NDB-Datendieb soll gemäss Anklage fünf Jahre ins Gefängnis

NDB-Datendieb soll gemäss Anklage fünf Jahre ins Gefängnis

23.11.2016, 13:08

Die Staatsanwaltschaft hat für einen 48-jährigen Informatiker, der beim Nachrichtendienst des Bundes (NDB) 2012 umfangreiche Daten entwendet haben soll, eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren beantragt. Die Verteidigung plädierte dagegen für einen Freispruch.

Im Mittelpunkt des Prozesses stand am Mittwoch der psychische Zustand des Angeklagten: Vor Gericht sagte der 48-jährige Datenbankspezialist, dass er derzeit an seinem Wohnort in Italien in psychiatrischer Behandlung sei und Medikamente nehmen müsse. Er entschuldigte zudem für sich sein früheres Verhalten.

Ein vorgeladener Gerichtspsychiater gab an, dass der Angeklagte eine Wahnstörung habe. Diese äussere sich durch Angstgefühle und Bedrohungssymptome. Die geistige Verfassung des Beschuldigten ist besonders für einen Banktermin bei der UBS im Jahr 2012 entscheidend.

Zur Abwicklung des geplanten «Daten-Deals» vereinbarte der Angeklagte laut der Staatsanwaltschaft ein Beratungsgespräch, um ein Nummernkonto zu eröffnen. Dabei erklärte er gegenüber dem Bankangestellten, dass er Einnahmen von 100'000 bis einer Million Franken erwarte, die aus dem Verkauf von sensiblen NDB-Daten stammen sollten.

Die entwendeten Daten konnten bereits nach der Meldung der Grossbank an den NDB bei einer Hausdurchsuchung vollumfänglich sichergestellt und die Weitergabe so verhindert werden. «Wir haben den GAU verhindert», sagte der Staatsanwalt des Bundes am Mittwoch.

Das Aussageverhalten des Angeklagten sei widersprüchlich - er habe es an die jeweiligen medizinischen Gutachten angepasst. Dieser pflege einen «selektiven Umgang» mit der Wahrheit.

Zurechnungsfähigkeit laut BA gegeben

«Wir haben es mit einem voll zurechnungsfähigen Täter zu tun», so der Vertreter der Bundesanwaltschaft. Er sei geplant vorgegangen und es gebe keine Anzeichen einer spontanen Aktion. Wären die Daten an die Öffentlichkeit gelangt, hätte dies einen kapitalen Vertrauensverlust für den Schweizer Nachrichtendienst bedeutet. Dies habe durch einen rechtzeitigen Zugriff verhindert werden können.

Der Datenbankspezialist des NDB stahl im Frühjahr 2012 Datenmengen von rund 507 Gigabyte - es soll sich dabei um «geheime, klassifizierte und besonders schützenswerte Daten» gehandelt haben.

Dabei gelang es ihm ausserdem, den gesamten E-Mail Verkehr des NDB für seine Zwecke abzuspeichern. Davon sei auch die Geschäftsleitung und die Direktion betroffen gewesen.

Die Bundesanwaltschaft beantragte für die Straftatbestände des politischen Nachrichtendienstes und der versuchten Verletzung des Amtsgeheimnisses eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Die Strafe sei angemessen, weil der Angeklagte mit seiner Tat eine Gefahr für die Sicherheit des Schweiz darstellte und er versuchte sie zu vertuschen.

Angeklagter als Mobbingopfer ?

Die Verteidigung zeichnete dagegen ein ganz anderes Bild des Angeklagten: Beim Datendiebstahl habe es sich um «einen demonstrativen Akt» gehandelt. Der Beschuldigte habe seinen Kollegen nachweisen wollen, dass er «besser» sei und habe gleichzeitig versucht, ihr Mobbingverhalten offen zu legen.

Zum letztendlich selbstentlarvenden Bankgespräch sagte der Verteidiger, dass niemand, der vernünftig und bei klarer geistiger Gesundheit sei, drei Tage bevor er die Daten entwenden wollte, einen solchen Termin vereinbart hätte. Ein Krimineller hätte sich auch niemals mit dem richtigen Namen vorgestellt.

Es gibt laut dem Anwalt ausserdem keine Angaben, welcher ausländische Staat für einen möglichen Verkauf kontaktiert werden sollte. Ausserdem wurden auch keine Informationen über Verbindungen zu fremden Agenten gefunden. Zudem sei bei dem gesamten Vorfall eine gewisse Mitschuld des NDB gegeben - in einer gewissen Weise habe die Tat seines Mandanten dem Nachrichtendienst geholfen, sicherer zu werden.

Er beantragte deshalb einen vollumfänglichen Freispruch. Sollten die Richter auf einen Schuldspruch entscheiden, schlägt der Verteidiger eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten vor, die für eine ambulante Massnahme in Italien genutzt werden soll. Die Verfahrenskosten sollen vom Bund übernommen werden.

Ein Urteil in dem Prozess soll am heutigen Mittwoch um 17 Uhr verkündet werden. (sda)

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