Schon seit Monaten haben die französischen Sicherheitsdienste einen Anschlag befürchtet – im Internet riefen Islamisten wiederholt zur «Tötung von Ungläubigen» insbesondere in Frankreich auf. Experten schliessen nicht aus, dass der Angriff auf «Charlie Hebdo» nur der Beginn einer neuen Serie blutiger Anschläge sein könnte, wie sie Paris in den 1980er Jahren erlebt hat.
Genährt wird diese Furcht durch einen massiven Anstieg der Zahl junger Menschen aus Frankreich, die sich im Irak und in Syrien den IS-Kämpfern anschliessen wollen oder dies bereits getan haben. Diese Zahl sei im Jahr 2014 um 80 Prozent in die Höhe geschnellt, teilte Innenminister Bernard Cazeneuve Ende Dezember mit.
Frankreich vereinbarte mit anderen europäischen Staaten die Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen zu verschärfen. Damit soll nicht nur die Ausreise, sondern vor allem auch die Rückkehr von Islamisten erschwert werden. Denn die heimkehrenden Dschihadisten werden von den Anti-Terror-Fahndern als besonders gefährlich eingeschätzt.
Für sie gebe es nur zwei Optionen, erläutert der französische Experte für islamistische Netzwerke, Romain Caillet: «Entweder sie haben den Kampf aufgegeben oder sie haben eine Mission.» Manche könnten sich lange unauffällig verhalten und zuschlagen, wenn sie nicht mehr unter Beobachtung stünden.
In Syrien lernten die Gotteskrieger aus westlichen Ländern, mit Maschinengewehren umzugehen, erläutert der ehemalige Chef der französischen Anti-Terror-Einheit beim Inland-Nachrichtendienst (DST), Louis Caprioli. Dies habe den Franko-Algerier Mehdi Nemmouche im Mai dazu gebracht, im Jüdischen Museum von Brüssel vier Menschen zu töten.
Es könnte aber noch «viel schlimmer kommen», warnt Caprioli. Die Extremistenorganisation IS könne Vergeltungsschläge für die Luftangriffe der westlichen Beteiligten vorbereiten. «Es ist durchaus möglich, dass sie Teams für Anschläge in westlichen Ländern ausbildet.» (whr/sda/afp)