In einer früheren Artikelversion hiess es fälschlicherweise, Flavor Flav sei nicht mehr dabei.

Tracklist
zum neuen Album

Public Enemy: What You Gonna Do When The Grid Goes Down? (Def Jam Records, 2020):

  • 01 . When The Grid Goes Down (feat. George Clinton)
  • 02. Grid (feat. Cypress Hill and George Clinton)
  • 03. State of the Union (STFU) (feat. DJ Premier)
  • 04. Merica Mirror (feat. Pop Diesel)
  • 05. Public Enemy Number Won (feat. Mike D, Ad-Rock, Run-DMC)
  • 06. Toxic
  • 07. Yesterday Man (feat. Daddy-O)
  • 08. Crossroads Burning (Interlude) (feat. James Bomb)
  • 09. Fight The Power: Remix 2020 (feat. Nas, Rapsody, Black Thought, Jahi, YG, Questlove)
  • 10. Beat Them All
  • 11. Smash The Crowd (feat. Ice-T, PMD)
  • 12. If You Can’t Join Em Beat Em
  • 13. Go At It (feat. Jahi)
  • 14. Don’t Look At The Sky (Interlude) (feat. Mark Jenkins)
  • 15. Rest In Beats (feat. The Impossebulls)
  • 16. R.I.P. Blackat
  • 17. Closing: I Am Black (feat. Ms. Ariel)

Quellen

(dsc/sda/dpa)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bcZcity
23.09.2020 21:53registriert November 2016
Eigentlich wäre jetzt die Zeit dass cuter, harter, politisch gefärbter Rap nach oben gespült wird. Wir hatten nun genug Gangsta, Jiggy, BlingBling und Club Tunes in denen es nur um Money Making, Chicks, Dicks, Drinks, Partys und Ferraris ging!

Jetzt wäre es mal wieder Zeit für echte Inhalte im Vordergrund die auch mal weh tun! ✊
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Sandlerkönig Eberhard
23.09.2020 18:42registriert Juli 2020
Geil, endlich kann man sich wieder eine Küchenwanduhr an die Halskette hängen, ohne dass man blöd angeschaut wird.
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