Das Video zeigt einen Mexikaner namens Luis Bracamontes. Er ist in Kalifornien wegen des Mordes an zwei Polizisten zum Tode verurteilt worden. Im Video prahlt er mit diesen Morden und kündigt an, er werde noch mehr Polizisten töten.
Trump hat dieses Video mit seinen 55 Millionen Twitter-Followern geteilt. Er behauptet dreist, die Demokraten hätten Bracamontes mehrmals in die USA einreisen lassen. Das ist eine Lüge. Es geschah während der Amtszeit von George W. Bush.
Das Video passt auch bestens zu einem offiziellen Wahlkampfvideo der Grand Old Party. Darin wird behauptet, bei einem Sieg der Demokraten würden die Grenzen geöffnet und die amerikanischen Städte von anarchistischen Banden überrannt.
All dies hätte Hitlers berüchtigter Propagandaminister Joseph Goebbels nicht besser hingekriegt. Passend auch, dass der Rassismus der Republikaner nicht nur auf Schwarze und Braune abzielt, sondern mittlerweile offen antisemitisch geworden ist. Trump und mehrere Republikaner unterstellen George Soros, er habe die Immigranten-Karawane aus Honduras finanziert. Der Milliardär Soros ist jüdisch und Hedge-Fund-Manager.
In amerikanischen Wahlkämpfen geht es seit jeher rau zu. Schon die beiden Gründerväter Thomas Jefferson und Alexander Hamilton bekämpften sich bis aufs Blut. Der ältere Bush, George H. W., gewann seinerzeit nur, weil er einen verurteilten schwarzen Mörder namens Willie Horton ins Zentrum seiner Kampagne stellte.
Doch Trump geht weiter, viel weiter: «Das ist ansteckend, das fährt in die Knochen», sagt die demokratische Strategin Donna Brazile. «Es ist wie Gift.»
Dabei hätte Trump sehr viele andere Trümpfe in der Hand: Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit befindet sich auf einem rekordtiefen Niveau und die Börsen scheinen ihren Schwächeanfall überwunden zu haben. Dem Präsidenten ist es gelungen, seine Steuerreform durch den Kongress zu peitschen, er hat zwei oberste Richter ernennen und mit Mexiko und Kanada neue Verträge aushandeln können.
Davon ist im Wahlkampf kaum die Rede. Trump hat es auch verpasst, nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh versöhnende Worte zu finden. Stattdessen ging er nahtlos in den Angriffsmodus über und zog an seinen Wahlkampfveranstaltungen über die Demokraten und die Medien her.
All dies hat die Stimmung im Lande geprägt. «Die beiden letzten Wochen haben Angst und Schrecken verbreitet», kommentiert die «New York Times». «Selbst diejenigen, die nicht direkt vom Horror betroffen sind, spüren, dass etwas schrecklich falsch gelaufen ist.»
Warum rastet Trump so aus, schlimmer noch als im Wahlkampf 2016? Warum setzt er nicht auf seine wirtschaftlichen Erfolge? Warum heizt er seine ohnehin schon erhitzten Fans bis zum Wahnsinn auf? Schlicht und ergreifend: Weil er panische Angst hat.
Trump weiss nur zu gut, was ein Erfolg der Demokraten – wobei schon der Gewinn einer Mehrheit im Abgeordnetenhaus ein solcher Erfolg wäre – für ihn bedeuten wird, nämlich dass die Demokraten anders als die Republikaner ihre Aufsichtspflicht auch wahrnehmen werden.
Das bedeutet konkret: Die Arbeit des Sonderermittlers Robert Mueller wird unantastbar. Es bedeutet aber auch, dass Untersuchungen gestartet werden, die Trumps Vermischung von privaten Geschäften mit seinem Amt unter die Lupe nehmen; und es bedeutet schliesslich, dass Trump endlich seine Steuerrechnungen offenlegen muss. All dies wird vor laufenden Kameras an öffentlichen Hearings passieren.
Wird Trump all dies mit seiner offen rassistischen Kampagne abwehren können? Wohl kaum. Die Demokraten haben gute Aussichten, die Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu erreichen. Auch die Chancen, dass sie mehrere Gouverneure stellen werden – selbst in roten Bundesstaaten –, sind intakt. Sollte die «blaue Welle» am kommenden Dienstag Tatsache werden, wird die amerikanische Politlandschaft umgepflügt.