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Armenischer Ministerpräsident Sargsjan tritt nach Protesten zurück

Armenischer Ministerpräsident Sargsjan tritt nach Protesten zurück

23.04.2018, 14:2723.04.2018, 17:05
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epa06679133 Activists of '#merjirserjin' (Reject Serzh) initiative hold a protest march against recently nominated Armenian Prime Minsiter, former President Serzh Sargsyan in Yerevan, Armeni ...
Bild: EPA/PHOTOLURE

Unter dem Druck anhaltender Massenproteste in Armenien ist der neue Ministerpräsident Sersch Sargsjan am Montag zurückgetreten. Der 63-jährige vormalige Präsident des Landes räumte ein, einen Fehler gemacht zu haben.

«Ich trete vom Posten des Regierungschefs zurück», hiess es in Sargsjans Rücktrittserklärung, aus der die staatliche Nachrichtenagentur Armenpress zitierte. Oppositionsführer Nikol Paschinjan «hatte Recht. Ich habe einen Fehler gemacht», fügte Sargsjan hinzu.

Für eine Übergangszeit soll Vize-Ministerpräsident Karen Karapetjan regieren. Er war bereits bis zum Amtsantritt Sargsjans während fast zwei Jahren Regierungschef gewesen.

In Armenien hatten Demonstranten seit eineinhalb Wochen den Rücktritt des Ministerpräsidenten gefordert, der nach zwei Amtszeiten als Präsident in das Amt des Regierungschefs gewechselt war.

epa06687048 (FILE) - Armenia's President Serzh Sargsyan arrives for the second day of NATO Summit in Warsaw, Poland, 09 July 2016 (reissued 23 April 2018). According to reports, Armenian Prime Mi ...
SargsjanBild: EPA/PAP

Der 63-Jährige war Anfang April nach zehn Jahren aus dem Präsidentenamt ausgeschieden. Er hatte aber die Macht nicht wie versprochen abgegeben, sondern liess sich am Dienstag vergangener Woche vom Parlament zum neuen Ministerpräsidenten wählen.

Durch eine umstrittene Verfassungsreform, die im Dezember 2015 per Volksabstimmung gebilligt worden und nun in Kraft getreten war, wurde das Amt des Ministerpräsidenten deutlich aufgewertet. Die wahre Macht lag damit wieder bei Sargsjan.

Oppositionsführer wieder frei

Die Massenproteste der Regierungsgegner richteten sich gegen Sargsjan wie auch gegen Armut, Korruption und den grossen Einfluss von Oligarchen in der Kaukasusrepublik. Auch am Montag beteiligten sich erneut tausende Menschen an Protesten in der Hauptstadt Eriwan, darunter neben Studenten auch Soldaten.

Armenian protest leader Nikola Pashinian speaks to the media in Yerevan, Armenia, Sunday, April 22, 2018, after his short meeting with former Armenian President Serzh Sargsyan, who was named a Prime M ...
Oppositionsführer Nikol Paschinjan.Bild: AP/PAN Photo

Angeführt wurden die Proteste von dem Abgeordneten Paschinjan, der am Montag nach einer Nacht in Polizeigewahrsam wieder freigelassen wurde. Umringt von Anhängern mit armenischen Flaggen schloss er sich nach seiner Freilassung wieder den Demonstranten an, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. An vielen Stellen blockierten die Demonstranten friedlich den Verkehr. Die Polizei nahm mehrere Dutzend ihnen fest.

Am Sonntag waren etwa 280 Demonstranten zeitweise festgesetzt worden. Gleichentags hatte Oppositionsführer Paschinjan sich vor laufenden Kameras ein Wortgefecht mit Sargsjan geliefert und diesen zum Rücktritt aufgefordert. Sargsjan brach das Treffen daraufhin ab, Paschinjan wurde festgenommen.

Völkermord und Berg-Karabach

Für Dienstag hatte die Opposition besonders grosse Kundgebungen angekündigt. An dem Tag wird in Armenien traditionell des Völkermords an den Armeniern 1915-17 im Osmanischen Reich gedacht.

Das Land unterhält mit der Türkei, die als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches den Völkermord bis heute leugnet, keine diplomatischen Beziehungen. Die Grenze zwischen beiden Ländern ist Sperrgebiet.

Zudem befindet sich Armenien mit dem östlichen Nachbarland Aserbaidschan wegen des Gebietes Berg-Karabach in einem latenten bewaffneten Konflikt. Diese Region gehört zu Aserbaidschan, ist aber grossmehrheitlich von Armeniern bewohnt.

Sargsjan stammt wie andere führende armenische Politiker, darunter sein Interims-Nachfolger Karapetjan, aus Berg-Karabach. Sargsjan hatte im Krieg um diese Region von 1992 bis 1994 Karriere gemacht.

Truppen der Armenier halten seitdem Berg-Karabach und Teile Aserbaidschans besetzt. Der Dauerkonflikt ist eine schwere Bürde für das kleine Land mit nur knapp drei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. (sda/afp/dpa)

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