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Die Grossen spielen Währungskrieg und für die Schweiz wird es jetzt ungemütlich

Die Aufgabe des Mindestkurses und die Folgen

Die Grossen spielen Währungskrieg und für die Schweiz wird es jetzt ungemütlich

Die SNB muss weiter auf den Devisenmärkten mit Milliarden intervenieren. Kapitalkontrollen sind keine Utopie mehr. Bei den Immobilien drängt sie sich jetzt schon ein solcher Schritt auf.
27.01.2015, 10:5727.01.2015, 11:24
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Obwohl sie einen 100-Milliarden-Franken-Abschreiber vollzogen hat, wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Fluch des Euro nicht los. Der Druck auf den Franken ist auch nach der Aufgabe des Mindestkurses noch so gross, dass Thomas Jordan & Co. weiter auf dem Devisenmarkt intervenieren müssen. Das schreibt die Crédit Suisse in einer Notiz. 

In der vergangenen Woche haben die Sichtguthaben um 26 Milliarden Franken auf 365 Milliarden zugenommen, ein Zeichen dafür, dass die SNB weiterhin stark im Devisenmarkt interveniert. Warum wird die SNB trotz Aufgabe des Mindestkurses zu solchen Interventionen gezwungen? 

Das QE wird zum Währungskrieg

Als die US-Notenbank ihr erstes QE-Programm bekannt gab mit der erklärten Absicht, den Dollar zu schwächen, jaulten die Schwellenländer auf. Der brasilianische Wirtschaftsminister Guido Mantega sprach gar von einem «Währungskrieg», weil kurz darauf der brasilianische Real einen Kurssprung machte.

Als Ben Bernanke, Ex-Präsident der US-Notenbank Jahre später erstmals laut über ein «Tapering», einem schrittweisen Ausstieg aus dem QE, nachdachte, schrieen die Schwellenländer erneut auf. Angesichts einer sich abzeichnenden Zinserhöhung in den USA floss das «heisse Spekulationsgeld» wieder aus den Schwellenländern ab und liess deren Währungen einbrechen. 

Der Mobimo-Tower in Zürich.
Der Mobimo-Tower in Zürich.Bild: KEYSTONE

Die Kritik des japanischen Starökonomen

In seinem Buch «Escape from Balance Sheet Recession und the QE Trap» befasst sich der japanische Starökonom Richard Koo im Detail mit den Auswirkungen dieser umstrittenen neuen Methode der Notenbanken. Dabei stellt er fest: «Wenn die entwickelten Länder das QE einsetzen, wird das globale Kapital dazu ermuntert, in die Schwellenländer mit ihren vergleichsweise hohen Zinsen zu fliessen. Dabei kommt es zu Blasen. Wenn sich die entwickelten Länder dazu entschliessen, das QE wieder herunter zu fahren, dann flüchtet das Kapital wieder und hinterlässt sich rasch abwertende Währungen und Inflationsgefahr.» 

Die Schweiz ist kein Schwellenland, aber sie ist ein kleines Land. Sie wird von den Geldstürmen, die durch die QE-Programme der Grossen, des US-Fed, der EZB, der Bank of Japan und der Bank of England ausgelöst worden sind, ebenfalls durchgeschüttelt. 

Allein im Januar hätten 100 Milliarden Franken investiert werden müssen

Die SNB hat dabei nur schlechte Optionen: Versucht sie den Franken an den Euro zu binden, dann muss sie ein bisher nicht vorstellbares Risiko eingehen. SNB-Direktionsmitglied Fritz Zurbrüggen sprach bekanntlich von 100 Milliarden Franken, die allein im Januar hätten investiert werden müssen, um den Mindestkurs zu verteidigen. Gibt die SNB den Mindestkurs auf, treibt sie wie die Schwellenländer hilflos auf den Geldfluten. 

«Es sind genau die Länder, welche die richtige Wirtschaftspolitik verfolgt und die richtigen Reformen durchgeführt haben, welche die grössten Kapitalströme anlocken.»
Richard Koo, Chefökonom der Nomurabank

Es hilft der Schweiz überhaupt nichts, dass sie kein Loch in der Staatskasse aufweist und über stabile politische Verhältnisse verfügt. Im Gegenteil: «Es sind genau die Länder, welche die richtige Wirtschaftspolitik verfolgt und die richtigen Reformen durchgeführt haben, welche die grössten Kapitalströme anlocken», stellt Koo fest. «Und sie erleiden die grösste Aufblähung der Vermögenswerte und haben danach die grössten Schwierigkeiten, eine vernünftige eigenständige Wirtschaftspolitik zu implementieren.» 

