Über Radio und Fernsehen lässt sich trefflich streiten. Die Politik steht dabei nicht zurück. Bereits im Vorfeld der Abstimmung über das revidierte Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) wurde heftig darüber debattiert, welche SRG-Inhalte dem Service Public entsprechen. Der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz, Vizepräsident der Aktion «Medienfreiheit», findet es unnötig, dass die SRG Kochsendungen produziere, wie er der Schweiz am Sonntag sagte.
Auf der anderen Seite des Spektrums vernimmt man ähnliche Töne. Der linksgrüne frühere Zuger Nationalrat Jo Lang forderte nach der Abstimmung vom Sonntag via Twitter: «Boulevardisierung und Infantilisierung stoppen!» Als konkretes Beispiel nannte er die Geschichtssoap «Die Schweizer», die er als «Fernsehen für Kinder» bezeichnete. Ein Lieblingsziel des bildungsbürgerlichen SRG-Bashings ist auch das Boulevardmagazin «Glanz & Gloria». Früher wurde mit Vorliebe das Köferliquiz «Deal or No Deal» gemobbt. dem Tages-Anzeiger
Als #RTVG - Ja-Stimmer weiss ich: Auch viele linke Pro-#ServicePublic stimmten Nein!. @SRF : Boulevardisierung und Infantilisierung stoppen!
— Jo Lang (@josef_lang) June 14, 2015
Die Debatte wird nach dem knappen Ja zum RTVG nicht verstummen. Die privaten Verleger präsentierten am Dienstag ihre Forderungen zum «Rückbau» der SRG. Der Bundesrat hat einen Bericht zum Service Public in Auftrag gegeben, der Mitte 2016 veröffentlicht werden soll. Ausserdem läuft Ende 2017 die bestehende SRG-Konzession aus. Weitere politische Attacken vorab von rechts sind angekündigt, etwa die Forderung nach einer Halbierung der Gebühren.
Wie weit aber kann die Politik bei den Inhalten mitreden? Eigentlich gar nicht. Artikel 93 der Bundesverfassung hält fest: «Die Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen sowie die Autonomie in der Programmgestaltung sind gewährleistet.» Im RTVG werden Mindestanforderungen formuliert, etwa dass Minderjährige «nicht mit Sendungen konfrontiert werden, welche ihre körperliche, geistig-seelische, sittliche oder soziale Entwicklung gefährden». Die Verantwortlichen sind aber «in der Gestaltung, namentlich in der Wahl der Themen, der inhaltlichen Bearbeitung und der Darstellung ihrer Programme frei und tragen dafür die Verantwortung».
Das Parlament könnte versuchen, den Leistungsauftrag einzuschränken, etwa indem es jenen Passus im Verfassungartikel streicht, wonach Radio und Fernsehen «zur Unterhaltung» beitragen. Dies müsste allerdings vom Volk abgesegnet werden. Ohnehin stellt sich die Frage, was Unterhaltung ist. Müssten dann populäre, volksnahe Sendungen wie «Samschtig-Jass» und «SRF bi de Lüt» dran glauben? Und ist die Medienfreiheit nicht ein Grundrecht?
Stärker eingreifen kann die Politik bei der Zahl der Sender. Sie wird durch die SRG-Konzession geregelt, die vom Bundesrat erteilt wird. Er hat sich in den letzten Jahren sehr offen gezeigt gegenüber dem Expansionsdrang der SRG und eine Grundlage geschaffen für Radiosender wie SRF Virus und die Musiksender Swiss Classic, Swiss Jazz und Swiss Pop. 2013 hat der Bundesrat die Konzession sogar eigens für die umstrittenen Online-Angebote angepasst.
Hier wollen die Kritiker einhaken. Der Bundesrat dürfe die 2017 auslaufende Konzession auf keinen Fall stillschweigend um weitere zehn Jahre erneuern, forderte SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Sie dürfe höchstens für ein Jahr verlängert werden. Erklärtes Ziel der Aktion «Medienfreiheit» ist die Einschränkung des SRG-Auftrags und die Schliessung einiger Sender. Rutz nannte in der «Schweiz am Sonntag» SRF Info, SRF 2 sowie die Spartensender auf dem Radio. Die Verleger wollen SRF 3 loswerden und das Internetangebot herunterfahren, vor allem im Newsbereich.
Der Druck auf die SRG wird in den nächsten Jahren hoch bleiben. Zumindest indirekt dürfte sich das auf die Inhalte auswirken. Der Einfluss der Politik in diesem Bereich aber bleibt limitiert. «Glanz & Gloria» loswerden ist leichter gesagt als getan.
Und immer und immer wieder wird dieses "Glanz und Gloria" angegriffen - wenn man sich mal die Quoten anschaut, dann wird diese Sendung, welche übrigens nicht einmal eine Viertelstunde dauert, täglich von etwa 170'000 Leuten geschaut, was einem Anteil von 25-30% entspricht. (Zum Vergleich: ein anspruchsvoller DOK-Film generiert da einige Zuschauer weniger.) Und wegen diesen paar Minuten täglich so ein Theater? Also bitte.