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Randale in Paris: Denkmal zerstört, 412 Festnahmen

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Eine beschädigte Skulptur der Marianne, der Nationalfigur der französischen Republik, in der Galerie des Arc de Triomphe. Bild: EPA/EPA

Trotz zerstörtem Denkmal und brennenden Autos – Macron verzichtet auf den Ausnahmezustand

Die französische Regierung will nach den schwersten Krawallen seit Jahrzehnten auf die Demonstranten zugehen und nicht den Ausnahmezustand verhängen. Präsident Macron wies den Innenminister an, trotzdem die Sicherheitskräfte auf weitere Proteste vorzubereiten.
02.12.2018, 19:5703.12.2018, 12:00
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Bis Samstagnachmittag gingen nach Behördenangaben rund 75'000 Menschen im ganzen Land auf die Strassen, wie mehrere Medien berichteten.
  • Am Sonntagmorgen meldete die Polizei laut der Nachrichtenagentur AP 412 Festnahmen.
  • Mehr als 100 Menschen wurden Innenminister Christophe Castaner nach allein in Paris verletzt – darunter mehrere Sicherheitskräfte. Die Polizei korrigierte diese Zahl am Sonntag noch nach oben und sprach von über 130 Verletzten.
  • In der Hauptstadt waren etwa 10'000 Demonstranten unterwegs.

Das teilte der Élysée-Palast am Sonntag mit. Der Ministerpräsident solle zudem Gespräche mit den Parteichefs und Vertretern der Protestbewegung aufnehmen. In Emmanuel Macrons Umfeld hiess es, über den Ausnahmezustand sei nicht diskutiert worden. Ein Regierungssprecher hatte zuvor gesagt, es würden alle Optionen geprüft, um erneute Ausschreitungen zu verhindern.

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Massenproteste in Frankreich eskalieren
Aus Protest gegen geplante Steuererhöhungen auf Diesel und Benzin sind in Frankreich am Samstag Zehntausende auf die Strassen gegangen und ...
quelle: epa/epa / ian langsdon
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In Paris wurden am Wochenende mehr als 400 Menschen festgenommen; laut dem Justizministerium befanden sich am Sonntagabend noch 372 in Polizeigewahrsam. 133 Menschen wurden verletzt. Beim Protest der so genannten «Gelbwesten» (Gilets Jaunes) in der französischen Hauptstadt werden ganze Strassenzüge verwüstet.

Macron eilte nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel in Buenos Aires am Sonntag sofort zum Arc de Triomphe in der Pariser Innenstadt. Das Denkmal war von Demonstranten beschädigt und mit Parolen beschmiert worden. Wegen der Proteste, die sich gegen die Reformpolitik des wirtschaftsliberalen Präsidenten wenden, spüren viele Einzelhändler Einbussen im Weihnachtsgeschäft, auch weil Touristen von der Gewalt abgeschreckt werden.

Regierung gegen Kurskorrektur

An friedliche Demonstranten appellierte die Regierung, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Änderungen an den Vorhaben Macrons wurden allerdings bereits ausgeschlossen. «Die Regierung ist offen für einen Dialog, wird ihren Kurs aber nicht ändern», sagte Sprecher Benjamin Griveaux gegenüber Radio Europe 1.

Vermummte Personen hatten am Samstag erneut randaliert, zum Teil mit Metallstangen und Äxten. Autos und Gebäude wurden in Brand gesetzt, Geschäfte geplündert. Insgesamt wurden in Paris 10'000 Demonstranten gezählt. Die Proteste richten sich gegen höhere Treibstoffpreise und generell hohe Lebenshaltungskosten.

Seit Mitte November wird im ganzen Land protestiert – Strassen, Einkaufszentren und Fabriken werden blockiert. Gelbe Westen, wie sie Franzosen im Auto mit sich führen müssen, sind dabei zum Symbol des Widerstandes geworden. Macron will erreichen, dass Autofahrer schneller auf klimafreundlichere Fahrzeuge umsteigen.

Anti-Macron-Parolen

Der seit 18 Monaten amtierende Präsident zeigte sich unter starkem Sicherheitseinsatz am Triumphbogen aus dem 19. Jahrhundert. Dieser wurde mit anti-kapitalistischen Parolen und Forderungen nach einem Rücktritt Macrons beschmiert. Der 40-Jährige sprach mit Polizisten und Feuerwehrleuten. Unter den Verletzten waren immerhin 23 Sicherheitskräfte.

Die Polizei hatte am Wochenende Blendgranaten, Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt, unter anderem auf dem Prachtboulevard Champs-Élysées und in der Nähe des Louvre-Museums. Unter den Demonstranten in Paris waren nach Angaben der Behörden gewaltbereite Gruppen aus dem extrem linken sowie aus dem rechten Politikspektrum.

Auch in Nantes und Marseille

Aber auch in anderen Städten wie Nantes im Westen oder Marseille im Süden wurde protestiert. Ein Autofahrer kam bei einem Unfall an einer Strassenblockade der «Gelbwesten» bei Arles im Südosten des Landes ums Leben, wie die Polizei mitteilte. Es ist der dritte Tote seit Beginn der Proteste.

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Bild: EPA/EPA

Hotels und Geschäfte verlieren mitten im wichtigen Weihnachtsgeschäft wegen der Gewalt Millionen. Anwohner der noblen Stadtteile in Paris äusserten sich verstört: «Der Staat verliert die Kontrolle», sagte eine Frau gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Das dürfe nicht zugelassen werden. «Vielleicht sollte die Armee einschreiten.» (sda/reu/afp/dpa/bal)

Studentin wird in Paris auf offener Strasse geschlagen

Video: watson/Angelina Graf
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78 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Butschina
02.12.2018 12:39registriert August 2015
Ich verstehe die friedlichen Demonstranten. Für die anderen habe ich kein Verständnis. Falls der Tourismus einbricht werden die Probleme nur noch grösser. Am Ende sitzt Frankreich auf grossen Kosten für die Renovation der kaputten Strassenzüge. Wer wird das bezahlen? Die Verursacher wohl kaum,. leider
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Kaspar Floigen
02.12.2018 14:15registriert Mai 2015
Die Franzosen gehen auch auf die Strasse, wenn die 38 Stunden Woche eingeführt wird. Die kann man nicht ernst nehmen.
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TanookiStormtrooper
02.12.2018 17:33registriert August 2015
Alles wie gehabt in Frankreich. Zuerst wird der Präsidentschaftskandidat als neuer Heilsbringer in den Himmel gelobt und ein paar Monate nach der Wahl kommt es zu Demonstrationen mit Wasserwerfern, Tränengas und brennenden Autos.
Als ich das bei seiner Wahl geschrieben habe gab es dafür viele Blitze.
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