Die Basler Kunstsammlung Fondation Beyeler ist um eine knappe Million Franken erleichtert worden. Was nach spektakulärem Kunstraub klingt, ist allerdings eher systematische Veruntreuung: Eine Kassiererin soll über Jahre hinweg Gelder in die eigene Tasche abgezweigt haben. Nun muss sie sich vor dem Basler Strafgericht verantworten, wie die «BZ Basel» berichtet.
Die Staatsanwaltschaft wirft der 54-Jährigen vor, im Zeitraum zwischen 2008 und ihrer Entlassung im Juni 2019 einen Betrag von gut 980'000 Franken eingesteckt zu haben. Allerdings scheint es insbesondere für den Beginn der mutmasslichen Unregelmässigkeiten keine klaren Beweise zu geben.
Ihre Vorgehensweise scheint dabei simpel gewesen zu sein – und bei hohem Besucheraufkommen besonders gut funktioniert zu haben. Um Wartezeiten zu vermeiden, werden dann nämlich Billette bereits vor dem grossen Ansturm ausgedruckt. Zudem behalf man sich in solchen Situationen auch mit sogenannten Notfalltickets, die den Betrieb bei einem Systemausfall am Laufen halten sollten.
Bei solchen Verkäufen werden keine elektronischen Buchungen ausgelöst, wodurch sich Kassendifferenzen leicht vertuschen lassen. Die Hauptmasche der Verkäuferin, die seit 2010 Teamleiterin war, ging jedoch anders:
Sie soll den Gästen regelmässig mit Verweis auf «Computerprobleme» lediglich die Kaufquittung abgegeben haben; das eigentliche Billett blieb bei ihr. Das Kontrollpersonal am Eingang informierte sie vorab, man solle die Besucherinnen und Besucher einfach aufgrund der Quittung einlassen.
Später soll sie dann Gästen, die keine Quittung verlangten, das bereits gedruckte, zurückbehaltene Billett ausgehändigt haben. Die entsprechenden zweiten Einnahmen konnte sie so unbemerkt in die eigene Tasche stecken, wie die «BZ Basel» berichtet.
Eine interne Kontrolle liess schlussendlich den Betrug auffliegen – vermutlich aufgrund der auffallend vielen Stornobuchungen. Allein im Frühling 2019 kamen rund 60 Stornobelege zusammen, auf welche die Staatsanwaltschaft nun verweist.
Dabei seien es zumeist Gruppen- oder Familientickets im Wert von 100 oder 240 Franken, die storniert wurden. Und zwar mit der Bemerkung «kein Ticket ausgedruckt». Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Frau die Storni mit den Kassencodes anderer Mitarbeitenden ausgeführt hat, damit ihr Trick nicht auffällt.
Allerdings summieren sich die genannten Belege auf bloss 12'000 Franken, wie die «BZ Basel» berichtet. Um auf die totale Deliktsumme zu kommen, müsste die 54-Jährige monatlich rund 7000 Franken abgezweigt haben.
Die Frau arbeitet für die ISS Facility Services AG, welche seit vielen Jahren das Kassen- und Sicherheitspersonal der Fondation Beyeler stellt. Wie bei ähnlich gelagerten Wirtschaftsdelikten ist auch in diesem Fall nicht klar, ob ihre Taten nun als Diebstahl oder Veruntreuung gehandelt werden und wer nun zivilrechtlich geschädigt wurde.
Hinter den Kulissen werde immer noch gestritten, ob sich nun die ISS oder die Fondation Beyeler als Privatkläger einbringen könne. Dies ist aber erst von Bedeutung, wenn die Frau tatsächlich verurteilt wird und bei ihr noch etwas zu holen ist.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 54-Jährige mit dem entwendeten Geld ihre Kreditkartenrechnungen beglichen hat. Ihr Lebensstil hätte demnach ihre finanziellen Möglichkeiten überstiegen. Nebst gewerbsmässigem Diebstahl und Veruntreuung sei die Frau zusätzlich wegen Geldwäscherei angeklagt, da sie mit dem Verbrauch des Geldes eine behördliche Einziehung verhindert habe, so die «BZ Basel».
Die mutmassliche Diebin ist zwar in Basel aufgewachsen, besitzt aber eine serbische Staatsbürgerschaft. Im Falle einer Verurteilung muss das Gericht keinen Landesverweis aussprechen, kann dies aber tun. Das Urteil fällt voraussichtlich diesen Freitag.
(cpf)