Insekten, besonders Bienen, spielen eine wichtige Rolle für die Pflanzenwelt. Geschätzt 20'000 Arten der Kerbtiere – sowohl wilde als auch Nutztiere – bestäuben auf der ganzen Welt Blumen und Nutzpflanzen und sichern so Ernteerträge. Gerade die Landwirtschaft in ihrer heutigen intensiven Form aber gefährdet diese nützlichen Bestäuber stark, und dies gleich auf mehreren Ebenen.
So führt die Mechanisierung der Landwirtschaft zu einer Vereinheitlichung der Landschaft und damit zum Verlust von Lebensräumen. Die grossflächigen Monokulturen verdrängen pollen- und nektarliefernde Wildblumen, was Nahrungsmangel und Ernährungsstress für die Bestäuber nach sich zieht.
Die Ausbreitung invasiver, gebietsfremder Arten und der Klimawandel setzen die Bestäuber weiter unter Druck. Und die intensive kommerzielle Züchtung von Honigbienen sowie deren Transport über grosse Entfernungen macht sie anfällig für Parasiten und Krankheitserreger, die wiederum auf wildlebende Arten übergreifen können.
Vor allem aber gefährdet der grossflächige Einsatz von Agrarchemikalien – Pestiziden, Insektiziden, Herbiziden und Fungiziden – zur Steigerung des Ertrags und zur Bekämpfung von Schädlingen die Bestäuber. Dass all diese Faktoren einen starken Druck auf diese Insekten ausüben, ist längst bekannt. Viel weniger im Fokus der Öffentlichkeit steht dagegen das Gefahrenpotenzial, das sich durch das Zusammenwirken dieser Faktoren ergibt.
Eine umfangreiche Literaturrecherche eines Forschungsteams um Harry Siviter und Emily Bailes von der Royal Holloway University of London in Egham hat sich mit dieser Frage befasst. Für ihre Studie, die in der Fachzeitschrift «Nature» erschienen ist, sichteten die Wissenschaftler beinahe 15'000 Einzelstudien und konzentrierten sich auf jene, in denen die kombinierte Wirkung von Parasiten, Agrochemikalien und sogenannten Ernährungsstressoren auf die Gesundheit von Bestäubern – in der Regel Honigbienen – untersucht wird.
Zudem unterzogen sie diese Studien einer gründlichen Qualitätskontrolle im Hinblick auf Methodik und Stichprobengrösse. Schliesslich wählten sie 90 Studien aus, in denen insgesamt 356 Wechselwirkungen untersucht werden, und analysierten sie eingehend.
Das Team untersuchte dabei, ob das Zusammenspiel der Faktoren – sogenannte Stressoren – synergistisch war, das heisst, ob ihre kombinierte Wirkung stärker war als die Summe der Einzelwirkungen. Dies ist der Fall, wenn ein Stressor die Wirkung eines anderen verstärkt. Die Forscher richteten ihr Augenmerk aber auch auf die alternativen Szenarien: So kann die Kombination von Stressoren auch antagonistisch sein, wenn nämlich die Wirkung eines Stressors jene eines anderen abschwächt, oder additiv, wenn die kombinierte Wirkung der Stressoren der Summe ihrer Einzelwirkungen entspricht.
Das Resultat der Metaanalyse ist alarmierend: Das Bienensterben wird durch das synergistische Zusammenspiel zwischen mehreren Stressoren erhöht. Dieser verstärkte Gesamteffekt ist vornehmlich auf Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Agrochemikalien – etwa Azolfungizide und Pyrethroide – zurückzuführen. Andere Interaktionen zwischen Stressoren – wie zwischen Parasitenbefall und Ernährungsstress – wirkten dagegen zur Hauptsache lediglich additiv, selbst in Kombination mit Agrochemikalien.
Der Cocktail aus diversen Agrochemikalien entfaltet seine verheerende Wirkung besonders dann, wenn die in der landwirtschaftlichen Realität ausgebrachten Dosen berücksichtigt werden. Das Ergebnis der Metastudie bestätigt, dass der toxische Mix, auf den die Bienen in einer intensiv landwirtschaftlich genutzten Landschaft treffen, ein Risiko für Bienenpopulationen darstellen kann.
Die Forscher warnen, dass bei der Risikobewertung von Agrochemikalien derzeit häufig nur die additive Wirkung, also die Summe der Einzelwirkungen, berücksichtigt werde. Die verstärkte Wirkung, die sich aus dem synergistischen Effekt ergibt, bleibe dabei zu häufig ausser Acht. Dies führe dazu, dass interaktive Effekte der aus menschlicher Tätigkeit herrührenden Stressoren oft deutlich unterschätzt würden.
Die Studienautoren mahnen, es handle sich um ein ernstes Problem, das dringend angegangen werden müsse. Es sei zwar kaum möglich, die Kombinationen der zahlreichen Agrochemikalien allesamt zu prüfen, doch dies sollte zumindest bei Mischungen geschehen, die in grossen Mengen in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen.
Die Wissenschaftler räumen ein, dass bei der Interpretation der untersuchten Studien Vorsicht erforderlich sei, da es eine hohe Variabilität zwischen ihnen und den verwendeten Parametern gebe. Es seien daher weitere Analysen notwendig, besonders auch zur Frage, über welche Mechanismen die synergistischen Effekte von Agrochemikalien zustande kommen, die das Insektensterben verstärken. Sie weisen zudem darauf hin, dass es nicht nur um das Nutztier Honigbiene gehe, sondern auch um andere Bestäuber, die derzeit zu wenig im Fokus von Forschung und politischen Entscheidern ständen. (dhr)
Den Honigbienen geht es ziemlich stabil und die Zahl der Bienenstöcke erhöht sich kontinuierlich. Da werden Stimmen laut von wegen "halb so wild, wir haben ja genug Honig".
Aber da gäbe es eben auch noch die anderen Bestäuber, denen es hingegen ebenso kontinuierlich an den Kragen geht.
Die Artenvielfalt schwindet in manchen Gebieten bedenklich. Zum Glück fängt man an dem wenigstens etwas Gegensteuer zu bieten. Schon nur eine Ecke "Wildgarten" zeigt kleine Wunder auf.