Die Schweiz hat alles richtig gemacht – und wird dafür bestraft

Genau in dieser misslichen Lage befindet sich derzeit die Schweiz. Sie wird dafür bestraft, alles richtig gemacht zu haben. Kann sie sich dagegen wehren? Ja, aber nur mit drastischen unpopulären Mitteln: Indem sie dem ausländischen Fluchtkapital verbietet, überhaupt ins Land zu kommen. 

Kapitalkontrolle ist ein hässlicher Begriff, besonders wenn man wie der Finanzplatz Schweiz auf freie Kapitalflüsse angewiesen ist. Eine umfassende Kapitalkontrolle ist daher noch keine Option. Doch angesichts der Tatsache, dass die Negativzinsen bisher kaum abschreckende Wirkung zeigen, müssen erste Teilschritte ins Auge gefasst werden, beispielsweise im Bereich der Immobilien. 

Der Ständerat pfeift Badran zurück

Bisher ist es ausländischen Kapitalgebern nach wie vor möglich, in der Schweiz Immobilieneigentum zu erwerben. Das war nicht immer so. Die Lex Koller, genannt nach dem ehemaligen Bundesrat aus Appenzell Innerrhoden, hatte dies untersagt, wenn die Immobilien nicht zu Eigennutz bestimmt sind. Dieses Verbot wurde jedoch später wieder aufgehoben. 

Als die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran im vergangenen Sommer eine Wiedereinführung dieses Verbots verlangte, wurde sie im letzten Moment vom Ständerat zurückgepfiffen. «Die Entwicklungen sind nicht derart schlimm, dass die ‹Lex Koller› verschärft werden muss», sagte etwa Georges Theiler (FDP/LU). 

Kämpft für eine Verschärfung der Lex Koller:  Jacqueline Badran.
Kämpft für eine Verschärfung der Lex Koller:  Jacqueline Badran.Bild: watson

Was Theiler hingegen nicht sagte ist die Tatsache, dass er nicht ganz uneigennützig zu diesem Urteil gekommen ist. Er ist Verwaltungsrat der Mobimo AG, einer führenden Immobilien-Investmentgesellschaft in der Schweiz. Und wer sich auf der Webseite von Mobimo bei der Entwicklung des Aktienkurses kundig macht, stellt Erstaunliches fest.

Der Kurs der Mobimo-Aktie taucht kurz – und steigt dann steil an

Kurz nachdem die SNB bekannt gab, den Mindestkurs aufzugeben, brach der Kurs kurz ein, um aber sofort abzuheben und neuen Höchstkursen entgegen zu eilen. Das bedeutet: Die ausländischen Investoren glauben fest daran, dass das QE von EZB-Präsident Mario Draghi in der Schweiz zu einer «Aufblähung von Vermögenwerten» führen wird, nämlich bei den Immobilien. 

Das wiederum dürfte dazu führen, dass die ohnehin schon sehr hohen Preise für Wohneigentum noch weiter steigen werden. Die SNB wird nicht so rasch Kapitalkontrollen einführen. Die Politik sollte jedoch rasch einen ersten Schritt in diese Richtung unternehmen – und im Interesse der eigenen Bevölkerung sofort die verschärfte Version der Lex Koller wieder in Kraft setzen. 

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6 Kommentare
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christian_meister
27.01.2015 11:36registriert Oktober 2014
@Philipp Löpfe Danke für diesen spannenden Bericht.
Ich bin zwar nicht aus dem gleichen politischen Lager wie Frau Badran stimme ihr aber voll und ganz zu. Herrr Koo führt es richtig aus. Neben dem "kurzfristigen" Problem, dem straken Franken, haben wir ein viel grösseres Problem, die Blasenbildung. Die Lex-Koller und andere Massnahmen müssen her um unsere Wirtschaft und uns zu schützen und um den Spekulanten das Wasser abzugraben. Das ist wohl effektiver als immer noch mehr Euros zu kaufen. In einem "Währungskrieg" muss die Politik, die Bevölkerung und dies SNB zusammenstehen.
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