«Eine gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorne herein aussichtslos erscheint», sagte Albert Einstein. Damit verkauft das Komitee hinter der Initiative für ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) seinen visionären Plan von der Rettung der Schweiz.
Wie gut ist die Idee? Und wie aussichtslos die Verwirklichung? Die sieben drängendsten Fragen zum Bedingungslosen Grundeinkommen:
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ein sozialpolitisches Finanztransferkonzept. Klingt kompliziert, ist aber simpel: Jeder Bürger soll einen gesetzlich festgelegten Betrag vom Staat erhalten. Ohne dass dieser an Bedingungen geknüpft ist (daher «bedingungslos»), ohne dass die Bürger also eine Gegenleistung erbringen müssen.
Das BGE trennt Arbeit und Einkommen radikal voneinander. Denn: Der Betrag soll ohne weitere Einkommen oder Sozialhilfe die Existenz sichern. Damit der Staat dem Bürger das Grundeinkommen auszahlen kann, muss das Steuersystem umstrukturiert werden (siehe Frage 4).
Die Idee ist alt. Experimente und Anläufe, das BGE einzuführen gab es bereits in mehreren Ländern (beispielsweise Kanada und Brasilien). Radikal umgesetzt wurde es aber noch nirgendwo.
Die Initiative versteht sich – so schreiben es die Initianten auf ihrer Website – als «Kulturimpuls». Die Initiative will eine «zukunftsfähige Weiterentwicklung des Gesellschaftsvertrags» und eine «wirtschaftliche Konsequenz des demokratischen Selbstverständnisses».
Das erklärte Ziel der Initianten ist es, dass der Staat sich finanziell um jeden Bürger kümmert. So gesehen verstehen sie das BGE als Sozialwerk, das sich, im Gegensatz zur AHV, um Menschen jeden Alters kümmert.
Wie das genau geschehen soll, wollen die Initianten nicht definieren. Sie sprechen deshalb bewusst von einer «Idee». Diese Idee ermögliche es den Menschen, das zu tun, was sie wollten und für richtig hielten.
Die Köpfe der Initiative sind unter anderem Unternehmer Daniel Häni, der Künstler Enno Schmidt und Alt-Vizekanzler Oswald Sigg. Geht es nach ihnen, soll die Bundesverfassung folgendermassen erweitert werden:
Die Initianten legen keinen bestimmten Betrag fest, der jedem Bürger ausbezahlt werden soll. Häufig wird aber die Zahl von 2500 Franken pro Monat für Erwachsene und 625 für jedes Kind genannt.
Für alle Erwerbstätigen würde der Lohn auf das Grundeinkommen geschlagen werden. Wer jetzt 6000 Franken Lohn erhält, dem würde dann das BGE von 2500 und ein Lohn von 3500 Franken ausbezahlt werden.
Damit sinken die Lohnkosten. Arbeitgeber müssten deswegen dem Bund aber einen Teil der Differenz überweisen. Was der Bund wiederum heute an Sozialleistungen ausbezahlt (AHV, IV, ALV), würde neu Teil des BGE sein.
Über Nacht wird aber eine solche Umstrukturierung der Gesellschaft und des Arbeitsmarktes nicht stattfinden. «Das Grundeinkommen wird nicht mit einer Revolution, sondern pragmatisch und in kleinen Schritten kommen», sagt Philip Kovce vom Initiativkomitee.
Der Bund geht in seinen Berechnungen, basierend auf den oben genannten Zahlen, von einem Kostenpunkt von 25 Milliarden Franken pro Jahr aus. Diese 25 Milliarden Franken können nicht rein über die Umstrukturierung der Sozialwerke und Abgaben durch die Arbeitgeber gedeckt werden.
Woher also sollen diese 25 Milliarden Franken kommen? Darüber gehen die Meinungen der Initianten auseinander.
Ein Grossteil will die Mehrwertsteuer um 8 Prozent erhöhen sowie Subventionen umlenken. Alt-Vizekanzler und Mitinitiant Oswald Sigg hingegen schlägt eine neuartige Mikrosteuer als Alternative zum heutigen komplexen Steuersystem vor. Dabei soll eine Transaktionssteuer auf Geldtransaktionen erhoben werden – wer mehr Geld bewegt, bezahlt mehr. So wäre eine solidarische Finanzierung des BGE sichergestellt, argumentiert Sigg.
Im Oktober 2010 nahm die SP Schweiz das BGE in ihr Parteiprogramm auf. Im selben Monat sprach sich die Gewerkschaft Syna auf ihrem Kongress in St.Gallen als erste Gewerkschaft der Schweiz für ein BGE aus. Die Alternative Linke schrieb das BGE bei ihrer Parteigründung im März 2010 in ihren Handlungsschwerpunkten fest.
Neben dem Initativkomitee ist seit der Organisation des Europa-Kongresses von BIEN (das Schweizer «Netzwerk für Grundeinkommen») in Genf im Jahr 2002 der Verein BIEN-Schweiz aktiv.