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Warum Basecamp seinen Mitarbeitenden politische Diskussionen verbietet

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Keine politischen Diskussionen in den Arbeitschats: So will es eine US-Softwarefirma. bild: shutterstock

«Zu grosse Ablenkung»: US-Firma verbietet Mitarbeitenden politische Diskussionen

Der CEO einer US-Softwarefirma fordert seine Mitarbeitenden auf, während der Arbeit keine politischen Diskussionen mehr zu führen. Der Schuss geht nach hinten los.
05.05.2021, 11:5605.05.2021, 14:16
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In einem rund 8000 Zeichen langen Blogpost informierte Jason Fried, der CEO der US-Softwarefirma Basecamp, seine Mitarbeitenden über diverse Neuerungen in der Firmenkultur.

Fried war 1999 bei der Gründung von Basecamp dabei. Bekannt ist das Unternehmen vor allem für die gleichnamige Software, ein Projektmanagement-Tool, das 2004 eingeführt wurde. Das Tool soll Firmen bei To-Do-Listen, der Kommunikation während grösseren Projekten oder im Zeitmanagement helfen.

Basecamp sei wie ein Produkt, das sich ständig weiterentwickle und flexibel sein müsse, schreibt Fried Ende April. Deshalb habe man sich zu einigen Veränderungen entschieden. Punkt Eins: Keine politischen und gesellschaftlichen Diskussionen mehr in den Firmenchats.

Den Entscheid begründet Fried damit, dass die politischen Gewässer zu aufgewühlt seien und jedes politische Gespräch sehr schnell unangenehm werde. «Solche Diskussionen sind ungesund und eine zu grosse Ablenkung. Wir haben genug davon auf unseren Basecamp-Kontos, wo die Arbeit stattfindet», schreibt Fried.

«Es zehrt an unserer Energie und lenkt unsere Dialoge in dunkle Bereiche.»
Jason Fried, CEO Basecampblogpost

In einem weiteren Post konkretisiert Frieds Businesspartner David Heinemeier Hansson die neue Regel: Kein Austausch über politische Geschichten oder Nachrichtenthreads, keine politische Lobby-Arbeit. Alles, was keinen direkten Bezug zum Geschäft habe, soll im privaten Rahmen diskutiert werden, schliesst Hansson.

Ein Drittel kündigt

Die Reaktionen auf die neue Firmenregel waren prompt und heftig. 18 der 57 Mitarbeitenden teilten kurz darauf auf Twitter mit, dass sie sich überlegen, Basecamp zu verlassen oder bereits gekündigt haben. «Aufgrund der aktuellen Veränderungen bei Basecamp, habe ich mich dazu entschieden, meinen Job als Head of Design zu kündigen», schreibt Jonas Downey auf Twitter. Auch der Head of Marketing Andy Didorosi schmeisst hin, wie er auf Twitter schreibt.

Interne Diskussionen unterbinden

Auslöser für die neue Regel waren gemäss diverser Medienberichte interne Diskussionen im Unternehmen. So soll bei Basecamp jahrelang eine Liste mit «Lustigen Kundennamen» kursiert sein. Viele Namen auf der Listen waren amerikanischen oder europäischen Ursprungs. Einige waren aber auch asiatisch oder afrikanisch.

Was denkst du über den Entscheid von Basecamp?

Einige Mitarbeitende wehrten sich gegen die Liste und forderten die Unternehmensführung auf, Stellung zu beziehen, schreibt «The Verge». Viele Mitarbeitende hätten sich zudem von Basecamp gewünscht, dass sich die Firma für mehr Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion einsetzt.

Nach monatelangen Gesprächen hätten CEO Fried und sein Partner Hansson die Übung abgebrochen und stattdessen beschlossen, dass politische oder gesellschaftliche Diskussionen fortan in den Firmen-Chats Tabu sind. (ohe)

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wentin
05.05.2021 12:28registriert Oktober 2018
Ich bin der Meinung, dass auch persönliche Gespräche im Büro wichtig sind. Wir verbringen einen Grossteil unseres Lebens bei der Arbeit, da sollte nicht alles so steif sein. Über Politik zu sprechen ist jedoch oft schon schief gegangen und ich kann mir vorstellen, dass solche Debatten in den USA noch hitziger sind als bei uns... Man sollte deshalb politische Themen im Büro lieber umgehen.
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sweeneytodd
05.05.2021 12:54registriert September 2018
Ich sehe das Problem nicht. Während der Arbeit hat man nicht über Firmeninterne Kanäle Sachen zu diskutieren, welche das Unternehmen nicht betrifft. Solche Gespräche kann man in den Pausen oder über andere Messangerdienste schreiben. Bei uns in der Firma durfte der interne Chatroom auch nur für geschäftliche Anliegen benutzt werden. Offenbar wurde der Firmeninterne Chatdienst zuviel für solche Diskussionen benutzt, also gibt es regeln. Man geht nicht zur Arbeit um über Politik zu diskutieren, sondern zum Arbeiten. Kein Wunder sind amerikanische Unternehmen z.t. so ineffizient.
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Pr0di
05.05.2021 12:36registriert Februar 2017
Scheint ja eine tolle Firmenkultur zu sein, wenn Mitarbeiter wegen einer Weisung gleich kündigen und das öffentlich machen anstatt das Gespräch zu suchen. Wiedermal ein typisches Beispiel amerikanischer Cancel-Culture.
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