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Zuletzt feierte Katar einen 4:0-Sieg. Gut, der Gegner am Dienstag gehörte nicht unbedingt zur Crème de la Crème. Die Malediven findet man in der FIFA-Weltrangliste erst auf dem 176. Platz.
Katar, die Nummer 92 der Welt, wurde seiner Favoritenrolle also gerecht. Es feierte im fünften Qualifikationsspiel den fünften Sieg. Der Gruppensieg ist dem WM-Gastgeber von 2022 kaum mehr zu nehmen und damit verbunden der Einzug in die entscheidende Qualifikationsphase. In zwei Sechsergruppen ermitteln die Asiaten dort ihre vier WM-Starter, jeweils die ersten beiden Teams schaffen es nach Russland.
Zählt Katar bereits zu den mächtigsten Teams des asiatischen Verbands, zu dem auch Australien gehört? Die «Socceroos» sind sicherlich stärker einzustufen als Katar, wie auch Japan, Südkorea, der Iran und Saudiarabien. Aber dann? Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, mit Nordkorea, Jordanien oder Thailand scheint Katar auf Augenhöhe zu sein. Die Katarer dürfen mit berechtigten Hoffnungen auf eine Sensation in die nächste Phase gehen. Chancenlos sind sie ganz sicher nicht.
Bloss: Ist wirklich auch Katar drin, wo Katar drauf steht? Die Erinnerungen an die Handball-WM im Emirat sind noch frisch. Anfangs Jahr gewann Katar die Silber-Medaille – mit einem Team vornehmlich aus eingebürgerten Spielern bestehend.
Im Fussball sieht es auf den ersten Blick gleich aus. Beim 4:0 gegen die Malediven spielten zwei gebürtige Franzosen, ein Ghanaer, ein Uruguayer und ein Algerier für Katar. Doch es standen eben auch viele Spieler auf dem Platz, die in Katar auf die Welt gekommen sind. Vielleicht geht die grosse Vision der Scheichs tatsächlich auf.
Der Plan sieht nämlich so aus: Man gründe eine Akademie. Man schicke Talentspäher in alle Welt, vornehmlich nach Afrika. Man hole die besten dieser Talente nach Katar und bilde sie aus. Schon mehr als 3,5 Millionen junge Fussballer wurden so laut der «New York Times» bereits unter die Lupe genommen.
Der Clou: Katar unternimmt den millionenschweren Aufwand nicht etwa deshalb, damit es junge Spieler in der beeindruckenden Aspire Academy ausbilden und später einbürgern kann. Sondern, so die offizielle Begründung, damit die jungen katarischen Fussballer im Soge der anderen Talente ebenfalls besser werden können.
Klingt gut. Vielleicht zu gut, um wahr zu sein. Andererseits passt es zu Katars eifrigen Bemühungen um ein besseres Image in der alten Welt:
Kinder aus armen Ländern «entführen», sie ausbilden, einbürgern und dann für Katar spielen lassen? 👎
Kindern aus der Armut helfen, sie ausbilden, sie fortgehen und für ihre Heimat spielen lassen? 👍
Von den rund zwei Millionen Einwohnern haben nur etwa 300'000 einen katarischen Pass. Der Talentpool ist also höchst bescheiden. Doch es gibt Beispiele dafür, dass mit kluger Arbeit sportlicher Erfolg möglich ist. Island mit seinen rund 330'000 Einwohnern hat sich gerade auf beeindruckende Art und Weise für die Fussball-EM 2016 qualifiziert.
Zum Masterplan gehört seit einigen Jahren auch ein kleiner Klub in Belgien. Die KAS Eupen im deutschsprachigen Osten des Landes ist eine Filiale der Aspire Academy, dort sollen junge Spieler den nächsten Schritt machen. Mittlerweile besteht die Mehrheit des Kaders aus afrikanischen Diamanten, die zuerst in Katar geschliffen wurden und nun in der zweithöchsten belgischen Liga spielen.
Dieses Engagement kann als Indiz dafür gewertet werden, dass es die Katarer wirklich ernst meinen mit ihrer Aussage, dass die Akademie nicht dazu dient, eigene Nationalspieler zu produzieren. Denn die FIFA lässt einen Nationenwechsel nur zu, wenn man fünf Jahre lang ununterbrochen in der neuen Heimat spielt. Wer also mit 15 Jahren nach Katar kommt und mit 19 nach Belgien weiterzieht, der kann nicht Katarer werden.
Im Kader von Eupen findet man aber nicht nur Afrikaner, sondern auch sechs Spieler mit einem katarischen Pass. Nicht bloss die Talente aus aller Welt sollen die Gelegenheit haben, sich in Europa weiter zu entwickeln, sondern natürlich auch die einheimischen. Die ersten Früchte der Bemühungen durfte Katar bereits ernten: Letztes Jahr wurde es U19-Asienmeister.
Vielleicht ist es blauäugig, wenn man den hehren Absichten der Katarer glaubt. Vielleicht ist es aber auch überheblich zu denken, dass man alles besser weiss. Gerade im Fussball ist es mitunter das Schönste, dass man etwas nicht weiss, nämlich wie es ausgeht.
Über die EM-Qualifikation von Island, Nordirland, Wales oder Albanien freuen wir uns. Freuen wir uns auch über den Erfolg von Katar, falls es das Land schon an die WM 2018 schafft?