Die liberale Anwältin Zuzana Caputova ist bei den slowakischen Präsidentenwahlen ihrer Favoritenrolle gerecht geworden. Nach Auszählung von mehr als 80 Prozent der Stimmen lag die 45-Jährige mit 40 Prozent der Stimmen deutlich vor EU-Kommissar Maros Sefcovic.
Die Zahlen gab die Wahlkommission in der Nacht zum Sonntag bekannt. Sefcovic war von den regierenden Sozialdemokraten nominiert worden und kam auf rund 19 Prozent. Die beiden dürften in einer Stichwahl am 30. März gegeneinander antreten.
Nicht ausgeschlossen erschien jedoch, dass statt Sefcovic doch noch der Rechtspopulist Stefan Harabin in die Stichwahl kommen könnte. Er kam nach den Teilergebnissen auf 15 Prozent. Auch der Rechtsextremist Marian Kotleba erreichte mit elf Prozent das von seinen Gegnern befürchtete starke Ergebnis. Anders als die proeuropäischen Kandidaten Caputova und Sefcovic hatten Harabin und Kotleba im Wahlkampf vor allem die EU-Flüchtlingspolitik kritisiert.
Die Wahlbeteiligung lag bei 47 Prozent. Das vorläufige Endergebnis wurde noch im Laufe der Nacht erwartet, das offizielle Endergebnis sollte am Sonntag gegen Mittag bekanntgegeben werden.
Vorwiegend repräsentative Aufgaben
Das slowakische Staatsoberhaupt hat vorwiegend repräsentative Aufgaben. Im Fall einer Regierungskrise kommt ihm aber eine entscheidende Rolle zu.
In einer ersten Stellungnahme vor slowakischen Medien erklärte Caputova ihren Erfolg als Ergebnis eines gesellschaftlichen Wunsches nach Veränderung. Doch auch wenn die vorläufigen Zahlen positiv aussähen, gelte es die Endergebnisse der Auszählung abzuwarten.
Von TV-Sendern befragte Politologen waren sich einig, dass Caputova vor allem damit gepunktet habe, dass sie in Medienauftritten auch auf heikle Fragen klare Antworten gegeben habe. Selbst in der katholisch geprägten Wählerschaft sei ihre Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten besser angekommen als die ausweichenden Antworten von Sefcovic.
Wahl von Mord beeinflusst
Die Wahl wurde beeinflusst vom Mord an dem Investigativjournalisten Jan Kuciak vor einem Jahr. Der damals 27-Jährige hatte über Verbindungen dubioser Unternehmer zu Regierungsmitarbeitern recherchiert. Sein posthum veröffentlichter letzter Artikel löste Massendemonstrationen und schliesslich den Sturz der Regierung von Langzeit-Ministerpräsident Robert Fico aus. Caputova war es gelungen, sich zur Hoffnungsträgerin eines grossen Teils dieser Demonstrierenden zu machen.
Auch der mit den Demonstranten offen sympathisierende und mit der Regierung im Konflikt stehende bisherige Staatspräsident Andrej Kiska hatte zur Wahl Caputovas aufgerufen. Er selbst hatte schon im vergangenen Jahr angekündigt, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Seine damals angedeuteten Pläne, stattdessen eine neue Partei zu gründen, könnten aber scheitern. Kiska hat nämlich durch Enthüllungen über Grundstücksspekulationen vor seiner Amtszeit und eine Steueraffäre um die Kosten seines Wahlkampfs viel von seiner früheren Popularität verloren. (sda/dpa)