Schweiz
Gesellschaft & Politik

Fall Berset: Schweizer Politiker werden massenhaft bedroht und erpresst

Berset ist nicht allein – Schweizer Politiker werden massenhaft bedroht und erpresst

29.11.2020, 10:1229.11.2020, 12:26
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Bundesrat Alain Berset spricht waehrend einem Infopoint zur Situation der Coronavirus-Pandemie im Kanton Tessin, am Donnerstag, 19. November 2020, in Lugano. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Wegen einer privaten Angelegenheit erpresst: Alain Berset.Bild: keystone

Der Erpressungsversuch an Bundesrat Alain Berset hat in der letzten Woche für Schlagzeilen gesorgt. Auch der Magistrat selbst hat sich vor versammelten Medien zum Fall geäussert, nachdem die Weltwoche am letzten Samstag von einer Geldforderung einer unbekannten Personen von 100'000 Franken gegen Aushändigung von Fotos und Textnachrichten geschrieben hatte.

Aber Berset ist bei weitem nicht der einzige Politiker, der die Behörden einschalten musste. Mehr als die Hälfte der National- und Ständeräte ist schon einmal bedroht, mit Erpressungsversuchen konfrontiert oder erpresst worden, wie der «SonntagsBlick» schreibt. Die Zeitung hatte 102 Parlamentarierinnen und Parlamentarier befragt.

Das entspricht rund 40 Prozent der Bundesversammlung. Fast jeder dritte National- oder Ständerat schaltete daraufhin die Polizei oder die Justiz ein. Ferner zeigt die Befragung, dass Politikerinnen deutlich häufiger mit Drohungen konfrontiert werden als ihre männlichen Kollegen.

Androhung von Prügel und Erpressung

Zwei Drittel der Teilnehmerinnen gaben an, bereits einmal bedroht oder erpresst worden zu sei. Bei den Männern liegt der Prozentsatz 20 Punkte tiefer.

Ein Politiker beschreibt einen Vorfall, bei dem er im öffentlichen Raum Flyer verteilte. Eine Person sei daraufhin an ihn herangetreten und zu ihm gesagt, «dass er ihn verprügle, sollte er mich in einer einsamen Gasse erwischen».

Eine andere Politikerin wurde erpresst, dass ein WhatsApp-Chatverlauf, den sie mit einem Wähler hatte, veröffentlicht werde. Worauf sie die Behörden einschaltete.

Motion wird eingereicht

Die Waadtländer FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro fordert nun, dass exponierte Personen besser geschützt werden. Sie wird am Montag eine Motion, die solche Drohungen und Erpressungen von Amtes wegen verfolgen lassen soll, einreichen.

De Quattro spricht aus eigener Erfahrung. Dem Sonntagsblick sagt die: «Schon in meiner Zeit als Waadtländer Staatsrätin wurde ich regelmässig mit Todesdrohungen und versuchter Nötigung konfrontiert.»

(aeg)

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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Beggride
29.11.2020 11:28registriert November 2015
Ich nehme mal an, die Definition von Demokratie solcher Leute wäre durchaus "interessant" zu hören.
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Cosmopolitikus
29.11.2020 12:30registriert August 2018
Ich kann ja nachvollziehen, dass man mit Aussagen und Leistungen von PolitikerInnen nicht einig ist. Diesen Unmut sollte man auch aussprechen dürfen. Jedoch darf zu Recht erwartet werden, dass dies in anständigem Ton und mit der gebührenden Wortwahl geschieht. Anonyme Drohungen auszusprechen zeugt weder von Demokratieverständnis noch von Zivilcourage. Es sind auch nicht nur Feiglinge und Wutbürger, welche hinter solchen Aktionen stehen. Menschen mit hohem Aggressionspotential und tiefer Hemmschwelle gehören leider auch dazu, weshalb man diese Drohungen ernst nehmen muss.
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Offi
29.11.2020 14:04registriert Januar 2018
Kranke Welt, kann man da nur sagen. Es findet leider eine schleichende Verrohung der Gesellschaft statt.
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