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So wurden Gudenus und Strache in die Falle gelockt

Wie im Groschenroman: So wurden Gudenus und Strache in die Falle gelockt

22.05.2019, 14:5823.05.2019, 06:13
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bild: screenshot Youtube

Nach dem politischen Erdrutsch versucht Österreich, sich einen Überblick zu verschaffen, wie es zu diesem Schlamassel kommen konnte – und wie Spitzenpolitiker Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache derart naiv in die Falle tappten.

Auf seinem Blog «EU-Infothek», berichtet ein Bekannter von Gudenus, Gert Schmidt, unter Berufung auf eine «verlässliche Quelle» 🤔, wie sorgfältig das entscheidende Treffen auf Ibiza eingefädelt wurde.

Erster Kontakt durch eine Gudenus-Vertraute

Am Anfang stand eine Randbemerkung.

Eine mit Johann Gudenus befreundete Immobilienmaklerin erzählte einem angesehenen Wiener Anwalt (mit Kanzlei in der Innenstadt), sie führe Geschäftsbeziehungen mit dem vermögenden FPÖ-Mann.

Monate nach dieser Bemerkung meldete sich der besagte Anwalt bei der Immobilienmaklerin. Er habe Kontakt zu einer reichen Russin geknüpft, die in Österreich investieren wolle. Konkret ging es um ein Waldgrundstück im niederösterreichischen Krems-Tal, das sich in Gudenus' Besitz befindet.

☝️ Johann Gudenus ist der Sohn des Holocaustleugners John Gudenus, der wiederum aus einer Familie stammt, die 1907 von Kaiser Franz Joseph in den österreichischen Grafenstand erhoben wurde.

Das erste Treffen

Am 24. März 2017 kam es im Restaurant «Le Ciel» in Wien zu einem ersten Treffen der Lockvögel und Johann Gudenus. Zuvor hatte der Wiener Anwalt dem österreichischen Politiker eine Kopie lettischer Ausweispapiere vorgelegt – um ihn von der Echtheit der Identität der vermeintlichen Oligarchen-Nichte Alyona Makarow zu überzeugen.

Danach ging es ins «Le Ciel». Mit von der Partei waren:

  1. Ev. die Immobilienmaklerin (je nach Quelle war sie dabei oder auch nicht)
  2. Der Wiener Anwalt
  3. Alyona Makarow
  4. Ein «Kompagnon» der Nichte, der sich Julian Thaler nannte und angab, aus München zu stammen und schon lange mit dem Wiener Anwalt befreundet zu sein
  5. Johann Gudenus
  6. Gudenus' serbischstämmige Frau Tajana

Makarow sei begleitet von Bodyguards in einem Maybach mit Chauffeur vorgefahren – ein Fahrzeug der extremen Luxusklasse aus dem Hause Mercedes.

Makarow sei sehr gesprächig gewesen. Sie gab an, Streit mit ihrem Onkel zu haben. Gemeint ist vermutlich der russische Gas-Oligarch Igor Makarow. Sie wolle deshalb nach Österreich ziehen. Auch wegen der Kinder. Makarow gab an, sie sei bereit zu investieren und verfüge über ein Vermögen von 350 Millionen Euro.

«Beweise» und weitere Treffen

Weiteres Vertrauen soll Gudenus gewonnen haben, als der Wiener Anwalt später in seiner Kanzlei einen Bankauszug vorgeführt habe. Das Papier sei nur flüchtig gezeigt worden, der Anwalt habe aber kommentiert: «Die ersten grossen Summen sind schon auf meinem Konto».

Danach besichtigten der Anwalt und der Lockvogel das Waldgrundstück. Makarow sei dabei durch fachkundige Fragen aufgefallen. Ob Gudenus bei der Besichtigung zugegen war, wird nicht deutlich. Überliefert ist aber, dass er sich am 28. April mit dem Anwalt und Makarow im Restaurant «Gastwirt» getroffen hat.

Beim letzten Treffen mit Makarow schwärmte die Russin von Ibiza. Es ist hinlänglich bekannt, dass Johann Gudenus und auch Heinz-Christian Strache ein Faible für die spanische Party-Insel haben. Schnell einigte man sich auf ein Treffen. Die Falle war ausgelegt.

Epilog

Der bekannte Wiener Anwalt habe «nahöstliche Wurzeln», berichtet Publizist Gert Schmidt auf seinem Blog. Und er habe entweder im eigenen Interesse oder im Auftrag «seiner sehr bekannten Klienten bzw. Freunde, auch aus der High Society und den Wirtschaftsseiten» gehandelt.

Tatsächlich, das weiss nun der «Kurier» zu berichten, handle es sich beim Anwalt um keinen Unbekannten. Er habe bereits früher verschiedenen PR-Beratern belastendes Material über FPÖ-Spitzenleute angeboten. Dasselbe Blatt zitiert «Insider», welche von einer Spur berichten, die in das parteipolitische Umfeld von Gudenus & Co. führen soll.

Es bleibt weiter spannend.

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Beidlpracker und Co. – Schimpfwörter zu Österreichs Krise.
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quelle: epa/epa / christian bruna
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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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der nubische Prinz
22.05.2019 15:20registriert November 2015
Krass ist dass das Video erst nach zwei Jahren veröffentlicht wurde.
Da fragt man sich was Strache alles gemacht hat unter Druck der Erpresser. Hat er sich jetzt geweigert eine Forderung zu erfüllen und dann wurde das Video veröffentlicht.?
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Walter Sahli
22.05.2019 15:55registriert März 2014
Ganz schön aufwändig für eine Falle, von der man nicht weiss, ob sie überhaupt zuschnappt.
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SillySalmon
22.05.2019 15:55registriert Februar 2019
Filmreif!
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