Am Wochenende zeichnete sich keine klare Linie im Syrien-Kurs der Regierung von Donald Trump ab. US-Aussenminister Rex Tillerson erklärte in mehreren am Sonntag ausgestrahlten Fernsehinterviews, der Kampf gegen die Terrormiliz (IS) habe weiterhin Vorrang. Er bekräftigte zugleich, dass am Ende das syrische Volk über das Schicksal von Präsident Baschar al-Assad entscheiden werde.
Sobald die Bedrohung durch die IS-Miliz vermindert oder ausgeschaltet sei, könne sich Washington «direkt» der Aufgabe widmen, «die Lage in Syrien zu stabilisieren».
Die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, nannte indes die Entfernung des syrischen Präsidenten «eine» von mehreren Prioritäten. Die USA sähen keine politische Lösung für Syrien mit ihm.
In einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem US-Fernsehsender CNN sagte sie: «Wir denken, dass der Regierungswechsel kommen wird.» Für Haley ist angesichts von Assads Handlungen eine «stabile und friedliche Regierung» mit ihm kaum vorstellbar.
Die USA hatten den Stützpunkt Al-Schairat als Strafmassnahme für einen mutmasslichen Giftgaseinsatz Assads am 4. April angegriffen. Es war die erste direkte militärische Aktion der USA gegen die syrischen Streitkräfte.
Tillerson sagte dem Sender ABC, der Luftangriff bedeute aber keine Änderung der «militärischen Positur» der USA. Er habe sich ausschliesslich auf den Giftgasangriff bezogen.
Über das Ausmass der Schäden durch den US-Luftschlag gab es unterschiedliche Darstellungen. Nach Angaben von Beobachtern flogen syrische Kampfjets weniger als 24 Stunden nach dem Angriff des US-Militärs neue Luftangriffe von dort aus.
Aus syrischen Militärkreisen hiess es, zwölf Kampfjets und Helikopter, Treibstofflager sowie zwei Start- und Landebahnen seien getroffen worden. Nach Angaben aus dem Pentagon wurden 20 Maschinen zerstört.
US-Präsident Trump informierte den Kongress am Samstag offiziell über den Militärschlag. In einem Schreiben betonte er, Ziel sei es gewesen, die Fähigkeit des syrischen Militärs zu weiteren Chemiewaffenangriffen zu verringern und die syrische Führung davon abzuschrecken, ein weiteres Mal solche Waffen einzusetzen.
Er habe im «vitalen Interesse der nationalen Sicherheit und Aussenpolitik» der USA gehandelt, «entsprechend meiner verfassungsrechtlichen Befugnis ...», schrieb Trump. «Die USA werden zusätzliche Schritte ergreifen, so wie es nötig und angemessen ist, um ihren wichtigen nationalen Interessen zu dienen.»
Trump erntete in den USA überparteiliches Lob für den Luftangriff, aber es wurden auch Stimmen laut, die vor weiteren möglichen Aktionen ein Einschalten des Kongresses verlangten.
Neue Kritik kam aus Moskau, das im syrischen Bürgerkrieg ein enger Verbündeter Assads ist. Die Sprecherin des Aussenministeriums, Maria Sacharowa, sagte Interfax zufolge am Samstag im russischen Staatsfernsehen, es sei einer »der schwierigsten Momente der bilateralen Beziehung« zwischen den USA und Russland. Ähnlich äusserte sich der iranische Präsident und Alliierte von Damaskus, Hassan Ruhani.
Bereits zuvor hatte der russische Sicherheitsrat unter Vorsitz von Präsident Wladimir Putin den US-Schlag als aggressiven Akt und als Verstoss gegen das Völkerrecht gewertet. Assad selbst nannte den Einsatz «rücksichtslos und unverantwortlich». Das Verteidigungsministerium verlegte eine Fregatte in das Mittelmeer.
Tillerson wird – wie seit Tagen geplant – diese Woche nach Moskau reisen. Der britische Aussenminister Boris Johnson sagte dagegen wegen der jüngsten Entwicklungen in Syrien einen für Montag geplanten Besuch in der russischen Hauptstadt ab. In einer am Samstag verbreiteten Mitteilung kritisierte er zugleich die unveränderte Unterstützung Assads durch Russland. (viw/sda/dpa)